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Rezension zu
Machandel

gut komponierte Zeitreise

Von: Lesetante
11.01.2016

Lange habe ich an diesem Buch gelesen, weil es eher wie ein Sachbuch als ein Roman daher kommt. Die Autorin sagt selbst: “Alles ist wahr, aber so war es nicht.” Machandel (Wacholderbeerbaum) ist ein kleines Dorf in Mecklenburg-Vorpommern, das seit Beginn der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts bis in die Gegenwart hinein im Fokus des Romans steht. Die Autorin präsentiert die Geschichte, die sich dort ereignete, aus der Perspektive verschiedener Zeitzeugen und einer Protagonistin, die der Generation danach zuzuordnen ist. Clara, deren Eltern sich in Machandel kennen lernten, kehrt zu DDR-Zeiten mit ihrem Mann dorthin zurück und sie kaufen einen kleinen Katen, der eine enorme persönliche Geschichte zu erzählen hat. Die junge Mutter ist fasziniert von der Geschichte, die sich in dem kleinen Dorf ereignete, sie fragt nach und erhält immer neue Informationen, die sie eng an Machandel binden. Dabei lernt sie Emma kennen, die – gebürtig als Witwe aus Hamburg kommend – vor ihr in ihrem Katen wohnte und eine ganze Kinderschar annahm, weil diese keine Mutter mehr hatten. Das älteste Geschwisterkind – Marlene – wurde von einem Nazi-Günstling erst widerwärtig missbraucht und dann entsorgt. Ebenfalls lernt sie Natalja kennen, eine ehemalige Ostarbeiterin, die im Gutshaus der Baronin arbeitete, dort ihr Leben lang blieb und ihre Tochter allein aufzog. Claras Bruder Jan wuchs die ersten 7 Jahre seines Lebens in Machandel bei den Großeltern auf, bevor er vom Vater, der – ehemaliger kommunistischer Sachsenhausen-Häftling – als Vertreter des sozialistischen Systems steht, in eine NVA-Kadettenschule geschickt wird. Jan verschwindet, weil er mit dem aufgezwungenen Regime nicht zurecht kommt und hinterlässt Freunde und Familienmitglieder, denen sein Abgang wie ein Erwachen vorkommt. Regina Scheer hat eine wunderbare Abhandlung geschrieben, die nicht immer leicht verdaulich ist. Dadurch, dass sie die Geschichte von verschiedenen Handlungsträgern erzählen lässt, gewinnt das Buch an Intensität und Tiefgang. Die Frauenfiguren haben mich sehr gefesselt, vor allem Natalja und Emma, die gegen jede Widerstände immer getan haben, was sie für richtig hielten. Die Autorin präsentiert ein Dorf mit Geschichte, das sich weiter entwickelt, die Zeitzeugen verliert und an Bedeutung verliert. Es ist eine Hommage an die Traditionen, an das Nicht- Vergessen, an die Historie. Mir hat dieses Buch ausgesprochen gut gefallen, denn aus all den verschiedenen Sichtweisen setzt sich ein Bild zusammen, das authentisch ist. Es findet keine Glorifizierung der DDR statt, ebenfalls rechnet Regina Scheer nicht ab, sie lässt einfach einen Unrechtsstaat aus einem anderen entstehen, wie es historisch belegbar ist und versieht diese Regime mit authentischem Personal. Dieses ist individuell traumatisiert, engagiert, problembehaftet, engagiert, oppositionell und abgeklärt. Die Sprache ist sachlich, nüchtern, es finden sich keine klischeehaften Metaphern, im Fokus steht wirklich die Geschichte für sich. Vielen Dank dem Random House Verlag, der mir dieses Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte.

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