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Rezension zu
Old School

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

John Niven – Old School (Heyne Hardcore)

Von: Christian Funke
29.12.2015

Die Alten schlagen zurück Susan und Julie sind gerade 60 Jahre alt geworden. Sie leben in einem kleinen Dorf in Südengland und sind seit der Schulzeit miteinander befreundet. Susan führt ein bürgerliches Hausfrauendasein, Julie lebt in einer Sozialwohnung und arbeitet als Aushilfe in einem Pflegeheim. Als Susans Ehemann Barry tot aufgefunden wird, offenbart sich, dass er ein surreales Doppelleben führte und Susan einen finanziellen Scherbenhaufen hinterlassen hat. Um nicht in die Altersarmut abzurutschen, greifen sie zu einer radikalen Lösung. John Niven, geboren in Ayrshire im Südwesten Schottlands, spielte in den Achtzigern Gitarre bei der Indieband The Wishing Stones, studierte dann Englische Literatur in Glasgow und arbeitete schließlich in den Neunzigern als A&R-Manager einer Plattenfirma, bevor er sich 2002 dem Schreiben zuwandte. 2006 erschien sein erstes Buch, die halbfiktionale Novelle Music from Big Pink über Bob Dylan und The Band in Woodstock; 2008 landete er mit dem Roman Kill Your Friends – einer rabenschwarzen Satire auf die Musikindustrie – einen internationalen Bestseller. Es folgten die Romane Coma, Gott bewahre und Das Gebot der Rache. John Niven schreibt außerdem Drehbücher. Er lebt derzeit in Buckinghamshire, England. © Randomhouse, Kaya Smolka & Christian Funke Meinung zur Veröffentlichung: Die 60jährige Susan Frobisher lebt mit ihrem Mann Barry ein sorgenfreies, wohlhabendes Leben. Als dieser plötzlich stirbt, zeigt sich jedoch, dass Barry ein kostspieliges Doppelleben führte und sein biederer Lebensstil lediglich Fassade war. Susan steht vor den Trümmern ihres bisherigen Lebens und beschließt, als die Bank ihr offenbart, dass man auch ihr Haus pfänden müsse, mit ihrer Freundin Julie und einer kleinen Gruppe eher ungewöhnlicher Herrschaften, eine Bank zu überfallen. Dies ändert ihr Leben grundlegend, denn nun befinden sich die plötzlich zu Reichtum gekommen Damen auf einem Trip durch Europa, immer auf der Flucht vor einem verbissen ermittelnden britischen Polizisten und der russischen Mafia. Am Freitag, den 20. November 2015 hatten wir die Gelegenheit, John Niven bei seiner LesDSC00361ung in der Mayerschen Buchhandlung in Köln zu einem Kurzinterview treffen zu können. Ein sehr höflicher und zuvorkommender Niven erwies sich trotz der Kürze der Zeit und des eher überfallartigen Interviews als sehr offen und gesprächsbereit. Im Gespräch stellte er sein neues Buch Old School vor, welches sich, auch wegen seines wie er es nannte fortgeschrittenen Alters, nun mit deutlich reiferen Protagonisten auseinandersetzt, denen er sich mittlerweile näher fühle, als jüngeren Hauptfiguren. Sein Ziel war es, gesellschaftliche Missstände auf humorvolle Weise anzuprangern und spielerisch im Rahmen einer Verbrecherkomödie darzustellen. Sein nächster Roman, den er kürzlich begonnen habe, schlage aber eine ganz andere, deutlich ernsthaftere Richtung ein. Ein Zeichen seines Alters sei es zudem, dass er sich trotz der nach wie vor vorherrschenden Wut über soziales, politisches und gesellschaftliches Unrecht deutlich reflektierter und sachlicher damit auseinandersetzen könne. Dieses spiegle sich auch in der Ausarbeitung seiner Figuren und der Geschichten wider. Da wir im Gespräch etwas sprunghaft von „Hölzchen auf Stöckchen“ kamen, wechselten wir beim Thema „Alter“ zu Johnny Rotten und von da zur Musik. Musik spiele nach wie vor eine große Rolle in seinem Leben (Menschen, die keine Musik hören, sind seiner Meinung nach „seelenlose, geistig arme Motherfucker“), jedoch könne er sie nicht beim Schreiben hören, da ihn dies zu sehr ablenke. Derzeit sei er viel unterwegs, denn erst habe er eine ausgedehnte Promo-Tour zur Verfilmung von „Kill Your Friends“ absolviert, nun sei er auf Lesereise mit Old School. Leider mussten wir das Gespräch kurze Zeit später beenden, da er mit Autor und Übersetzer Nagel die Lesung beginnen wollte. Diese war extrem unterhaltsam und zeigte beide Autoren, die mit sichtlichem Spaß, filmreifen Darbietungen und vielen Lachtränen das Publikum unterhielten. Zudem zeigte John Niven, dass er eine Menge deutscher Schimpfworte beherrschte, die er (mal passend, mal unpassend) mit viel Freude in Texte einfügte (hätte er diese Deutschkenntnisse in dem Interview eingebracht, wäre es mir eventuell leichter gefallen, ihn zu verstehen ^^). Besonders bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei den netten Kontakten bei Heyne, die dieses Treffen ermöglichten und den unbeschreiblich netten Mitarbeitenden der Mayerschen Buchhandlung in Köln, die uns einen wunderbaren, sehr unterhaltsamen Abend beschert haben. wir kommen auf jeden Fall wieder! Old School ist eine erstaunlich leichtfüßig erzählte, trotz der ernsthaften Grundthematik sehr humorvolle Geschichte mit herrlich ausgearbeiteten Charakteren, die mit Charme und einem hohen Tempo den Bogen von einem Heist-Krimi zu einem klassischen Road-Trip spannt und uns beinahe nebenbei die Missstände unseres sozialen Gefüges aufzeigt. Ältere Menschen, die ungewollt und ohne Selbstverschulden in eine finanzielle Notsituation geraten, werden vom Staat und einem gnadenlosen Bankensystem alleine gelassen. In diesem Fall entschließen sich die rüstigen und aufgebrachten Bürger, selber für ihr Wohlergehen zu sorgen und begeben sich damit auf einen abenteuerlichen Trip. John Niven zeigt sich mit Blick auf sein bisheriges Werk von einer sehr humorvollen und charmanten Seite. Er verzichtet nahezu komplett auf den von ihm bekannten Zynismus, entwickelt liebevoll starke und authentisch wirkende Frauenfiguren, die er auf einen wilden Road Trip schickt. Dabei zeigt er sich erneut als ein Analyst der gesellschaftlichen Missstände, der sich den moralischen Grauzonen seiner Figuren annähert. Hier jedoch mit einem Augenzwinkern und einer versöhnlich-humorvollen Seite. Old School (Originaltitel: Sunshine Cruise Company) erscheint als schön gestaltete, gebundene Ausgabe in einer Übersetzung von Stephan Glietsch bei Heyne Hardcore (400 Seiten, €19,99). Old School ist ein für John Niven ungewöhnlicher Roman mit starken weiblichen Hauptfiguren und einem sehr britischen Humor. Wendungsreich, witzig und bis ins Detail liebevoll ausgearbeitet haben wir hier eine mit leichter Hand und viel Sympathie für seine Figuren erzählte Geschichte, die hervorragend unterhält. Eine eindeutige Leseempfehlung für die kalten Herbst- und Wintertage!

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