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Rezension zu
Die Jungfrau

Seltsame Freundschaft

Von: Marina Büttner
27.10.2023

Nachdem ich Monika Helfers letzten Roman ausgelassen hatte, bin ich mit „Die Jungfrau“ wieder dabei. Wie immer habe ich hier das Hörbuch gewählt, weil Helfer selbst liest und ich ihre etwas verwaschene raue Stimme mit dem leicht durchscheinenden Dialekt sehr mag. „An meinem 70. Geburtstag bekam ich Post von meiner Schulfreundin Gloria. Als ich den Brief öffnete, sah ich, dass er von jemand anderem geschrieben worden war, von Glorias Nichte. Ihre Tante habe ihr aufgetragen, mit mir in Verbindung zu treten. Sie wolle mich noch einmal sehen, bevor sie sterbe. Es las sich wie ein Befehl. Obwohl kein Rufzeichen da war. Aber ich meinte die Stimme zu hören, die den Brief diktiert hatte.“ Diesmal geht es um eine enge Freundin aus Schulzeiten, die plötzlich, viele, viele Jahre, in denen sie sich nicht sahen, durch einen Brief nach Kontakt mit der Heldin verlangt. Das Treffen findet statt im villaähnlichen großen Haus mit Garten, dass die Freundin seit jeher mit ihrer Mutter bewohnte. Die Freundin scheint sich charakterlich kaum geändert zu haben. So richtige Nähe will sich nicht mehr einstellen. Doch Gloria teilt Moni ihr Geheimnis mit, dass sie bis heute noch Jungfrau ist. Was Monika wundert, denn sie hielt sie immer für die Hübschere und Begehrenswertere. Im weiteren Verlauf der Geschichte fragt sich die Leserin, inwiefern das tatsächlich stimmt … In Rückblenden erfahren wir nun viel über die seltsame Freundschaft der beiden. Gloria, reich, Monika arm. Gloria im großen Haus mit riesigem Garten nur mit der Mutter allein und Monika in einer kleinen Wohnung mit zwei Geschwistern, Onkel und Tante mit Kindern. Wir lesen vom Staunen des Mädchens über die so ganz anderen Lebensumstände, vom Luxus, den Monika nicht kennt, z. B. dass es mehrere Sorten Tee gibt so etwa Earl Grey Tea. Gloria ist ein hübsches Mädchen, dass aber immer unter dem Verschwinden des Vaters leidet. Sie zimmert sich vieles zurecht, wie es ihr passt. Lügen, rumspinnen und schauspielern kann sie gut. Moni steht zur Seite, mitunter hintan. Auf den Spuren ihres Vaters will Gloria in die USA reisen, Moni soll mit. Da beide noch nicht volljährig sind, schaffen sie es natürlich nicht und verbringen einen verrückten Tag in Zürich. Gloria zahlt alles. „Sie beide wären so gerne andere gewesen als sie waren.“ Moni schreibt und hat geheiratet, ein Kind bekommen. Gloria war Trauzeugin bei der seltsam lieblosen Hochzeit. Die beiden telefonieren, sehen sich kaum. Gloria will tatsächlich Schauspielerin werden, verliebt sich dort in Wien in ihren Schauspiel-Professor, der allerdings verheiratet ist. Ein Italiener, so katholisch, dass er nicht mit ihr schlafen will. Die Freundinnen sehen sich erst etwa zwanzig Jahre später wieder und auch diesmal geht es um Glorias Vater, der natürlich nicht in den USA lebt, wie die Mutter es vorgetäuscht hatte, sondern betagt im Pflegeheim. Moni hat inzwischen zum zweiten Mal geheiratet (Michael Köhlmeier) und vier Kinder. Gloria hat immer noch keinen Partner, keine Kinder. Der Text ist laut Helfer nicht komplett biographisch, Gloria trägt aber die Züge einer tatsächlichen Freundin. Zwischendurch tritt die Autorin aus ihrer Geschichte heraus und flicht kurze Szenen mit ihrem Ehemann, dem Schriftsteller Michael Köhlmeier ein, mit dem sie sich übers Schreiben austauscht, was ziemlich witzig ist und die Story auflockert. Tatsächlich aber finde ich das erste Buch dieser autobiographischen Reihe „Die Bagage“ noch immer am besten.

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