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Rezension zu
Eine letzte Liebschaft

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Die besten Short Stories, die ich seit Langem gelesen habe.

Von: Mareike von Herzpotenzial
29.10.2016

Die Romane von Richard Yates habe ich euch bereits teilweise vorgestellt. So zählt „Zeiten des Aufruhrs“ nicht erst seit der Verfilmung mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet zu meinen Lieblingsbüchern und „Cold Spring Harbour“ habe ich erst Anfang des Jahres gelesen und besprochen. Nach diesem eher nüchternen Leseerlebnis war ich nun sehr gespannt auf die Kurzgeschichten von Richard Yates. Ich hatte große Hoffnungen auf die sieben Short Stories, denn Yates‘ große Stärke ist seine Prägnanz, gute Beobachtungsgabe und sprachliche Präzision. Alles wichtige Fähigkeiten, wenn man gute Kurzgeschichten verfassen will. Nicht jeder Romanautor sollte auch Kurzgeschichten schreiben und umgekehrt genauso: Nicht jeder, der in Kurzgeschichten und Erzählungen brilliert, sollte sich an ganzen Romanen versuchen. Diese Short Stories sind erst in Yates‘ Nachlass gefunden worden, er selbst hat sie also nie zur Veröffentlichung gebracht. An sich ein Indiz dafür, dass er sie als noch nicht fertig oder weniger gut als seine anderen Werke empfand. Bei sowas werde ich natürlich vorsichtig. Doch gibt es genug Fälle von Kafka bis Capote, in denen sich die Fundstücke im Nachlass als absolute Schätze herausstellten. Dies trifft auch zweifellos auf die sieben Geschichten in „Eine letzte Liebschaft“ zu. Jede für sich ist ein kleines Meisterwerk der feinen Beobachtungsgabe und Präzision. Ich bin immer noch zutiefst davon beeindruckt. Nachdem mich „Cold Spring Harbour“ aufgrund seines belanglosen Plaudertons und der etwas faden Charaktere nicht packen konnte, war ich hier bereits nach den ersten Sätzen gefesselt und nach der ersten Short Story völlig gefesselt. Bis spät in die Nacht habe ich eine nach der anderen der sieben sehr unterschiedlichen Geschichten verschlungen. Als thematisches Bindeglied steht wohl der Zweite Weltkrieg und was er für (körperliche) Auswirkungen hatte. So ist in fast jede seiner Geschichten eine Invalidenstation, Veteranen und Kriegserinnerungen eingeflochten. Kernige, raue Männer, deren joviale Art nur eine dünne Tünche über all die tiefen Wunden und Traumata ist. Der Wunsch nach Stärke und Selbstsicherheit erscheint wie eine endlose, ja fast unerfüllbare Suche. Doch zentral in allen Geschichten ist das menschliche Miteinander und das Verlassenwerden. Eine zarte, bisweilen doch kaum erträgliche Melancholie, die plötzlich in süffisante Leichtigkeit umschwenkt, ist sicherlich ein Drahtseilakt für jeden Schriftsteller. Nicht zuletzt in komprimierter Form von Short Stories, die manchmal nur 12-14 Seiten umfassen. Der verlassene Ehemann, der sich Mut antrinkt, um die hübsche Kellnern anzusprechen, der eifersüchtige Dauerpatient, der nur kurz eine Liebschaft zur Stationsschwester hat, oder der Langzeitkranke, der in völliger Panik versucht, ein Missgeschick vor seiner Frau zu vertuschen: Jede der Figuren ist mit wenigen Worten so klar umschrieben, dass sie einem dauerhaft im Gedächtnis bleibt. Fazit Ganz short: Ich liebe sie! Diese Kurzgeschichten sind mit Abstand die besten, die ich seit Jahren gelesen habe.

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