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Rezension zu
Machandel

Regina Scheer: "Machandel"

Von: Fräulein Julia
11.01.2017

Machandel: So heißt das kleine Dorf in der Uckermark mit dem die Geschichte von Clara und ihrer Familie untrennbar verbunden ist. Regina Scheer entfaltet in „Machandel“ ein halbes Jahrhundert deutscher Geschichte zu einem schillernden Kaleidoskop aus Erinnerungen, Verletzungen, Hoffnungen und Enttäuschungen. Das ist ziemlich großartig! Enthält ein Roman auf der letzten Seite ein Personenregister, so heißt das oft: Hier gibt es zahlreiche Erzählstränge, unzählige Charaktere, Geschichten und Erinnerungen, die man als Leser mit aller Aufmerksamkeit zu einem Strang zusammenhalten muss – und das ist nicht immer leicht. Nicht so bei Regina Scheer. Ihr ebenso fulminanter wie leiser Familienepos macht das Auseinanderhalten der Personen zu einem Leichten – so gekonnt sind die Schicksale ineinander verwoben. Um mehr als fünf Jahrzehnte Geschichte unter einen Hut zu bringen, bedient sich die Erzählerin – sie heißt Clara Langner – dreier Zeitebenen: Wir befinden uns irgendwo in der Gegenwart, vielleicht sind es die frühen 2000er, vielleicht etwas später. Rückblicke bringen uns in die mittleren und späten 1980er Jahre, in denen die DDR ebenso wie ihre Hausfassaden unübersehbar vor sich hin bröckelte. Eine dritte Erzählebene geht weit zurück in die Zeit des zweite Weltkrieges, der auch vor dem beschaulichen Machandel keinen Halt machte. Wir erfahren die Geschehnisse durch Clara, ihren Vater Hans Langner, die ehemalige „Ostarbeiterin“ Natalja und einen Freund Claras namens Herbert – zwei Generationen, deren jüngere etliche Fragen an die ältere hat, diese aber nicht immer oder nur unbefriedigend beantwortet bekommt. „Das ist alles schon so lange her!“ Über das, was damals im Krieg geschah, wird geschwiegen, alte Wunden aufreißen – was bringt das schon? „Ham wer immer esu jemaat“, sagt man dazu in Köln und auch in der Uckermark hält man an der Tradition des „Das ist alles schon so lange her!“ fest. Augen zu und durch, was gestern war, ist vorbei. Eine Tatsache, die vor allem von Clara nur schwer akzeptiert wird, als sie in Machandel – hier war ihre Mutter als Flüchtlingskind gelandet und hatte ihren Vater, einen ehemaligen KZ-Insassen kennengelernt – einen alten Katen kauft und damit unweigerlich in der Geschichte zu stochern beginnt. Dabei ist sind die Jahre 1985-89 durchaus Jahre, in denen man die Geschichte mit beiden Händen im Begriff ihres Entstehens greifen kann: Clara und ihr Mann Michael engagieren sich in Berlin in den von den Kirchen organisierten Friedenskreisen, sie tragen die „Schwerter zu Pflugscharen“-Aufnäher, verbringen ihre Abende bei Mahnwachen und die Nächte mit Wein und Diskussionen in den kühlen Altbauküchen von Freunden. Diskutieren, immer wieder diskutieren, man muss doch etwas ändern können an diesem System, kann es nicht eine reformierte DDR geben? Doch die Träume eines freundlichen Sozialismus‘ zerplatzten, das steht in jedem Geschichtsbuch. Wer auf trockene Beschreibungen der Kriegs- und Nachkriegszeit und der „Wende“ keine Lust hat, der lese Machandel!

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