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Rezension zu
Das Geheimnis der Seelenschiffe - Der Freibeuter

Ein fulminanter zweiter Band!

Von: Buch & Gewitter
24.05.2022

Es ist natürlich nichts Neues, wenn ich euch erzähle wie unglaublich toll Robin Hobb schreibt. Aber es ist die Essenz all dessen, was ich in dieser Rezension vortragen werde. Weil diese unglaubliche Frau einfach krass geile Bücher schreibt. Zuvor aber noch eine Triggerwarnung: Im Buch gibt es detaillierte Beschreibungen von schweren Verletzungen, Amputationen, Drogenmissbrauch, Darstellungen von Sklaverei und rückblickende Beschreibungen von Vergewaltigung. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mir noch nie so schlecht geworden ist, wie in dem Moment als Robin Hobb eine Amputation beschrieb. Ich brauchte eine kleine Pause, um das zu verarbeiten und das hatte ich bisher noch nie nötig. Allerdings beschränken sich diese wirklich detaillierten Beschreibungen auf wenige Seiten des Buches, ich würde vielleicht 10% des Inhalts dahingehend einordnen. ROBIN HOBB TUT, WAS SIE AM BESTEN KANN Das wohl Beeindruckendste an diesem Buch ist – neben der Handlung – die Charakterentwicklungen. Wie auch schon im ersten Teil wechseln die Erzählperspektiven zwischen Althea, Brashen, Malta, Wintrow, Kennit, Ronica und Viviace hin und her – je nachdem an welchem Ort der Welt die Figuren sich gerade befinden und wie viel Aufmerksamkeit dieser Teil der Handlung braucht. Gerade bei Althea, Brashen, Wintrow, Viviace und Malta ist es besonders deutlich geworden wie sehr sie sich entwickelt haben. Bei der Hälfte des Buches hatten sie alle ausnahmslos eine 180 Grad Wendung zu ihrem Charakter vom Beginn des ersten Bandes gemacht. Das ist mir besonders ausgefallen, weil ich eine Lesepause kurz vor der Hälfte hatte und mir die Entwicklungen beim Weiterlesen besonders ins Auge gestochen sind. Diese Entwicklungen passieren dabei so wundervoll realistisch, dass ich es im Lesefluss kaum bemerkt hab; erst als ich mir einen Moment nahm und Abstand zum Text, ist mir aufgefallen wie sehr sie sich alle verändert haben. Jede kleine Interaktion, jede große Herausfordern formt die Figuren langsam und treibt ihre Entwicklung stetig voran und mitzuverfolgen wie ihr Verständnis von der Welt sich langsam ändert und ausweitet und sie gegen Mauern rennen ist eine ganz besondere Erfahrung. Niemand schreibt so wie Robin Hobb und es ist wahre Kunst die man auf der Seite verfolgen kann. Ich kann das Level an Handwerk, dass dafür nötig ist eine so reibungslose Charakterentwicklung zu vollziehen gar nicht richtig in Worte fassen. Es ist nochmal eine ganz eigene Magie. Die Hälfte von allem Bösen in der Welt passiert, weil anständige Leute daneben stehen und nichts Falsches tun. Es reicht nicht, sich vom Bösen fernzuhalten, Trell.“ S. 324 Was ich an diesem Buch ebenfalls bewundernswert und spannend fand, war zu sehen wie Kennits Manipulation bei Viviace und Wintrow langsam Früchte trägt. (Und auf gruselige Art und Weise auch bei mir als Leserin – brauchte da ein Wachschütteln, ehe ich das erkannt habe.) Es war ein bisschen komisch mitzubekommen wie er ihre Wahrnehmung von sich selbst und seinen Motiven langsam umgedreht hat und zu was für Mitteln er dafür auch gegriffen hat. Und dann zu sehen wie es wirklich funktioniert war herzzerreißend und faszinierend zugleich. Allerdings war ich auch ein bisschen stolz, als Kennit selbst gemerkt hat, dass Viviace und Wintrow ihn rückwirkend auch beeinflusst und verändert haben und ich habe die leise Hoffnung, dass Kennit vielleicht eine so starke Entwicklung seinerseits durchmachen könnte, dass er kein direkter Bösewicht mehr ist. Aber diese Hoffnung ist wirklich klein. DIE GROSSE WEITE WELT WIRD NOCH ETWAS WEITER Die Handlung in Der Freibeuter ist um einiges ereignisreicher als in Band eins. Jetzt trägt die Arbeit aus Band 1 Früchte und die ganze Welt rund um Bingstadt ist im Umbruch. Der Satrap tritt in diesem Band mehr in Erscheinung und seine politischen Beziehungen zu Chalced werfen in Bingstadt einige Traditionen um, unter denen die Stadt sich langsam spaltet. Die politischen Verstrickungen und Entwicklungen waren spannend und überrumpelnd und etwas Furcht einflößend, weil auch wir in politisch sehr aufgeladenen Zeiten leben und bei Robin Hobb zu lesen wie schnell so etwas passieren kann und ein gesellschaftlicher Umschwung stattfinden, fühlte sich etwas zu meta an. Auch bei Kennit und den Piraten passiert einiges, man erfährt einerseits mehr über Kennit selbst und was ihn antreibt, aber entdeckt auch Teile der Welt mit ihm neu und kommt um einiges mehr herum, als mit Althea und den anderen Bingstättern. Mein persönliches Highlight war es aber mehr über die Magie, Hexenholz und die Seeschlangen zu erfahren. Endlich gibt es die Enthüllung wie diese Welt funktioniert, was genau passiert ist und was dazu führte dass Seelenschiffe diesen Stellenwert haben. Ich bin mir sicher, das noch längst nicht alles dahinter enthüllt wurde, aber zu erfahren, was ich zum Teil schon vermutet habe und dennoch komplett von den Socken gerissen zu werden, ist eines der besten Gefühle überhaupt. (Wie ich geschrien habe, als ich S. 540 erreichte, Leute. Wie fassungslos und begeistert zugleich ich vor meinem Torino saß. Einfach nur WOW.) Etwas in Paragon öffnete sich, etwas, das lange verschlossen gewesen war. Ein winziger Funke Selbstachtung leuchtete plötzlich hell in der Dunkelheit. S. 521 Da ich die nachfolgende Trilogie (Das Erbe der Weitseher) ja schon gelesen habe, hat es umso mehr Spaß gemacht hier die Anzeichen für den Teilkonflikt der Trilogie zu sehen und wie sich langsam zusammenspinnt, was dann gelöst werden muss. Es ist eine der größten Freuden für mich nachverfolgen zu können wie Robin Hobb ihrem Handwerk nachgeht und deswegen bereue ich es keine Sekunde ihre Bücher etwas durcheinander zu lesen. Mein Kopf lebt davon Handlungsstränge auseinander zu pflücken und erahnen zu können wie was welche Rolle spielen wird und genau das passiert durch meine unkonventionelle Lesereihenfolge. Der Buchnerd in mir ist bedingungslos glücklich, wenn ich ein Robin-Hobb-Buch lese. (Und manchmal und sehr heartbroken.) Schlussendlich kann ich euch Band 2 nur sehr sehr sehr ans Herz legen. Wenn ihr Band 1 gelesen habt und euch unsicher seid, ob ih weiterlesen wollt: Macht es, bitte! Es lohnt sich so so sehr, wenn ihr auch ein Herz für Weltenbau und komplexe Figuren habt, denn etwas besseres als Robin Hobb kann ich euch aktuell nicht empfehlen. FAZIT Der Freibeuter sprengt nochmal alle Maßstäbe die Band 1 der Seelenschiffe gesetzt hat und überzeugt mit dem was Robin Hobb so unvergleichlich macht – atemberaubenden Weltenbau und fantastischen Figuren. Ein wahres Fest für jede*n High Fantasy Leser*innen!

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