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Rezension zu
Das Haus am Alsterufer

Das Haus am Alsterufer

Von: dorli aus Berlin
11.09.2014

Hamburg 1911. Das Familienleben des Reeders Victor Dornhain droht aus seinen geregelten Bahnen zu kippen. Nicht nur, dass seine illegitime Tochter Klara plötzlich vor seiner Tür steht, seine Tochter Lavinia möchte unbedingt den Architekten Konrad Michaelis heiraten. Victor stimmt diesem Wunsch letztendlich zu, da er hofft, dass der gewissenhafte, ehrgeizige junge Mann der verwöhnten Livinia zu einem bodenständigen Leben verhilft. Zu diesem Zeitpunkt ahnt Victor bereits, dass auch Lavinias in München studierende Schwester Nele Konrad liebt. Um die Familie vor einem Skandal zu schützen, macht er der mittlerweile schwer erkrankten Nele klar, dass sie auf Konrad zu verzichten hat. Dann bricht der Erste Weltkrieg aus und das gewohnte Leben der Dornhains wird auf den Kopf gestellt… In „Das Haus am Alsterufer“ nimmt Micaela Jary den Leser mit auf eine Zeitreise in das frühe 20. Jahrhundert. Die Autorin erzählt die Geschichte der Dornhains sehr umfassend und intensiv und vermittelt ganz ausgezeichnet, was den Menschen damals wichtig war und was sie bewegt hat. Es ist einfach klasse, wie es Micaela Jary gelingt, Ort und Zeit in Szene zu setzen. Durch die hervorragenden Beschreibungen bin ich von der ersten Seite an mitten im Geschehen, kann die herrschaftliche Atmosphäre am Alsterufer schnuppern und mir dabei sehr gut vorstellen, wie es so war im Hause Dornhain. Die Autorin präsentiert viele unterschiedliche Facetten des gutbürgerlichen Lebens der damaligen Zeit, indem sie die Dornhain-Töchter mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften und Vorlieben ausgestattet hat. Ellinor ist äußerst zuverlässig, sie sieht ihre Bestimmung in der Arbeit im väterlichen Kontor und engagiert sich für soziale Projekte. Helene/Nele ist sehr zielstrebig, sie studiert an der Kunstschule in München und möchte Grafikerin werden. Durch sie erhält man Einblick in die Kunstgeschichte, die Münchner Boheme und erfährt auch einiges über die Frauenbewegung. Lavinia ist eigensinnig und oberflächlich, sie lebt in den Tag hinein, will Spaß haben und interessiert sich hauptsächlich für die neueste Mode. Klara ist Victors uneheliche Tochter. Sie wird Hausmädchen bei den Dornhains. Durch Klara lernt man auch das Leben abseits der herrschaftlichen Räume kennen. Über alle wacht Großmutter Charlotte, die dafür verantwortlich ist, dass der Anstand gewahrt und gute Manieren eingehalten werden. Auch wenn die familiären Verwicklungen und Verstrickungen im Vordergrund stehen, spielt das Zeitgeschehen in diesem Roman eine große Rolle. Neben gesellschaftlichen Ereignissen wie dem Deutschen Derby oder der Eröffnung des Elbtunnels wird besonders die politische Entwicklung mit dem herannahenden 1. Weltkrieg hervorgehoben. Es hat mir sehr gut gefallen, wie Micaela Jary die Veränderungen im Leben der Familie Dornhain darstellt, als der Krieg ausbricht. Der gewohnte Alltag ändert sich mit zunehmender Intensität und das Schicksal aller schlägt ganz neue Richtungen ein. Es ist für mich immer wieder erschreckend zu lesen, dass es damals völlig normal und selbstverständlich war, dass das persönliche Glück weitaus weniger wichtig war, als das gesellschaftliche Ansehen. Obwohl Victor Dornhain selbst unter diesen Zwängen gelitten hat, behält er diese Einstellung bei und gibt sie auch an seine Töchter weiter – es zählt nur, was die Leute sagen. Aber so war sie wohl, die „gute, alte Zeit“. Micaela Jary hat mich mit „Das Haus am Alsterufer“ nicht nur bestens unterhalten, sondern mich auch lebensnah an einem Stückchen deutscher Geschichte teilhaben lassen.

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