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Rezension zu
Gehen, ging, gegangen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Bewegende Lektüre

Von: Marina Büttner
12.09.2015

Ich bin beständige Leserin der Romane Erpenbecks und das aus gutem Grund. Die beiden zuletzt erschienenen "Aller Tage Abend" und "Heimsuchung" sind unbedingt empfehlenswert. Mit "Gehen ging gegangen" wählte sie eine Thematik, die zur Zeit stark im Brennpunkt steht(mehr, als zum Zeitpunkt des Entstehens absehbar war). Inwiefern das die Jury des Deutschen Buchpreises beeinflusst wird sich zeigen. Der Hauptprotagonist Richard ist pensionierter Professor, hat sich immer mit Sprache und philosophischen Themen auseinandergesetzt. Nun lebt er allein im eigenen Haus am See im Berliner Osten, seine Frau ist seit einigen Jahren tot. Er hat nun Zeit. Als er zufällig vom Protest afrikanischer Flüchtlinge hört und diese im Zeltlager auf dem Oranienplatz sieht, beginnt er über die Hintergründe zu recherchieren und Kontakt aufzunehmen. Anfangs hofft er, durch gezielte Fragen an die Flüchtlinge, existenzielle Antworten zu erhalten, die ihm selbst gerade fehlen. Letztlich geht es um den Sinn... Das Warten auf das was noch kommt im Leben und die verordnete Untätigkeit, sowie die Erinnerung an die Zeit, als er selbst plötzlich von einem auf den anderen Tag in einem neuen Land lebte. es die DDR nicht mehr gab, sind zunächst die einzigen Übereinstimmungen. Aber es entwickelt sich anders: So erfährt er nach und nach über die traumatischen Fluchten und die Lebensumstände der jungen Männer, die aufgrund der Verhältnisse im jeweiligen Land nicht bleiben konnten oder durften, aber hier nur "geduldet" sind, und langsam baut sich gegenseitiges Vertrauen auf, entwickeln sich Freundschaften. Richard hilft, wo und wie er kann, hört zu, begleitet die Männer zu Behörden, zum Anwalt oder zum Sprachunterricht, setzt sich auf seine Weise für sie ein, für die, die "unsichtbar" sind, und gewinnt dadurch selbst wieder einen klareren Blick auf die Realität. "Vieles von dem, was Richard an diesem Novembertag, einige Wochen nach seiner Emeritierung, liest, hat er beinahe sein ganzes Leben über gewusst, aber erst heute, durch den kleinen Anteil an Wissen, der ihm nun zufliegt, mischt sich wieder alles neu. Wie oft wohl muss einer das, was er weiß, noch einmal lernen, wieder und wieder, bis er die Dinge wirklich versteht bis auf die Knochen? Reicht überhaupt eine Lebenszeit dafür aus?" Je mehr er jedoch erfährt über die Irrwege, über die bürokratischen, wenig flexiblen Gesetze, desto mehr wird Ihm klar, wie schlecht die Chancen für Flüchtlinge stehen, wie begrenzt auch seine eigenen Möglichkeiten sind. Dennoch will er nicht aufgeben. Er organisiert private Unterkünfte bei seinen alten Freunden und auch sein eigenes Haus füllt sich...neue Räume öffnen sich. Auffällig fand ich, die durch den ganzen Text hinweg oft wiederholten Sätze, was wahrscheinlich eindringlich wirken soll, mich aber eher gestört hat. Auch mit dem Schluss bin ich nicht ganz zufrieden, kommen doch da seitens Richard wichtige emotionale Erlebnisse zutage, die dann aber nicht den nötigen Raum mehr finden. Fazit: Ich bin der Meinung, dass es nicht Erpenbecks bestes Buch ist(siehe oben). Dennoch habe ich "Gehen ging gegangen" als ein besonderes und wichtiges Buch erlebt. Und ich denke, das könnte vielen Lesern so gehen...

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