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Rezension zu
Das Vergessen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Tartan Noir: Das Vergessen - Denise Mina

Von: Dunkles Schaf
30.04.2015

Denise Mina wird oft in das Genre „Tartan Noir“ eingeordnet und nachdem ich nun „Das Vergessen“ gelesen habe und mich ein wenig informiert habe, passt das wunderbar, auch wenn die Subgenre Defintionen mitunter etwas schwierig sind. Wer hier einen sympathischen Ermittler und verträumte Gassen in Edinburgh sucht, ist hier falsch. Bei Denise Mina geht es ans Eingemachte. An dem Abend als Prinzessin Diana in den Tod rast, begeht die 14jährige Rose zwei schwere Verbrechen in Edinburgh. Jahre später nimmt Alex Morrow an der Gerichtsverhandlung gegen Michael Brown teil. Doch dann tauchen an einem neuen Tatort die Fingerabdrücke von Brown auf – wie kann das sein, wo er doch im Gefängnis sitzt? Morrow beginnt mit den Ermittlungen und stößt in ein Wespennest aus Korruption – damals wie heute. Es fällt einem nicht leicht Alex Morrow zu mögen. Ja, sie ist eine ganz normale Frau, mit Ehemann und Kindern. Sie steht bei der Polizei schon auf der Abschussliste und deshalb ist es ihr auch egal, wem sie mit ihren Ermittlungen auf den Schlips tritt. Sie stochert und stochert, bis die Wespen aus dem Nest fliegen und trotzdem gibt sie nicht auf. Aber sie ist jetzt nicht unbedingt eine Ermittlerin, die man gern hat. Und doch hat sie was. Sie ist einfach stur, hartnäckig, bodenständig und aufgeben geht mal gar nicht. Sie ist sarkastisch, ist bockig und liebäugelt mit einer Affäre. Und somit eine Heldin, wie ich sie gerne mag. Ich muss gar nicht mit meinen Heldinnen warm werden, ich muss ihnen folgen können. Dabei müssen diese gar nicht immer ehrlich oder fair sein, aber gerecht und zielstrebig. Eine Heldin, der man einfach folgt, weil es richtig ist. Und dabei geht es Denise Mina gar nicht um ihre Heldin Alex Morrow. Ich habe gelesen, dass “Das Vergessen” zwar zu einer Serie gehört, aber Morrow gar nicht dafür angelegt war. Mina wollte keine Serienheldin, der man aus Sympathie die Treue hält. Ihr geht es um das Verbrechen. Das wollte sie darstellen. Und das ist ihr gelungen. Thomas Wörtche nennt das den „mangelnde[n] Kuschelfaktor“, wobei er das keineswegs negativ meint, sondern daran feststellt, dass dies Minas Bekanntheit hierzulande schmälert. Mina verbindet einen Abend in den Neunzigern mit der heutigen Zeit und baut ein Konstrukt auf, dass Edinburgh als faulen Apfel schlechthin zeigt. Korruption und Klüngelei bis ins feinste Ende. Dieses Edinburgh hat so gar nichts mit meinem touristisch erlebten Edinburgh gemein, oder mit z. B. Mara Laues Edinburgh in „Singleton Soul“. Die Stadt mag oberflächlich und stellenweise noch einigermaßen aufrecht und sauber wirken, doch in ihren Tiefen tun sich Abgründe auf. Die Verwicklungen ziehen sich weit, so weit, dass sogar ein angesehener, rechtschaffener Anwalt so viel Dreck am Stecken hat, dass sein „Erbe“ nach seinem Tod schmutzig ist oder die eigenen Reihen der Polizei so einiges wegstecken müssen. Nun darf man aber nicht denken, dass Alex Morrow die strahlende Ritterin in weißer Rüstung ist. Keinesfalls. Mina zaubert Grautöne aus einer schier unglaublich großen Farbpalette. Hier ist keiner weiß oder schwarz, hier ist alles grau. Angefangen von der Stadt über die Verbrecher bis hin zur Polizei. So zeichnet Mina einen vielschichten Kriminalfall mitten hinein in eine Sozialstudie. Roses Tat, die jahrelang unentdeckt, bzw. dem Falschen angelastet wurde, spielt in die Verhandlung und deckt nach und nach die dunklen Machenschaften eines weiten Netzes auf. Der Fall wird aber nicht nur aus Morrows Sicht beleuchtet, sondern von vielen Seiten aus, zu einem Teil auch durch Rückblenden ins Jahr 1997. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass einige Leute Probleme mit Denise Minas Stil haben. Ich fand es beeindruckend und Frau Mina hat einen Fan mehr gewonnen. Fazit: Eine Anti-Heldin im Edinburgher Sumpf aus Korruption und Habgier reißt einen alten Fall ins Hier und Jetzt und löst ihn auf ihre Art – mit allen Konsequenzen. Tartan Noir at its best.

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