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Rezension zu
Wild Cards - Das Spiel der Spiele

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Die neuen X-Men

Von: ralfreitze
27.10.2015

Erst einmal: Das ist KEIN neues Buch von George R.R. Martin, auch wenn dieser prominent in dicken Lettern vorne auf dem Buchtitel steht. Doch: Wer dieses Buch kauft, wird es nicht bereuen! Wild Cards ist eine Serie von Science Fiction Geschichten mehrerer US-amerikanischer Autoren, von denen George Martin zurzeit eben der bekannteste ist. Sein Beitrag in dem Buch beschränkt sich auf 40 Seiten und ist noch nicht einmal der beste Beitrag. Hauptsächlich wird die Serie doch unter anderem von ihm herausgegeben, insofern steht sein Name vielleicht doch zu Recht vorneweg. Dieser Band ist der erste der sogenannten neuen Generation der Wild Cards, nachdem Tor Books die Rechte an der Serie aufgekauft hat. Neun Autoren haben daran mitgewirkt, deren Stile sich aber wunderbar ergänzen und es sind KEINE Kurzgeschichten sondern ein abgeschlossener Roman. Worum geht es? Nach der Freisetzung eines außerirdischen Virus starben 90% der Erdbevölkerung, die anderen haben entweder mehr oder weniger abstoßende Mutationen (Hundeköpfe etc.) oder sind sogenannte Asse mit Superkräften (und sind zusätzlich von Mutationen entstellt). Diese manchmal sinnlosen Kräfte entwickeln sich im Verbund mit anderen Assen zu nützlicheren Fähigkeiten. So ist z. B. ein Mensch, dessen Körper sich komplett in Wespen verwandeln lässt, als Angriffskraft nicht sehr stark, als millionenfacher Augenspion jedoch sehr nützlich. Dieses Konzept der verschiedenen wahllosen Mutationen wurde schon bei Marvels X-Men, oder im französischen Comic von Arleston auf dem Planeten Troy thematisiert, hier ist eine typisch amerikanische Note, das Showbiz, eingepflegt. Wie bei den X-Men kämpfen die Menschen mit ihren Fähigkeiten und wissen sie nicht so recht und sinnvoll einzusetzen. American Heroes ist die amerikanische Supershow, die das beste Ass küren soll, vier Parteien, Pik, Herz, Kreuz und Karo mit jeweils sieben Mitstreitern kämpfen um die Krone, die nur ein Ass erhalten kann. Die Fernsehkamera ist immer dabei. Zeitgleich wird in Ägypten derweil der Kalif von einem Ass ermordet, was zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führt. Die verschiedenen Autoren erzählen aus den Perspektiven der verschiedenen Asse, die anfangs in der Fernsehshow kämpfen. Die Ausgeschiedenen beziehen die ‘Luschenvilla’, die nach und nach immer voller wird und wo es zu Reibereien kommt. Interessant sind die Innenansichten der Asse, die mental mit der Beherrschung ihrer Superkräften kämpfen, teilweise noch Teenager sind und recht unsicher mit dem Umgang mit anderen. Es bilden sich Liebschaften, Streitigkeiten und manchmal recht skurrile Kämpfe untereinander und die Kamera ist immer dabei. “Wir sind die coolen Typen. Die Helden. Wir werden gefeiert. Und nicht wegen dem, was wir denken oder was wir machen. Sondern wegen dem, was wir sind. Ich glaube es gibt kein schlimmeres Gift. Gefeiert – oder verdammt – zu werden wegen dem, was man ist, nicht wer man ist. Wir sind Asse. Und manche von uns sind kleine Arschlöcher. Und manche von uns sind anmaßende Großkotze. Manche von uns können mit den Herausforderungen über sich hinauswachsen, andere können das nicht.” Nach einiger Zeit wird der Bürgerkrieg in Ägypten interessanter als die Show und viele Asse sehnen sich danach, etwas Sinnvolles mit ihrer Zeit anzufangen. Den Autoren ist eine interessante Fortsetzungsgeschichte gelungen, in der die Stile zwar unterschiedlich sind, sich aber insgesamt sehr gut ergänzen. Hauptaugenmerk in dem Buch ist eher eine bunte comicartige Darstellung – keine fundierte literarische Gesellschaftsbetrachtung. Doch nur Krach, Bumm, Peng (gerade im zweiten Teil verstärkt) ist es nun auch nicht, die einzelne Charakterisierung geht wesentlich tiefer. Amazing Bubbles bei der Diskussion mit Curveball über ihr Erscheinungsbild: “Du hast über tonnenweise E-mails von Schwulen und Lesben bekommen. Die meisten von Ihnen möchten sich bei Dir bedanken, dass Du so ein tolles Vorbild bist – und manche möchten auch Dinge mit Dir tun, die bestimmt in allen fünfzig Bundesstaaten verboten sind. Sie sind total begeistert davon, dass du nicht verheimlicht hast, dass Du lesbisch bist. Und dass Du keinen Hehl daraus gemacht hast, dass Du etwas von Tiff willst. So sieht ein Vorbild aus. Und das ist ziemlich heldenhaft.” Über die Kritik, die sich vereinzelt regt, dass dieses Buch ja mitten in der Serie anfängt und nicht Buch eins, sondern strenggenommen Buch achtzehn ist: Ich habe die früheren Bände nicht gelesen, man muss das auch nicht um hier neu anzufangen. Man erhält ein spannendes, witziges, knallbuntes und manchmal auch nachdenkliches Comic-Buch (ohne Bilder), das einfach Spaß macht und über die verschiedentlich auftretenden Holprigkeiten hinwegsehen lässt.

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