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Rezension zu
Die störrische Braut

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Küss mich, Katja

Von: klappentextmag
28.02.2017

Als Teenager war ich großer Fan von High School-Filmen. Ich behaupte, ich habe (fast) jeden dieser seichten, aber doch so schönen Schinken im Kino gesehen. American Pie, Eine wie keine, Clueless, Ungeküsst: ich könnte ewig so weitermachen. Bis heute gehören sie zu meinen „guilty pleasures“. Wenn ich krank auf dem Sofa liege, gibt’s nichts Schöneres! Mein allerliebster dieser Chick Flicks war immer 10 Dinge, die ich an dir hasse. Ganz ehrlich: Wer hat sich beim Gucken nicht Hals über Kopf in den wunderbaren Heath Ledger verliebt? Auch wenn Heath Ledger das Niveau des Films deutlich hob, selbst ohne ihn wäre die Geschichte immer noch gut gewesen. Kein Wunder: Shakespeare himself hat sie sich ausgedacht. Die High School-Komödie war nämlich nichts anderes als eine moderne Version von Der Widerspenstigen Zähmung: Die Wandlung der störrischen Katherine von einer eigenständigen, selbstbestimmten Frau zur handzahmen Ehefrau. Shakespeare Reloaded Zu Shakespeares 400. Todestag bat die von Virginia und Leonard Woolf gegründete Hogarth Press mehrere zeitgenössische Autoren ihre ganz persönliche Version eines seiner Stücke zu schreiben. Margaret Atwood nahm sich Der Sturm vor, Tracy Chevalier Othello und Anne Tyler Der Widerspenstigen Zähmung. Und nun ratet mal, welches ich unbedingt lesen wollte? Unter dem Titel Die störrische Braut – der im Englischen, mal wieder etwas hübscher, Vinegar Girl lautet – schreibt die preisgekrönte Amerikanerin Anne Tyler ihre Nacherzählung der Shakespeare-Komödie. Was soll ich sagen? Schon sehr, sehr lange hat mich kein Buch mehr so fröhlich gemacht. Schnelles Glück Ich nahm das Buch abends auf dem Sofa in die Hand, konnte es nicht weglegen, nahm es mit ins Bett und klappte es erst zu, als ich damit fertig war. Danach war ich müde, aber glücklich. Die störrische Katherine heißt hier Kate Battista. Ihr Botanik-Studium hat sie geschmissen, weil sie mit ihrem Professor niemals einer Meinung war. Stattdessen arbeitet sie im amerikanischen Baltimore als Betreuerin in einer Kita, ansonsten schmeißt sie für ihren Vater, der als Professor zu Autoimmunerkrankungen forscht, und ihre 15-jährige Schwester Bunny den Haushalt. Sie kocht, sie macht die Steuererklärung und achtet darauf, dass ihre Schwester keine Jungsbesuche bekommt. Die Mutter starb kurz nach Bunnys Geburt an einem Herzfehler. Und dann bekommt Vater Battista plötzlich ein Problem: Das Visum seines Forschungsassistenten Pjotr läuft aus. Er ist verzweifelt. Kurz vor dem Durchbruch seiner jahrzehntelangen Forschungen droht er seine geniale Hilfskraft zu verlieren. Das darf nicht sein. Was hat die Logik-Maschine von Vater da für eine Idee? Na klar, ist doch logisch: Pjotr muss heiraten, um einen amerikanischen Pass zu bekommen. Und warum nicht gleich Kate? Die kriegt mit ihrer bockigen Art sowieso keinen Mann, Pjotr könnte bei ihnen einziehen, er hätte seinen Assistenten stets in der Nähe und die Tochter könnte weiterhin den Haushalt schmeißen. Frau Tyler macht ernst Kate – tief verletzt – schreit Nein. Zuerst einmal. Wie die Geschichte weiter geht, weiß wohl so ziemlich jeder. Aber das Wissen um das Ende spielt gar keine Rolle, weil der Weg dorthin so gut ist. Anne Tyler erzählt so frisch und beschwingt, so leicht und witzig, dass man einfach weiter und weiter lesen muss. Sie mag alle ihrer Figuren, das spürt man in jedem Satz und sie scheint unbändigen Spaß beim Schreiben gehabt zu haben. Trotzdem nimmt sie ihre Charaktere immer ernst. Darum funktioniert der spritzige Humor des Romans auch so gut: Weil er echt ist, weil es echt genau so laufen könnte: Die sprachlichen Verwicklungen durch Pjotrs osteuropäischen Akzent und die Unfähigkeit der Amerikaner, seinen Namen richtig auszusprechen. Oder die Helikopter-Eltern und das muntere Geplapper der Kinder in Kates Kita. „Das ist voll ungerecht! Emma W. hat die ganzen Babypuppen für sich! Die hat Piccolina Magic Eyes und Baby Born Ethnisch und Baby Born Lustige Toilette, und ich hab nur den dummen alten Holz-Pinocchio!“ Besonders schön und ebenso echt sind die Szenen, in denen sich Kate und Pjotr langsam annähern. Peinliches Schweigen, Missverständnisse und trotzdem ein gegenseitiges Verstehen. „Vielleicht willst du manchmal mit mir hier in Wohnzimmer sitzen? Du sagst: „Murmel?“, und ich sage: „Murmel, murmel.“ „Oder du sagst „Murmel?“, und ich sage „Murmel, murmel“, schlug Kate vor. Womit sie ausdrücken wollte, dass in ihren Augen nichts dagegensprach, dass er der Zögerliche und sie die Entschiedenere wäre. Aber sie merkte, dass Pjotr es nicht verstand. Mit gerunzelter Stirn sah er sie an. „Klar“, sagte sie schließlich. „Das können wir hin und wieder tun.“ All’s well that ends well. Natürlich gilt das auch für die zeitgenössische Form des Shakespeare-Dramas. Und das ist gut so. Anne Tylers Die störrische Braut ist Fast Food und Superfood in einem! Es schmeckt nach süssester Sünde, hinterlässt aber kein schlechtes Gewissen und macht angenehm satt und zufrieden. I’m lovin’ it! Ich liebe es!

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