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Rezension zu
Die Seideninsel

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Herzerweichend, Erschreckend, Emotional, Ungerecht.

Von: Bücherfüllhorn
05.12.2016

Es war mein erstes Buch von Kelli Estes und fiel mir vor allem durch das blumige Cover auf. Im Buch ist auf den letzten Seiten ein Interview mit der Autorin abgedruckt, in dem erwähnt wird, dass dies ihre Erstveröffentlichung ist. Gleich als ich die Überschrift für den Prolog las, dachte ich, was für ein Zufall! Wieder mal ein Buch, dass in der Nähe von Seattle im Washington State/USA spielt, wie zum Beispiel die „Friday-Harbour-Reihe von Lisa Kleypas auf den San Juan Inseln, die „Bakery Sisters“ von Susan Mallery in Seattle selber, und Twilight/Biss in Forks ebenfalls in der Umgebung von Seattle. Und jetzt „Die Seideninsel“ auf Orca Island. Das konnte nur schön werden. Die Geschichte wird abwechselnd auf zwei Zeitebenen und aus zwei Perspektiven erzählt: von der Chinesin Mei Lien um das Jahr 1886 und in der heutigen Zeit von Inara, einer Amerikanerin die ein Seattle wohnt. Mit Mei Lien beginnt die Geschichte sehr dramatisch. Sie wird scheinbar von ihrem Vater im Puget Sound/Washington State vom Schiff ins offene Meer geschubst. Was dann folgt ist eine traurige, aber auch mutige Odyssee. Sie trifft die Liebe ihres Lebens und gegen jeden Wiederstand heiraten sie in einer Zeit, in der gemischten Ehen nicht gesellschaftsfähig sind. Im Jahr 1882 wird der sogenannte „Chinese Exclusion Act” erlassen, nachdem alle Chinesen sofort das Land zu verlassen haben. Sie werden wie Tiere fortgejagt, verfolgt, und die, die bleiben müssen ständig Repressalien fürchten. In so einer Zeit ist ein Mann wie Joseph Gold wert, der sich um keine Konventionen kümmert und tut, was er für richtig hält. Selbst als ihn seine Familie in keinster Weise unterstützt. Er war fast zu gut um wahr zu sein, und ich dachte leider manchmal, dass er auch etwas naiv und oberflächlich dargestellt war und hier eine tiefere Charakterisierung sehr schön gewesen wäre. Das Leben von Mei Lien hat mich sehr berührt, so sehr, dass mir ein paar Mal die Tränen kamen.. Im Interview am Ende des Buches erwähnt die Autorin, Zitat Seite 472: „Ich habe ihren Schmerz deutlich empfunden. Es mag töricht klingen, dass eine Autorin so intensiv auf das reagiert, was sie selbst geschrieben hat, aber beim Lesen dieser Szene habe ich heute noch einen Kloß im Hals.“ Diese Ungerechtigkeiten die das Leben bereit hält. Auch das war für mich während des Lesens manchmal schwer auszuhalten. Insgesamt waren Mei Lien und Joseph meine Lieblingsprotagonisten in diesem Buch. Der zweite Erzählstrang handelt von Inara. Sie hat zwei Geschwister, der Vater leitet eine angesehene Schifffahrtslinie und die Mutter starb vor Jahren bei einem Autounfall, an dem sich Inara die Schuld gibt. Ihr Weg ist eigentlich vorgeschrieben, sie hat BWL studiert und ihr Vater möchte sie in leitender Position bei Starbucks unterbringen. Dies ist bis zu dem Zeitpunkt in Ordnung, als sie von ihrer Tante ein Haus auf Orcas Islands erbt. Plötzlich fügt sich alles an den richtigen Platz, Inara hat ihre „Bestimmung“ gefunden: Sie möchte das wunderschöne Herrenhaus zu einem Hotel ausbauen. Dies geht natürlich nicht ohne Streitigkeiten mit ihrem Vater, aber das alles wird fast nebensächlich, als sie während der Renovierung einen sehr kunstvoll bestickten seidenen Ärmel findet. Sie ist fasziniert von diesem „Schatz“ und bittet einen Professor an ihrer Uni um Hilfe. Nun nimmt die Geschichte „fahrt auf“, denn was sie letztendlich herausfinden, wird beide Familien in ihren Grundfesten erschüttern. Die Perspektive von Inara hat mir weniger gut gefallen. Sie trifft oft schnelle Entscheidungen, ohne dass ich es nachvollziehen konnte. Auch passiert in den Ereignissen in der Gegenwart vieles doch irgendwie konstruiert, so z.B. als der Bauunternehmer praktisch nebenan wohnt, dass es einen Kunstexperten an ihrer Uni gibt, dass sie sich gleich in Daniel Chin verliebt, dass sie gleich das Geld für einen kostspieligen Umbau erhält und dann ebenso so plötzlich mal für zwei Stunden ausgebremst wird, weil ihr Vater „rosa Toiletten“ bestellt, um sie zu sabotieren, usw. Also, da passte vieles einfach zu gut und wirkte dadurch weniger glaubwürdig. Am Schluss die moralische Frage: Alles unter den „Teppich“ kehren oder damit an die Öffentlichkeit gehen und überspitzt gesagt, die Familienfirma ruinieren? Fazit: Ein wundervolles Buch! Einmal angefangen, musste ich es in einem Rutsch durchlesen! Das maritime Setting rund um Seattle, die Orcas Islands und den Puget Sound damals und heute ist sehr gelungen. Eine Geschichte in der wir Leser eine große Ungerechtigkeit aushalten müssen, in der wir traurig aber auch am Ende wieder teilweise versöhnt sind. Aus den Jahren um 1886 berichtet die Chinesin Mei Lien, ich war manchmal zu Tränen gerührt. Etwas fern blieb mir Inara, die in der Gegenwart lebt und endlich ihre Bestimmung findet. Sie hat mich eigentlich wenig angerührt, sie kam mir manchmal etwas verwöhnt und privilegiert vor. Beide Frauen erleben die Liebe ihres Lebens, ob es für beide ein gutes Ende gibt, möchte ich nicht verraten. Interessant war für mich auch der „Chinese Exclusion Act”, ich hatte vorher noch nie davon gehört. Es erinnerte mich an andere Nationen, in denen ähnliches mit Minderheiten geschah. Ebenfalls faszinierend war dieser bestickte Seidenärmel, der mit Chinesischen Symbolen versehen war. Alles in allem: Herzerweichend, Erschreckend, Emotional, Ungerecht. Aber mit einem halbwegs versöhnlichem Ende.

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