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Rezension zu
Der Tag X

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein Stück Deutscher Vergangenheit

Von: Frau Goethe
23.03.2017

Nelly musste die Deportation ihres Vaters miterleben. Er wurde 1946 als deutscher Wissenschaftler in die Sowjetunion gebracht. Seitdem ist das Mädchen unangepasster als es dem DDR-Regime wünschenswert scheint. Sie engagiert sich in der kirchlichen Jugendorganisation und lernt dort Wolf kennen. Sie hat aber auch Kontakt zu dem Spion Ilja. Beide Männer setzen viel aufs Spiel, damit Nelly Informationen über ihren Vater bekommt. Mit Tag X ist der Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 gemeint, dessen Geschichte Titus Müller in seinem aktuellen Roman beschreibt. Er platziert seine Figuren glaubhaft in die historisch belegte Geschichte und lässt sogar einige reale Persönlichkeiten zu Wort kommen. Die Mischung gelingt ihm wie schon in den anderen Romanen hervorragend. Es wird deutlich, dass im Ostsektor die Menschen noch litten, während im Westen bereits der Wirtschaftsaufschwung begann. Politik, Wirtschaftslage und der Idealismus der Parteifunktionäre werden ebenso nachvollziehbar geschildert. Es werden Beweggründe und Ziele in einem Licht dargestellt, sodass sie wertfrei die Handlung der fiktiven Figuren beeinflussen. Zum einen begleitet der Leser Nelly auf ihrem Lebensweg und zum anderen lernt man Lotte in Halle kennen. In Halle werden durch sie die Zustände im Gefängnis offenbart, mit denen die Aufständischen agieren mussten. Der Aufstand wurde zurecht zum Gedenktag erklärt. Alle Fäden laufen an jenem Tag zusammen und aus der bunten Mischung an Charakteren ergibt sich ein Bild, das mich fassungslos zurückließ. Anfangs wird lediglich die aufkeimende Wut angesprochen, die durch die ständige Überwachung der Bevölkerung und der anschließenden Repressalien ihre Wurzeln hatte. Langsam steigert sich diese Unzufriedenheit und eskaliert in Demonstrationen und Protesten in der gesamten DDR. Der Roman hält sich exakt an den historischen Verlauf, was natürlich keine überraschenden Wendungen zulässt. Spannung kommt dennoch auf, da hier viel verarbeitet wird, was der Bevölkerung im Westen, also dem Klassenfeind der DDR, nicht so deutlich bekannt war. Der Roman wird vermutlich jeden interessieren, der mehr über die Deutsche Geschichte zwischen Ost und West wissen möchte. Er regt an zu hinterfragen, auch wenn die Ereignisse längst der Vergangenheit angehören und auch die Mauer nur 28 Jahre bestand. Zudem ist er berührend und weckt Empathie für die Figuren. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

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