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Rezension zu
Das Buch der Spiegel

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein grandios geschriebener Krimi

Von: Buntes Tintenfässchen
06.03.2017

Das Buch der Spiegel ist der erste Roman in englischer Sprache des rumänisch-stämmigen Autors E. O. Chirovici. Bei der Aufmachung hat der Verlag auf jeden Fall alle Register gezogen, denn ich konnte an diesem Cover und dem rätselhaften Klappentext einfach nicht vorbeigehen. Ob sich das gelohnt hat? Den Einstieg fand ich auf jeden Fall etwas holprig, denn man lernt den vermeintlichen Protagonisten Peter Katz zwar kurz kennen, nach wenigen Seiten liest man aber erstmal "gemeinsam mit ihm" das Manuskript von Richard Flynn und taucht in dessen Erinnerungen ein. Chirovici gelingt es hier ziemlich gut, einem fiktiven Autor eine Stimme, eine Geschichte und einen eigenen Schreibstil zu geben - ein Kniff, den nicht unbedingt jeder Schriftsteller beherrscht. Auch die Ausgangssituation ist spannend: Flynn nimmt in seinem angeblich autobiographischen Werk Bezug auf den Mord an dem Princeton-Professor Joseph Wieder Ende der 1980er Jahre und deckt gleichzeitig seine eigene Beziehung zu dem Mann auf. Die Krux dabei: Weder Katz noch der Leser selbst weiß, inwiefern Flynns Schilderungen der Realität entsprechen und an welcher Stelle er seine Fantasie spielen lässt. Es beginnt also eine spannende Spurensuche nach dem verschwundenen Rest des Manuskripts, nach den Personen, die damals von der Polizei verdächtigt wurden, und bald auch nach einem zweiten verschollenen Buch. Dem Buch, dessen Veröffentlichung Wieder vor seinem Tod plante, das danach aber nie erschien. Besonders spannend wird die Geschichte vor allem durch die Befragungen der verschiedenen Personen, die alle irgendwie zu lügen scheinen und teilweise feindselig auf Katz' Fragen reagieren. Der Roman ist aufgebaut wie ein klassischer Krimi, die Handlung eher gemächlich. In der Mitte war sie mir sogar einen Ticken zu gemächlich und langatmig, hier hätte ich mir noch mehr Geheimnisse und vielleicht ein bisschen mehr Action gewünscht. Ansonsten finde ich Chirovicis Stil aber einfach unglaublich gut und bemerkenswert. Der Kreis der Verdächtigen ist von Anfang an limitiert, doch immer wenn man denkt, Katz stünde kurz vor der Auflösung, wird alles wieder über den Haufen geworfen. Falsche Spuren verlaufen im Sand, neue Fährten tun sich auf - und das ist sehr spannend mitzuverfolgen. Der Fokus liegt durchgehend auf dem Mordfall, das Privatleben der Ermittler wird kaum thematisiert. Und damit wäre ich schon an dem Punkt, der Das Buch der Spiegel meiner Meinung nach so besonders macht. Denn Peter Katz ist nicht der einzige Ermittler. Der Literaturagent bittet den befreundeten Journalisten John Keller um Hilfe, aus dessen Sicht die Geschichte anschließend erzählt wird. Dieser wiederum wendet sich im Zuge seiner Recherchen an den pensionierten Polizisten Roy Freeman, der den Mord an Wieder damals untersuchte und immer noch daran zu knabbern hat, dass er den Fall nie aufklären konnte. Im letzten Drittel des Romans übernimmt er das Ruder. Ich finde dieses Konzept wahnsinnig faszinierend, denn jede der drei Personen bringt andere Ideen und Gedanken zu dem Fall mit und konzentriert sich auf Dinge, die sein Vorgänger völlig aus den Augen verloren hat. Ich muss allerdings sagen, dass mich des Rätsels Lösung am Ende nicht so umgehauen hat wie die mühsame Schnitzeljagd davor. Ich finde, bei dieser Geschichte ist im wahrsten Sinne des Wortes eher der Weg das Ziel. Die Methoden der unterschiedlichen Ermittler und die Vergangenheit der Verdächtigen hat mich mehr mitgerissen als am Ende die Aufklärung des Mordfalls. Was ich wiederum grandios finde: Nicht auf alle Fragen findet Freeman am Ende auch eine Antwort. Einige Widersprüche bleiben und so ist es am Leser, die Geschichte weiterzuspinnen. Auf jeden Fall ein raffinierter Zug des Autors! Mein Fazit: Ich verneige mich vor Chirovicis Fähigkeiten als Autor, denn stilistisch gesehen ist sein Roman Das Buch der Spiegel ein schlichtweg genialer Krimi - so raffiniert erzählt, dass ich trotz der im Mittelteil etwas zähen Handlung nicht aufhören konnte zu lesen. Der Fall selbst hätte für meine Begriffe packender und mysteriöser sein können, insgesamt aber hat mich dieses Buch wirklich überzeugt und ich bin sehr gespannt auf weitere Werke aus Chirovicis Feder.

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