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SPECIAL zu Phil Stutz, Barry Michels »The Tools«

Was ist ein Tool?

Von Phil Stutz

Phil Stutz
© Ashley Abubakar
In der traditionellen Psychotherapie sprechen wir von „Einsichten“ oder „Kausalität“: Wir glauben, wenn es uns nur gelingt, die tiefsitzenden Ursachen eines Problems zu finden, würden wir uns auch automatisch ändern. Das heißt, Bewusstsein allein könnte die Kraft erzeugen, die zur Veränderung nötig ist. Doch eine wirkliche Veränderung, wie sie Menschen, die in Therapie kommen, ersehnen, verlangt nicht nur eine Veränderung der Einstellung, sondern auch des Verhaltens.

Dafür braucht es eine deutlich stärkere Kraft. Ein Tool ist eine Technik oder Methode, um die Energie zu erzeugen, die für eine solche Veränderungsarbeit erforderlich ist. Diese Arbeit findet im Hier und Jetzt statt. Mit einem Tool arbeiten wir in der Gegenwart.

Traditionelle Psychotherapie ist häufig auf die Vergangenheit ausgerichtet. Sie bringt die in der Kindheit verborgene Geschichte eines Menschen ans Licht und deutet sie, um ihr damit ihre unbewusste Macht zu nehmen. Ich habe größten Respekt vor der Vergangenheit – Erinnerungen, Gefühle, Einsichten können sehr wertvoll sein. Aber viele Menschen brauchen hier und jetzt Hilfe und keine Einsicht der Welt ist so machtvoll, sie ihnen zu geben.

Um unser Handeln unter Kontrolle zu haben, brauchen wir etwas anderes: eine ganz bestimmte Methode, um ein ganz bestimmtes Problem zu lösen. Wir brauchen ein Tool.

An dieser Stelle kann man einwenden: Ist das nicht oberflächlich? Natürlich können Tools einem Menschen helfen, sein Verhalten zu ändern. Aber wenn die zu Grunde liegenden Ursachen nicht geklärt sind, wird der- oder diejenige früher oder später zwangsläufig in sein (selbst)zerstörerisches Verhalten zurückfallen.

Diesem Einwand kann man mit zwei Argumenten begegnen. Das erste betrifft ein Missverständnis über die Art und Weise, wie Menschen sich ändern. Die Einsicht in die „Ursache“ eines Problems ist nicht der Anlass zur Veränderung, sondern die Folge davon. Gruppen wie die Anonymen Alkoholiker arbeiten genau damit. Sie treffen sich nicht, um herumzusitzen und bei Bier oder Wodka Martini darüber zu diskutieren, warum sie trinken. Sie gehen zu den Treffen, um mit dem Trinken aufzuhören, Tag für Tag. Erst dann können sie sich mit den Ursachen ihrer Sucht beschäftigen.

Das zweite Argument führt zur ursprünglichen Frage zurück: Was ist ein Tool? Unter Psychotherapeuten gibt es eine gewisse Voreingenommenheit, dass alles, was aktiv ist und mit dem Willen zu tun hat, oberflächlich sei; als fänden tiefe menschliche Erfahrungen nur im eigenen Kopf statt. Das Gegenteil davon ist wahr; die tiefsten menschlichen Erfahrungen erleben wir, wenn wir mit der Welt außerhalb von uns zu tun haben. Wir müssen also über das Denken hinausgehen und anfangen zu handeln – und genau das macht ein Tool möglich.