Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Das Haus der verschwundenen Kinder

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Sehr skurril und überraschend!

Von: Aleshanee von Weltenwanderer
29.03.2015

Belleville - in diesem kleinen Städtchen ist der Name Programm. Die Menschen sind darauf bedacht, alles perfekt und ordentlich zu machen, alles, was außer der Norm läuft, ist verpönt. Selbst die Kinder streben dem Vorbild ihrer Eltern nach, so auch die 12jährige Victoria, für die Ehrgeiz und Ideale an erster Stelle stehen. Freunde hat sie dadurch keine - bis auf den gleichaltrigen Lawrence Prewitt, der eigentlich so gar nicht zu ihrem Weltbild passt. Er ist verträumt, schludrig und sein Herz hängt nicht an guten Noten, sondern an der Musik, in der er sich regelrecht verlieren kann. Seine Freundschaft sieht Victoria allerdings eher als Projekt, als Herausforderung, ihn auf den rechten Weg zu bringen. Doch eines Tages ist er verschwunden und an die Ausreden seiner Eltern, dass Lawrence bei seinen Großeltern ist, glaubt Victoria keine Sekunde. Keiner scheint zu wissen, wo er ist und ihr fällt auf, dass auch andere Kinder plötzlich nicht mehr da sind. Die Erwachsenen verhalten sich immer seltsamer und die Spur führt Victoria zu dem düsteren Anwesen des Kinderheims von Mrs Cavendish. Victoria muss mehr als einmal über ihren Schatten springen, um das Geheimnis aufzudecken, das ihr kleines Städtchen schon seit Generationen fest im Griff hat. Meine Meinung Das Cover hat mich hier schon irgendwie magisch angezogen, obwohl ich so überzeichnete Figruen nicht so gerne mag. Aber es passt auf jeden Fall perfekt zur Geschichte. Diese wird aus der Sicht der jungen Victoria erzählt und ist vom Stil her sehr schön zu lesen, ohne dass man merkt, dass es eher ein Kinderbuch ist. Die Autorin transportiert eine sehr dichte Atmosphäre mit einer leicht gruseligen Stimmung, die sich durch die ganze Handlung zieht. Victoria ist auf den ersten Blick ein eher unsympathisches Mädchen. Sie ist ehrzeigig, lügt nie, hat keine Geheimnisse und will immer und überall die Beste sein. Eine Note 2 wäre für sie eine Katastrophe, denn sie möchte es allen recht machen und setzt hohe Maßstäbe an sich selbst - wie auch an andere. Aber sie liebt auch die Herausforderung und setzt gerne ihren Willen durch. Ihr Freund hingegen, ihr "Projekt" Lawrence, ist das genaue Gegenteil. Ihn stört es nicht, wenn mal der Hemdzipfel aus der Hose hängt, wenn die Noten nicht ganz so erstklassig sind oder was andere über ihn denken. Als er verschwindet kreisen Victorias Gedanken nicht als erstes darum, vielleicht einen Freund zu verlieren, sondern diesen ungewohnten und ungemütlichen Zustand zu bereinigen, den sie in ihr kleines, perfektes System nicht einordnen kann. Sie macht dabei eine große Wandlung durch, wobei ihr auch gerade ihre innere Stärke hilft, die Gefühle außer Acht zu lassen und mit Mut und Verstand ihren Plan durchzusetzen - denn ein Versagen kommt für das Mädchen überhaupt nicht in Frage. Ihre Neugier treibt sie weiter und schließlich entdeckt sie, dass eine perfekte Welt ohne Makel keine "wirkliche" Welt sein kann. Ungeachtet ihres radikalen Charakters habe ich sie ins Herz geschlossen, denn trotz ihrem Perfektionismus, ihres Siegeswillen und Ordnungsticks kann sie aus ihren Eigenschaften das positive ziehen und wie alle anderen Menschen auch möchte sie im Grunde ihres Herzens auch nur gesehen, akzeptiert und angenommen werden, so, wie sie ist. Das ganze hat mich vor allem gegen Ende ein bisschen an Coraline von Neil Gaiman erinnert, denn die ganze Handlung durchzieht eine etwas skurrile, makabere Stimmung, von der ich mich leicht gefangen nehmen lassen konnte. Was mir als Thema bei Coraline oft nicht greifbar rübergebracht wurde, konnte Claire Legrand sehr zielgerichtet und ungeschminkt vor Augen führen. Die Gesellschaft in dieser Geschichte ist hier sehr ignorant, jeder ist so auf sich selbst und seinen kleinen Horizont beschränkt, dass das Schicksal Einzelner vollkommen nebensächlich und unrelevant ist. Die Botschaft, dass jeder so bleiben soll, wie er ist, mit all seinen Stärken und Schwächen, seinen Fehlern und seiner Individualität kommt hier sehr gut an. Gerade in der heutigen Zeit, wo es heißt, dass jeder so frei ist wie nie zuvor, wird man so vielen Dogmen ausgesetzt (gerade auch die Kinder), dass die wirklich wichtigen Werte dabei oft vergessen werden. In der Mitte des Buches wurde die Handlung kurzzeitig etwas gestreckt, was die Spannung am Ende aber wieder gut aufgefangen hat. Als richtig gruselig hab ich es jetzt nicht empfunden, aber für ein Kind könnte es schon unheimlich sein. Vor allem manch grausame Strafen und Lieblosigkeit der Eltern sind sehr prägnant und es wird zum Schluss auch ziemlich abgefahren. Im Vordergrund stehen immer wichtige Eigenschaften wie Mut, Selbstvertrauen und Freundschaft. Die Schwarzweiß Zeichnungen im Buch haben mir persönlich jetzt nicht so gut gefallen und erinnern in ihrem Stil an Kinderbücher von früher. Witzig fand ich die kleinen Käfer, die überall auf den Seiten verteilt auftauchen und eine wichtige Rolle spielen. Fazit Ein sehr skurriles, phantastisches Abenteuer mit einem leichten Gruselfaktor. Wichtige Werte werden vermittelt, in der heutigen genormten Gesellschaft nicht unterzugehen und die Individualität jedes Menschen zu akzeptieren.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.