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Rezension zu
Algorytmica

Spannende Dystopie trifft faszinierende virtuelle Welt

Von: kitumba
16.01.2022

Das Buch Algorytmica hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen, ich wollte es überhaupt nicht mehr aus der Hand legen. Die Geschichte entwickelt sich rasant, man erahnt schon zu Beginn den Komplott, möchte wissen, wer welche Interessen verfolgt, fragt sich, wie alle Fäden zusammenlaufen werden und wenn sie das schließlich tun, ob sich das Ganze überhaupt noch zum Guten wenden kann. Die Welt, die Marion Herzog hier erschaffen hat, ist bis ins letzte Detail ausgearbeitet und so lebendig und überzeugend beschrieben, dass man fast das Gefühl hat, selbst an Bord einer der sogenannten Archen zu sein. Die atmosphärisch dichte Beschreibung des Lebens im Holovit, der virtuellen Welt in der Arche, hat zu Beginn durchaus das ein oder andere Mal bei mir die Frage aufkommen lassen, ob so ein Leben nicht eine echte Alternative für unseres wäre. Doch wo ich anfangs noch fasziniert und begeistert war von den Möglichkeiten des Holovit, in dem die Menschen den größten Teil ihres Lebens verbringen, nahm schon nach kurzer Zeit ein beklemmendes Gefühl überhand - was noch zu Beginn wie die perfekte Welt erscheint, erweist sich auf subtile Weise nach und nach als viel zu leicht manipulierbare, fragile, von Big Brother überwachte Schreckensversion eines Lebens. Das Buch arbeitet mehr mit Gefühlen und Atmosphäre als mit philosophischen Erörterungen; dazu tragen auch die geschickt eingestreuten Kapitel mit Logbucheinträgen von nicht näher beschriebenen Arche-Mitarbeitenden und News von „Elsa“ bei, die zum einen die Vitalfunktionen und das virtuelle Treiben der Archebewohner*innen bewacht, zum anderen als Nachrichtenkanal und Klatsch- und Tratschblatt agiert. Die „Big Brother“ Thematik oder auch die Implikationen, die ein Leben in der virtuellen Welt für die Menschheit hat, werden nur am Rande gestreift. Doch das empfand ich nicht als störend; meiner Meinung nach vertraut Marion Herzog hier auf die Fähigkeit ihrer Leser*innen, sich selbst dazu ein Urteil zu bilden. Bei manchen Fragen, die offen bleiben, hätten mich aber doch die Antworten interessiert, auch wenn sie für die Story nicht entscheidend sind: Wer hat die Archen gebaut? Weshalb mussten sich die Menschen dorthin zurückziehen? Woher nehmen sie ihr Geld, um sich die privaten Holovit-Programme leisten zu können? Weshalb müssen selbst die Menschen in den Tanks „aufgeladen“ werden, die für die Aufrechterhaltung der Archen zuständig sind und ihr Leben somit zu einem großen Teil außerhalb ihres Tanks verbringen? Auch wenn ich das Buch insgesamt sehr gelungen finde, gab es ein paar Aspekte, die mich nicht überzeugt haben. Dazu gehört zum einen die Liebesgeschichte zwischen Kaja und Liam, auf die ich gerne hätte verzichten können. Zum anderen hat mich die Naivität der Protagonistin, wenn es um ihre beste Freundin ging, mehr genervt als dass dadurch Spannung erzeugt wurde, was wahrscheinlich das eigentliche Ziel war. Wo die Beschreibung der scheinbar heilen, doch potentiell bedrohlichen Welt atmosphärisch dicht und wirklich gelungen ist, springt bei der Beschreibung der zwischenmenschlichen Beziehungen nicht immer der Funke über, sie bleibt teilweise an der Oberfläche und wirkt dadurch manchmal merkwürdig blutleer. Das Ende schließlich war als Cliffhänger gestaltet, hier fehlte mir einfach der Abschluss mit ein klein wenig mehr Information zur aktuellen Lage. Die letzten Sätze mögen zwar sehr kritisch klingen, doch ich muss sagen: Ich habe das Buch vor mehreren Wochen gelesen, habe es in sehr positiver Erinnerung und würde es auf jeden Fall weiterempfehlen.

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