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Rezension zu
Tod in Weimar

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Theatersaison im Seniorenheim

Buchhandlung beim Augarten Inh. Dr. Lieselotte Stalzer
Von: Dr. Lieselotte Stalzer aus Wien
25.08.2015

Roman Kaminski fährt Besucher der Goethe-Stadt Weimar mit seiner Kutsche zu den wichtigsten Schauplätzen der Stadt. Mit einem Zitat des Dichters „Wir haben genug Zeit, wenn wir sie nur richtig verwenden“ nimmt er seine Fahrgäste auf, zeigt ihnen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten: Schillers Wohnhaus, in dem heute das Schillermuseum untergebracht ist, das Goethe- und Schiller-Denkmal, das Weimarer Stadttheater. Manchmal führt ihn die große Tour zur KZ-Gedenkstätte Buchenwald. An einem Morgen, an dem „der Winter schon den Herbst umarmt“ erwartet ihn Frau Dr. Trixi Muffinger, Leiterin des Seniorenheims ‚Villa Gründgens‘ zu einer Ausfahrt mit potenziellen Kunden. Ein starker Ristretto in der Wilhelm-Meister-Schenke, kurze Zeit später steht er vor der Leiterin der Seniorenresidenz. Die Herrschaften sind jedoch etwas skeptisch, was den baulichen Zustand der Villa anbelangt und stellen angesichts des unerwarteten Ablebens des Hausmeisters die Frage, wer sich jetzt um die täglichen kleineren und größeren Arbeiten kümmern wird. Der Weimarkenner, Touristenführer und Kutscher Kaminski, verspricht vorübergehend auszuhelfen und tritt am kommenden Tag seinen Dienst an. „Haben die einen Theaterfundus geplündert und alles hier abgeladen?“ Die ‚Villa Gründgens‘ ist tatsächlich mit dem Theater verbunden, sie ist ein Alterssitz für Bühnenkünstler. Durch den „plötzlichen Herztod“ des Hausmeisters, werden die Probenarbeiten des „Schiller-Zirkels“ – sie planen ‚Die Räuber’ zu spielen - jäh unterbrochen: Weitere Todesfälle, die das Ensemble unter mysteriösen Umständen dezimieren, folgen. Da taucht Kommissar Westphal auf, der die Aufklärung der Todesfälle als Gelegenheit betrachtet, sich zu profilieren. Was hat er gegen Kaminski in der Hand, dass sich dieser als Undercover Detektiv für den (dem Leser unsympathischen) Ermittler zur Verfügung stellt? Bühnenreife Auftritte der Figuren und pathetische Dialoge vermitteln spannungsgeladene Theateratmosphäre. Weil es im Theater nie ohne Regisseur geht, gibt es diesen auch in Horwitz Kriminalroman. Seine Interpretation der Schillerschen Räuber wäre eine sehr moderne, „ein Brüller … wir rocken das Ding“. Das Ensemble widerspricht: „Aber die Sprache ist bei Schiller das Wichtigste.“ Dass dem nicht nur bei Schiller so ist, beweist der Autor auf jeder Seite. Die Charaktere des „Schiller-Zirkels“ tragen ihre Rollen auch im Alltag des Seniorenheims vor: leidenschaftlich, streitlustig, feierlich, mit großen Gesten unterstrichen. Einen deutlich anderen Sprachduktus haben der (wenn es um die Liebe geht) unsichere Kutscher Roman Kaminski, der karrieresüchtige Kommissar und eine vernachlässigte Jugendliche, genannt „Frettchen“. Dominique Horwitz hat seinen Beruf als Schauspieler mit großartiger, künstlerisch-kreativer Leichtigkeit in einen Kriminalroman, in dem auch komödiantische Elementen nicht fehlen, übertragen. „Der Mut wächst mit der Gefahr.“ Schillers ‚Räuber‘ sind dank dieses Romans im 21. Jahrhundert gut angekommen. Unbedingte Leseempfehlung.

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