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Rezension zu
Die nicht sterben

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Die nicht sterben

Von: Manuela Hahn
09.04.2021

Eine junge Bukarester Malerin kehrt nach ihrem Kunststudium in Paris in den Ferienort ihrer Kindheit an der Grenze zu Transsilvanien zurück. In der Kleinstadt B. hat sie bei ihrer großbürgerlichen Großtante unter Kronleuchtern und auf Perserteppichen die Sommerferien verbracht. Eine Insel, auf der die kommunistische Diktatur etwas war, das man verlachen konnte. „Uns kann niemand brechen“, pflegte ihre Großtante zu sagen. Inzwischen ist der Kommunismus Vergangenheit und B. hat seine besten Zeiten hinter sich. Für die Künstlerin ist es eine Rückkehr in eine fremd gewordene Welt, mit der sie nur noch wenige enge Freundschaften und die Fäden ihrer Familiengeschichte verbinden. Als auf dem Grab Vlad des Pfählers, als Dracula bekannt, eine geschändete Leiche gefunden wird, begreift sie, dass die Vergangenheit den Ort noch nicht losgelassen hat – und der Leitspruch ihrer Großtante zugleich der Draculas ist. Die Geschichte des grausamen Fürsten will sie erzählen. Am Anfang befürchtet sie, dass sie die Reihenfolge der Geschehnisse verwechseln könnte. Dann wird ihr klar: Jede Reihenfolge ergibt einen Sinn. Weil es in der Geschichte nicht um Ursache oder Wirkung geht, sondern nur um eines: Schicksal. Inzwischen aber ist es für jede Flucht zu spät. Dana Grigorcea zeichnet ein atemberaubend atmosphärisches Porträt der postkommunistischen Gesellschaft, die bis heute in einem Zwischenreich gefangen scheint. Ohne Vorwarnung führt sie ihre Leserinnen und Leser ins Herz eines Schreckens, wie ihn nur die eigene Vorstellungskraft erzeugen kann - oder der gestrenge Fürst Dracula. Eine Geschichte, für die man vielleicht mehr Hintergrundwissen über die Geschichte Rumäniens benötigt als ich es habe. Rumänien ist eines dieser Länder über das ich außer ein paar Eckdaten nichts weiß und natürlich das Dracula dort sein Unwesen getrieben haben soll. Dracula eigentlich Vlad III war ein rumänischer Fürst, der für seine Grausamkeit bekannt und gefürchtet war, da kann man schon Parallelen zum rumänischen Diktator Nicolae Ceaușescu der bis 1989 das Land regierte. Die junge Malerin, die die Sommer in dem kleinen Örtchen B. verbringt erlebt das Sterben dieses Ortes hautnah mit, mit jedem Sommer scheint der Ort noch verlassener als zuvor, die Jungen wandern aus um im Ausland ihr Auskommen und ihr Glück zu finden und kehren immer seltener in die Heimat zurück. Zurück bleiben die Alten und einige wenige Profiteure. Die Aufbruchstimmung nach dem Fall Ceausescus ist lange dahin, nicht aber Vetternwirtschaft und Korruption, Misswirtschaft und Raubbau an der Natur. In Die nicht sterben, öffnet Dana Grigorcea dem Leser den Blick auf eine Gesellschaft, die gefangen ist zwischen Aufbruch in die Zukunft und einer nicht verarbeiteten Vergangenheit. Der Geschichte zu folgen ist nicht immer einfach, die Autorin selbst sagt, dass sie die Reihenfolge der Geschehnisse verwechselt haben könnte, diese Aussage trifft auch die Ich-Erzählerin im Buch, man weiß also nie in welcher Zeit man sich als Leser gerade befindet. Am Ende zählt das aber nicht, am Ende hat man eine großartige Geschichte, die dazu animiert sich näher mit der Geschichte Rumäniens zu befassen und man muss gewillt sein, Zusammenhänge zu sehen, wo auf den ersten Blick keine zu erkennen sind. Man darf keinen Horrorschmöker erwarten, auch wenn die Fantasyelemente im Buch einen recht großen Raum einnehmen. Bei Die nicht sterben, handelt es sich eher um einen gesellschaftskritischen Roman mit großem Unterhaltungswert.

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