Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Mr. Mercedes

Nicht neu, aber ganz King

Von: Devona
31.08.2015

Stephen King hat mit „Mr.Mercedes“ das Genre weder revolutioniert noch neu erfunden. Aber er tut das, was er gut kann: er entwickelt eine Geschichte und vor Allem die darin vorkommenden Charaktere detailliert und facettenreich. David Nathan hat die Geschichte solide gelesen. Bereits dem Eingangskapitel merkt man sofort die Handschrift Kings an, wenige Autoren hätten Wert darauf gelegt, die Szenerie mit all den wartenden Arbeitslosen, in die Mr.Mercedes gleich hinein fahren wird, so umfangreich zu beschreiben. Die späteren Opfer werden ausführlich vorgestellt, bekommen ein Gesicht und sind somit nicht Teil einer gesichtslosen Masse, die später nur eine Zeitungsnotiz wert ist. (So hätten das vermutlich andere Autoren gelöst). Sie haben einen Namen: Augie Odenkirk, ein Mann im mittleren Alter, der im Zuge von Rationalisierungen entlassen wurde, Janice Cray, eine junge Frau, die sich mit ihrem Baby Patty in die lange Schlange der Arbeitssuchenden einreiht. Der Leser wird vertraut gemacht mit ihren Gedanken und Gefühlen, folgt ihren Gesprächen. Er interessiert sich für sie, nur um kurz darauf durch die Tat von Mr. Mercedes brutal von ihnen getrennt zu werden. Ich habe diese Eingangszene als sehr intensiv empfunden, die Tat selber hat dabei weniger Raum eingenommen als alles andere. Im weiteren Verlauf wird die Handlung wechselweise aus Hodges Sicht oder der des Killers geschildert. Es ist eine Serienkillergeschichte, der Plot ist nicht neu und als solcher auch nicht wichtig. Vielmehr offenbaren sich in der Interaktion von Hodges und Brady -altgewohnt und geliebt- Kings große Stärken in der Entwicklung seiner Protagonisten. Hodges ist am Anfang ein desillusionierter, übergewichtiger und gelangweilter Ex-Cop und steckt als Couch-Potatoe beim Fernsehen schon mal den Lauf einer seiner Waffen in den Mund, um emotionslos darüber nachzu grübeln, wie das denn nun ist, wenn man sich das Gehirn weg pustet, weil das Leben so sinnlos scheint. Von Brady herausgefordert, entwickelt er sich vollig anders als von diesem erwartet. Er nimmt die Herausforderung an und besinnt sich auf seine guten Cop-Eigenschaften: Spürsinn und Verbissenheit in eine Sache. Der kleine Irre Brady, der unauffällig seinem unauffälligem Tagewerk nachgeht, mutiert innerhalb der Geschichte zum großen Wahnsinnigen, der den finalen Supergau -Massenmord- plant. Besonders gruselig ist hierbei die Beschreibung des häuslichen Verhältnisses, in dem er mit seiner Mutter lebt und die Tatsachen, welche dazu geführt haben, dass Brady ist, wie er ist. Verstörend ist die völlige Emotionslosigkeit, die er wie eine Maske vor sich her trägt, um sie in den Momenten, in denen Hodges den Spieß umdreht und seinerseits IHN provoziert, fallenzulassen und komplett auszurasten. Das ist King in seinem Element. Gekonnt hetzt er Brady und Hodges aufeinander, um beide an ihre Grenzen zu bringen und die Story so zum Höhepunkt zu treiben. Mr.Mercedes dient als Auftakt zu einer (kleineren?) Reihe von Fällen um den pensionierten Cop Hodges und ich freue mich sehr auf die Fortsetzungen. Der spannende Showdown von Mr. Mercedes macht uns auch mit den übrigen „Team-Mitgliedern“ von Hodges vertraut, die sich hier ein erstes Mal bewähren müssen, während Hodges in letzter Minute gesundheitlich schwächelt und nur hilflos zusehen kann. Überdies ist das Trio eine recht ausgefallene und sehr eigene Mischung, die auch ab und an zur Erheiterung des Lesers beiträgt, ohne dass die Geschichte komisch wirkt. Ich hatte ein winziges Hörproblem, welches nichts aber auch gar nichts mit der Leseleistung von David Nathan zu tun hat, der bekommt 4 Sterne. Kings Charakterentwicklung braucht Zeit und ich hatte beim Hören des Öfteren ein Gefühl, als ob die Handlung stagniert, was aber nicht wirklich der Fall ist. Testweise habe ich nach zwei Drittel der Hörzeit aufgehört und habe den Rest des Buches gelesen. Und siehe da: da war es wieder perfekt, das King-Lesegefühl und dabei werde ich es für mich belassen. King ist für mich besser zu lesen als zu hören. Ich glaube aber, dass diese Tatsache wirklich völlig subjektiv ist. Eindeutige, gleichrangige Hör- und Leseempfehlung von mir, mit David Nathan macht man nix verkehrt. Und mit King sowieso nicht. Wer allerdings temporeiche Thriller mit sich überschlagenden Handlungen favorisiert, in denen ausgefeilte Charaktere nicht so wichtig sind, ist eventuell mit Mr.Mercedes nicht so gut beraten.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.