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Rezension zu
Der Giftzeichner

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Spurenanalyse im Akkord!

Von: WortGestalt
30.09.2015

Mit Jeffery Deaver verhält es sich meist so, dass man sich auf nichts einzustellen braucht. Es kommt nachher sowieso alles ganz anders als man meint. Ich weiß das ja. Nach über 20 gelesenen Thrillern aus der Hand des Meisters sollte mir das klar sein. Lass den Deaver mal machen, der weiß, was er da veranstaltet, der kann das. Und trotzdem war ich auf den ersten Seiten von „Der Giftzeichner“, dem elften Band der Reihe um den gelähmten Forensiker Lincoln Rhyme und Detective Amelia Sachs, skeptisch. Ich bin mit einem Thriller von Jeffery Deaver vielleicht auch etwas strenger, da liegt die Messlatte hoch, zu oft hat er einfach nahezu perfekt arrangierte Finten gelegt und doppelte Böden verbaut, die nicht knarzen, nicht ächzen, die einfach keinen verdammten Mucks von sich geben, wenn man auf sie tritt und somit auch nicht ahnen kann, dass da etwas faul sein könnte. Wer sein Handwerk so beherrscht, darf auch mal ein wenig schwächeln, alles andere wäre unheimlich! Seit Ende der 1980er Jahre hat Jeffery Deaver inzwischen mehr als 30 Thriller veröffentlicht, welche Anmaßung, bei jedem Buch vom Hocker fallen zu wollen. Das klingt jetzt vielleicht so, als wollte ich nett und unverfänglich einleiten, dass „Der Giftzeichner“ nicht so wirklich doll war. War er aber. Nur halt nicht von Anfang an. Und das muss man sagen dürfen. Ich hatte auf den ersten Seiten sehr lange den Eindruck, dass der Stil nachgelassen hat. Von Jeffery Deaver bin ich eigentlich einen recht geschliffenen Ausdruck gewöhnt, hier kam es mir aber ein wenig versimpelt vor, nicht die Fachausdrücke, das war alles wie gewohnt, denn bei einem Deaver lernt man immer viel, dieses Mal über Gifte, inländische rechtsextreme Milizen und Körperkunst. Aber trotz der vielen Hintergrundinformationen erschienen mir die Dialoge und Szenenbeschreibungen im Vergleich zu früheren Werken weniger redegewandt. Dafür wird sich wieder mit Feuereifer der Spurenanalyse zugewandt. Was im Vorgängerband „Todeszimmer“ vielleicht ein wenig zu kurz kam, wird hier wieder zum Herzstück des Thrillers, Lincoln Rhyme macht in „Der Giftzeichner“ das, was er am besten kann und wofür er als forensischer Berater des New York Police Department auch königlich bezahlt wird, er analysiert Tatortspuren. Auch hier schleicht sich von meiner Seite leise Kritik ein, wirkt doch gerade zu Beginn dieses Mal die Spurensuche wie Fließbandarbeit. Wo sonst mit akribischer Ruhe und sehr viel Leidenschaft allerlei Hinweise eingetütet, ausgebürstet, zerlegt, zersetzt und begutachtet wurden, wird diesmal zackig durchs Labor gefegt, da werden im Akkord Spuren ausgewertet und Tafeln mit den Ergebnissen beschrieben. Natürlich ist Eile geboten, wenn es darum geht, einen Mörder zu stoppen, aber die Hektik rührte nicht von der Handlung oder dem Zeitdruck der Figuren her, sondern kam als Unruhefaktor von außen, als wäre es eine allzu routinierte Pflicht, diese Elemente unterzubringen. Bei der Kür blüht Deaver dann aber auf und es scheint, als würde er romanübergreifend auf etwas hinarbeiten, auf etwas Großes, auf einen lauten Knall. „Der Giftzeichner“ nimmt nicht nur Bezug auf den allerersten Band der Lincoln Rhyme-Serie „Der Knochenjäger“, sondern bezieht auch den siebten Fall „Der gehetzte Uhrmacher“ wieder mit ein. Diese beiden Bände sollte man gelesen haben, falls man sich entschließt, mit dem elften Band in die Reihe einzusteigen. Erklärungen und die Hintergründe der Figuren könnten dem Leser sonst zu stichpunktartig erscheinen. Aber zurück zur Kür, zu Jeffery Deavers Kunstfertigkeit, komplexe Geschichten zu konstruieren. „Der Giftzeichner“ ist da keine Ausnahme. Es beginnt fast schon harmlos mit dem Fund einer Leiche im Keller einer New Yorker Modeboutique. Zu Tode gekommen ist dort eine junge Dame durch ein hochkonzentriertes Gift. Darreichungsform? Ein Tätowierung. Statt Tinte Gift. Und der Schriftzug scheint eine Botschaft zu sein, die erst Sinn ergeben wird, wenn ihr weitere Textteile folgen... Was nach einem klassischen Serienkiller-Thriller klingt, überrascht wie gewohnt mit einigen Wendungen, mit denen man zwar nicht unbedingt rechnet, die man aber prinzipiell einfach erwartet, weil sie so charakteristisch für Deavers Thriller sind. Das macht mich seinen Figuren gegenüber inzwischen immer sehr skeptisch, vermute ich doch mittlerweile hinter fast jeder Ecke eine List und liege beim Lesen quasi dauerhaft auf der Lauer und werde langsam paranoid. Auch die detaillierte Spurenanalyse in Deavers Thrillern hinterlässt Spuren in meinem Leseverhalten. Nicht selten denke ich mir bei anderen Thrillern und Krimis, dass sie den Täter mit Lincoln Rhymes Methoden ja schon längst geschnappt hätten! ;) Fazit: Jeffery Deavers Thriller sind für mich persönlich fester Bestandteil des Thriller-Universums und fast schon ein Gefühl von Nach-Hause-Kommen, wenn ich die Seiten eines neues Bandes aufschlage. Immerhin existiert die Reihe seit 1997, ich selbst verfolge sie seit 2001. Auch wenn „Der Giftzeichner“ sicher nicht der stärkste Fall der Reihe ist, so bleibt doch für Fans von Rhyme und Sachs kein Zweifel, dass das Buch gelesen gehört. Neueinsteigern würde ich vorab die Lektüre von „Der Knochenjäger“ und „Der gehetzte Uhrmacher“ empfehlen. Idealerweise aber natürlich die gesamte Reihe! ;) Bewertung: 80 % Stil: 3/5 | Idee: 5/5 | Umsetzung: 3/5 | Figuren: 4/5 | Plot-Entwicklung: 4/5 Tempo: 4/5 | Tiefe: 4/5 | Komplexität: 5/5 | Lesespaß: 4/5 | = 4,00 Punkte Rezension auch auf http://wortgestalt-buchblog.blogspot.de

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