Wenn die Vergangenheit lange Schatten wirft
Von:
Emmi
23.10.2018
Inhalt
Paris, 1989. Obwohl die meisten Nephilim Alicante als die schönste Stadt der Welt bezeichnen, hat Céline Montclaire dazu eine ganz andere Meinung. Ihre Lieblingsstadt ist Paris. Dort fand sie Zuflucht und gute Erinnerungen. Jetzt ist sie zurückgekehrt in die Stadt der Liebe mit dem Menschen, den sie am meisten liebt. Blöd nur, dass Stephen Herondale ihre Liebe nicht erwidert und sie außerdem auf einer Mission für den Kreis sind.
Auf dem Schattenmarkt trifft sie auf Jem Carstairs, der nach einem ganz bestimmten Erbstück der Familie seines Parabateis sucht: Einen Anhänger in der Gestalt eines Reiherts. Doch Jem hofft nicht nur diesen Anhänger zu finden, sondern auch Tobias verschollenen Nachfahren.
Meine Meinung
Diese Geschichte liefert sehr viele spannenden Hintergrund-Informationen zu Chroniken der Unterwelt. Sie zeigt den Aufstieg des Kreises aus neuen Perspektiven und auch die Geschichte zwischen Claire und Stephen bekommt sehr viel Raum.
Claire trägt sehr viel Schmerz mit sich herum. Er ist das einzige, dass sie glaubt kontrollieren zu können. Sie leidet darunter, dass alle sie für naiv und schwach halten und sehnt sich nach Anerkennung und Bestätigung. Sie ist so hungrig danach, dass sie alles dafür tun würde. Als sie auf Jem trifft, gesteht sie ihm, dass es eine Zeit gab, in der sie ebenfalls ein Bruder der Stille sein wollte, damit sie nichts mehr fühlen könnte. Doch sie ist eine Frau und kann deswegen den Brüdern nicht beitreten.
Jem dagegen wünscht sich genau das Gegenteil. Er sehnt sich danach ein Mensch zu sein und Gefühle zu haben. Seine Erinnerungen an sein Leben vor der Bruderschaft verblassen immer mehr, er fühlt sich stumpf und er hat Angst sich selbst zu verlieren. Seine Suche nach dem verschollenen Herondale ist fast schon obsessiv. Er versucht mit aller Kraft an dem festzuhalten, was er am meisten liebt: Will und Tessa.
Diese Geschichte ist unglaublich feinfühlig und liebevoll erzählt. Jem stößt langsam an seine Grenzen. Er versucht verzweifelt, an seinen menschlichen Gefühlen festzuhalten. Auch Tessa klammert sich an die Vorstellung, dass sie eines Tages einen Weg finden werden „richtig“ zusammen zu sein. Leider ist Jem so sehr mit sich selbst und seiner Suche nach dem verschollenen Herondale beschäftigt, dass er sich nicht um Claire kümmert. Ich frage mich, was wohl passiert wäre, wenn er sich ihrer angenommen hätte und sie ihm ihr Herz ausgeschüttet hätte.
Leser von Chroniken der Unterwelt wissen bereits, was passieren wird, was dem ganzen eine tragische Note verleiht. Trotzdem ist es faszinierend, über den jungen Valentin zu lesen, der Charme und Manipulation nutzt, um zu erreichen, was er will. Man sieht deutlich, wie er seine Fäden spinnt, so geduldig und unauffällig, dass kaum einer der Nephilim Zweifel an ihm bekommt.
Auch der Humor kam mal wieder nicht zu kurz. Anspielungen auf die Welt der Irdischen, auf surfende Hexenwesen und Tauben als „potentiell dämonische Kreaturen“ verleihen dem ganzen eine etwas leichtere Note.
Diese Geschichte ist bisher meine zweitliebste von den Geheimnissen des Schattenmarktes.