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Rezension zu
Die Spiegelstadt

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Justin Cronin – „Die Spiegelstadt“ (Goldmann)

Von: Christian Funke
08.11.2016

Meinung zur Veröffentlichung: Was fang ich an, wenn Gott und Menschenkind Doch immerzu verteufelt ratlos sind, Ich, ein fremder und kein Held, In nicht von mir geschaff'ner Welt? A.E. Housman, Last Poems Im Jahr 2010 trat der in Neuengland geborene Autor und Hochschullehrer Justin Cronin mit seinem Roman Der Übergang als ersten Teil seiner im großen Stil angelegten Passage-Trilogie an die Öffentlichkeit. Schon hier wurde deutlich, dass man diesen Roman nicht mit normalen Maßstäben messen konnte, handelte es sich doch um ein über tausend Seiten starkes dystopisches Werk, welches den Rahmen des gängigen Horrorromans mit Bravour sprengte. Literarisch auf einem hohen Niveau, gelang es ihm gleichzeitig, gut und spannend zu unterhalten und trotzdem eine generationsübergreifende Handlung zu kreieren, die inhaltlich komplex und auf mehreren Zeitebenen spielend, zahllose lebendig geschilderte Charaktere aufbaute. Zwei Jahre später folgte mit dem Roman Die Zwölf der Trilogie-Mittelteil, der dem Vorgänger in nichts nachstand, den epochalen Rahmen jedoch nochmals erweiterte. Mit Spannung erwartete ich nun das große Finale, welches jetzt unter dem Titel Die Spiegelstadt veröffentlicht wurde. Justin Cronin gelingt es, seinen faszinierenden, sehr ausschweifenden Trip in eine brutale und unwirtliche Welt, die zu Recht, man hat diesen Vergleich auch an anderen Stellen (passenderweise) bemüht, an Stephen Kings „Das letzte Gefecht“ erinnert, dabei aber die spezielle, auf gesellschaftliche Normen ausgerichtete Blickweise und die teils drastische und sehr bildhafte Sprache von Cormac McCarthys „The Road“ verbindet, zu einem epischen, allumfassenden und sehr emotionalen Ende zu bringen. Die Form der zeitlichen Sprünge, der teils abrupten Orts- und Szenenwechsel sind nach wie vor zu Beginn etwas verwirrend, erschaffen aber langfristig einen in sich stimmigen und logischen Spannungsbogen, dem man sich sehr schwer entziehen kann. Denn eines wird hier deutlich, Cronin hat seit der ersten Seite die volle Kontrolle über seine Figuren und deren Handlungen. Alles verfolgt einen festen, übergeordneten Plan, der zeigt, dass der Autor ein eindeutiges, generationenübergreifendes Konzept vor Augen hatte, welches hier nun zu einem fulminanten Ende gebracht wird. Es wird deutlich, dass wir es hier mit einem als Horrorroman getarnten Familienepos zu tun haben, welches sich thematisch der Kindheit, den mittleren Jahren und dem Alter widmet und eine fiktionale Generationschronik darstellt, der man nur folgen kann, wenn man sich in chronologischer Reihenfolge durch die sehr komplexe, atmosphärische Geschichte liest. Ich hatte das Glück, an der gestrigen Lesung teilnehmen zu können und einen aufgrund der langen Reise übermüdeten, aber sehr charmanten Autoren kennenlernen zu dürfen. Unterstützt wurde er von der Autorin und Moderatorin Margarete von Schwarzkopf und dem Schauspieler Heio von Stetten, der den deutschen Lesepart übernahm. Dies war der Start einer mehrtägigen Lesereise, deren genaue Termine man auf der Verlagshomepage erfahren kann. Hier berichtete der Autor ausführlich von dem Prozess des Schreibens und wie der Wunsch seiner damals achtjährigen Tochter, eine Geschichte über ein Mädchen aus dem Nirgendwo zu verfassen, eine zwölf Jahre andauernde Reise in die Welt der Amy geworden ist. Wie er gestand, bereiten ihm nun der Abschluss der Trilogie und das Loslassen von seinen Figuren Schwierigkeiten, waren sie doch über diesen langen Zeitraum enge, immer präsente Begleiter. Es war ein interessanter und angenehm entspannter Abend, der einem die eh schon ans Herz gewachsene Roman-Trilogie noch eine spur greifbarer und sympathischer machte. Die Spiegelstadt (Originaltitel: The City of Mirrors, 2016), Teil drei der Passage-Trilogie, erscheint als schön gestaltete gebundene Ausgabe mit Leseband in einer Übersetzung von Rainer Schmidt bei Goldmann (992 Seiten, €24,99). Ich kann jedem Genrefreund empfehlen, die unglaublich detaillierte, epochale Geschichte um Amy, die Viralen und die Schar der Überlebenden zu lesen, denn etwas Intensiveres und emotional Fesselnderes kann man aktuell kaum finden. Wenn man sich erst mal in die fantastische, teils erschreckend realistisch beschriebene Welt begeben hat, ist man gefangen und kann ihr erst entkommen, wenn man die letzte Seite gelesen hat. Der würdevolle Abschluss einer beeindruckenden und unvergleichlichen Trilogie! Christian Funke

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