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Rezension zu
Das Kind der Wellen

Die Meerjungfrau holt sich ein Kind - ein Ort, zwei Schicksale, 100 Jahre Distanz

Von: Sympathie-Dixer
13.10.2020

Zwei Frauen befinden sich an der Nordsee im emotionalen Ausnahmezustand, weil sie ein Kind verlieren. Die Umstände sind jeweils unterschiedlich und zwischen beiden Ereignissen liegen 100 Jahre: 1920 wird die aus einer wohlhabenden Mainzer Kaufmannsfamilie stammende 17jährige Vicky ungewollt schwanger und fürchtet, dass man ihr das Kind nach der Geburt wegnimmt, um den Fehltritt zu vertuschen. Lisas dreijährige Tochter ist 2019 ertrunken, was ihre Mutter in Schockstarre und Verzweiflung allein zurücklässt. Und doch sind beide Schicksale in ihrem Bemühen um Selbstbestimmung, ihrer Suche nach einem Weg aus der Passivität, ihrem Ringen mit dem Verlust und ihrer Hoffnung auf Liebe durch denselben Ort, einige Zeichnungen und ein Märchen von einer Meerjungfrau miteinander verknüpft. Rebecca Martin gelingt es gekonnt, diese beiden Geschichten ineinander zu verweben. Lisa bemüht sich ausgehend von den gefundenen Zeichnungen, die Geschichte um Vicky nach und nach aufzudecken. Als Leser erfährt man deutlich mehr Details und Zusammenhänge über die frühere Zeitebene als sich innerhalb der später angesiedelten Handlung rekonstruieren lassen, was die Spannung deutlich erhöht. Schließlich wachsen sich die Ereignisse 1920 gar zu einer richtigen Intrigen- und Krimihandlung aus, bei der die Befindlichkeiten und emotionalen Verletzungen einer Nebenfigur zum entscheidenden Faktor werden. Insbesondere die Figurenschilderung hat mir gut gefallen. Alle handelnden Personen haben von der Erzählerin ihre eigene Vorgeschichte und ihre Eigenheiten mitgegeben bekommen, die ihr Handeln psychologisch und emotional komplett nachvollziehbar machen. Die Details zur historischen Situation in Mainz nach dem ersten Weltkrieg wirken gut recherchiert und waren für mich besonders interessant und informativ. Auch das Leben an der Nordsee, die sozialen Umstände und die Mentalitäten sind für beide Zeitebenen schön getroffen. Sehr gut gefallen hat mir, dass man als Leser über das weitere Schicksal der Personen aus der historischen Ebene mehr erfährt als sich Lisa im Rahmen der Handlung erschließt. Die zentrale Liebesgeschichte um Lisa war mir selbst dadurch gar nicht mehr so bedeutsam, mag aber für andere Leser*innen durchaus wichtig und angenehm sein. Lediglich am Ende hatte ich den Eindruck, die Erkenntnis über die Zusammenhänge der Vergangenheit erschließen sich Lisa, Jonas und Frau Peters, die gemeinsame Nachforschungen angestellt haben, zu plötzlich und leicht, dagegen verpufft die Reaktion darauf ein wenig. Aber das ist ein minimaler Kritikpunkt. Freunde von emotionalen Frauenschicksalen, Liebesgeschichten und historischen Verschränkungen werden dieses Buch genauso gerne lesen wie Nordsee-Liebhaber. Ich vergebe dafür vier Sterne.

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