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Rezension zu
Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich.

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Wunschvorstellung trifft Realität

Von: Frau Goethe
05.08.2015

Die Mittdreißigerin Rachel pendelt wie Tausende andere auch von den Vororten nach London. Sie schaut dabei aus dem Zugfenster und denkt sich Lebensgeschichten zu den Menschen aus, die sie sieht. Ein Paar hat es ihr besonders angetan, dass sie ihnen sogar Namen gegeben hat. Eines Tages liest Rachel eine Vermisstenmeldung in der Zeitung. Sie kennt die Frau. Es ist die Frau, an deren Leben sie täglich zweimal für einige Augenblicke teilnimmt. Der Roman beginnt recht unspektakulär mit den Beobachtungen von Rachel. Sie stellt sich beim Anblick des Paares ein perfektes Leben vor, das ihr verwehrt wurde. Als das Verschwinden von Megan bekannt wird, scheint es ein solider Krimiaufbau zu sein. Doch nun stellt der Leser fest, dass Rachel weit mehr damit zu tun hat, als zunächst angenommen wird. Rachel kennt die Gegend äußerst gut, ist Alkoholikerin und kann ihre gescheiterte Ehe einfach nicht verarbeiten. Zudem hat sie ausgerechnet am Abend des Vorfalls einen Blackout und alle Indizien weisen darauf hin, dass sie in irgendetwas verwickelt ist. Ihr Ex-Ehemann Tom und seine neue Frau fühlen sich von Rachel gestalkt, weil sie so oft in der Gegend ist. Der Leser muss nun Realität und Rachels beschönigte Vorstellung auseinanderhalten. Erschwert wird das durch Lügen und widersprüchlichen Aussagen der Beteiligten. Die Perspektiven auf das Leben dieser fünf Menschen wechseln zwischen Rachel, Megan und Anna. Die drei Frauen schildern verschiedene Vorkommnisse ihres Lebens, die alle miteinander zu tun haben. Dabei sollte man genau die Datumsangaben betrachten, da manche Berichte bereits ein Jahr vorher stattfanden und sich die Erzählstimmen nicht immer deutlich voneinander unterscheiden. Bei jeder Sicht auf den Fall um Megan erhält der Leser weitere Hinweise auf den wahrscheinlichsten Hergang. Es werden Verdächtige in den Fokus gerückt, entlastet, eine neue Lüge entlarvt bis der verschlungene Pfad zum Ziel führt. Paula Hawkins greift eine gerade für Stadtmenschen alltägliche Situation auf. Sie werden von beobachtet, die auf ihren täglichen Wegen zwar nicht bekannt sind, aber doch präsent. Es wird deutlich, wie leicht die Privatsphäre angreifbar ist. Die Ausarbeitung von Rachels Charakter als Alkoholabhängige ist gelungen. Sie versucht, sich ständig hinter Lügen zu verstecken und kann dann ihrer Sucht doch nicht wiederstehen. So passieren ihr Dinge, die sie in noch bedrängtere Situationen bringen. Ihr Ex-Mann Tom als ehemaliger Partner steht dabei zwischen dem Wunsch, ein neues Leben aufzubauen und der Verantwortung, die er gegenüber Rachel empfindet. Beide haben so eine Co-Existenz, in die Anna und auch Megan mit eingebunden wurden. Der Roman fordert, dass man sich auf seine deprimierende Stimmung einlässt. Die Figuren sind keineswegs sympathisch dargestellt, sondern nerven vielmehr mit ihrer selbstbezogenen, verantwortungslosen Weltanschauung. Wer sich auf das Zusammenspiel der unterschiedlichen Psychen einlassen möchte, wird hier fündig. Die Spannung weist teilweise Schwächen auf, die man nicht mehr als Verschnaufpause gelten lassen kann. Dennoch empfehle ich das Buch als Psychomelodrama weiter.

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