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Rezension zu
Ich fühle was, was du nicht fühlst

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Einfühlsame Familiengeschichte

Von: eulenmatz liest
25.01.2017

MEINUNG: Ich habe bisher noch nie einen Roman von Amelie Fried gelesen, auch mir ihr Name schon lange geläufig ist. Die von Amelies Fried bisher geschriebenen Romane werden ja eher dem Bereich der Frauenliteratur (auch wenn ich den Begriff überhaupt nicht mag) zugeordnet und das ist nicht so mein Genre. Umso mehr wurde ich auf dieses Buch aufmerksam, welches ich als Coming-of-Age-Roman bezeichnen und auf Grund des Alters der Protagonistin auch als Jugendbuch einordnen würde. Weil es aus dem Klappentest nicht hervor geht, war ich überrascht, dass es in den 1970er Jahren spielt. Damit ist es nicht ein Jugendbuch, sondern auch ein gesellschaftlicher Roman, denn er gibt Einblick in die Generation der 68er, zu denen Indias und Ches Eltern zweifelllos gehören. Sie sind eine Nachkriegsgeneration, die auf der einen Seite immer noch mit nationalsozialistischen Vergangenheit ihrer Eltern zu kämpfen haben und die auf der anderen Seite bei ihren eigenen Kindern völlig mit dem damaligen Erziehungsstil brechen und diese völlig anti-autoritär erziehen. Was für viele Jugendliche der heutigen Generation ein erstrebenswertes Ziel wäre, ist etwas, woran Che und India sehr zu leiden haben. Bei beiden ist sehr deutlich spürbar, dass sie unter dem Anders sein ihrer Eltern, aber auch mit deren Vernachlässigung, jeder auf seine Art zu kämpfen habe. Beide wünschen sich feste Regeln oder auch mal Bestraffungen für ihr Handeln. Ches und India Eltern ecken auch häufig mit ihrer Lebensweise in der klein-bürgerlichen, christlich geprägten, schwäbischen Kleinstadt an und sorgen damit auch nicht selten bei den beiden für peinliche und unangenehme Momente (India) und Ausrastern (Che). Dennoch gehen beide ganz unterschiedlich mit der familiären Situation um. Es ist deutlich spürbar, dass bei Che der Leidendruck sehr groß ist und er flüchtet sich während des Verlaufs in zwei völlig konträre Richtungen mit dem deutlich Wunsch irgendwo dazu zu gehören und auch endlich die gewünschten Regeln zu haben, die er bei seinen Eltern so schmerzlich vermisst. Beiden gemeinsam ist, dass nirgendwo wirklich dazu gehören. India ist weitaus klüger und intelligenter als es für ihr Alter üblich ist und wird von ihren Mitschülern nur als Streberin betrachtet. Ich mochte an ihr, dass sie bereits ihr eigenes Verhalten und das der Erwachsenen sehr klug reflektiert. Auch wenn sie lieber normal und durchschnittlich sein würde, hat die Erziehung ihrer Eltern bzw. eher das Fehler auch einen positiven Einfluss auf sie. In meinen Augen ist sie deutlich offener für alternative Lebensweisen. Selbst als die Ehe der Eltern anfängt zu zerbrechen, geht sie damit bewundernswert um. Obwohl ihre Eltern sich eigentlich nur um sich selbst kümmern und nicht mal für das Essen sorgen, spürt man bei India keine Verbitterung gegenüber ihnen (auch wenn ich das gut verstanden hätte). Der Roman zeigt auch auf, wie Vorwürfe gegenüber einer Person, die einen guten Ruf hat, in einer Kleinstadt gehandhabt werden. Man glaube der anschuldigenden Person einfach nicht und da unterscheiden sich auch Hippies von Nicht-Hippies nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass das in einigen ländlichen Regionen auch noch immer so ist. Es wurde aufgezeigt, dass es dann besser ist zu schweigen bevor sich die Anschuldigungen noch gegen einen richten könnten. Das hat mich wirklich wütend gemacht. FAZIT: Mir hat es manchmal etwas an Spannung gefehlt, aber es ist in diesem Genre einer der besten Romane, die ich je gelesen habe. Trotz vieler schwieriger Themen, die Amelie Fried sehr einfühlsam aufgegriffen hat, verliert der Roman niemals an Leichtigkeit und Humor, was vor allem an Ich-Erzählerin India liegt, die ich sehr ins Herz geschlossen habe. Sie trägt diesen Roman als Schlüsselfigur. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

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