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Abdulrazak Gurnah

Die Abtrünnigen

Roman. Nobelpreis für Literatur 2021

(4)
eBook epub
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»Ein großes Werk.« NZZ – Einer der Höhepunkte im Romanwerk des Literaturnobelpreisträgers endlich wieder auf Deutsch!

Sansibar in den frühen 1950er-Jahren: Inmitten politischer Umwälzungen und Aufständen gegen die Kolonialherren wachsen die Geschwister Amin, Rashid und Farida auf. Amin, der Mittlere der Brüder, verliebt sich in Jamila, doch beider Leidenschaft zerbricht schon bald am Widerstand seiner Familie und Gerüchten um die Vergangenheit der jungen Frau. Es heißt, ein Fluch liege auf ihrer Verwandtschaft. Im Strudel der Revolution trennen sich die Lebenswege der Geschwister. Rashid beginnt ein Studium in London, das Schicksal von Amin und Jamila lässt ihn aber selbst in der Ferne nicht los. Er begibt sich auf eine Spurensuche, die ihn tief in die afrikanische Kolonialgeschichte führt – und bis zum Geheimnis um Jamilas Familie. Deren Großmutter hatte für eine verbotene Liebe zu einem britischen Orientalisten einst alles riskiert... »Die Abtrünnigen« zeigt Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah erneut als großartigen, politisch hellsichtigen Erzähler von Geschichten, wie wir sie noch nie zuvor gelesen haben.

»Ein Drei-Generationen-Roman, der ostafrikanische Kolonialgeschichte erzählt und großartig schillernde Charakterporträts zeichnet.«

SWR 2, Katharina Borchardt (26. April 2023)

Aus dem Englischen von Stefanie Schaffer-de Vries
Originaltitel: Desertion
Originalverlag: Bloomsbury, London 2005
eBook epub (epub), ca. 400 Seiten (Printausgabe)
ISBN: 978-3-641-29443-4
Erschienen am  26. April 2023
Lieferstatus: Dieser Titel ist lieferbar.

Rezensionen

Liebes- und Migrationsgeschichte

Von: Literaturreich

30.06.2023

Es geht weiter mit der Neuveröffentlichung von älteren Werken des Literaturnobelpreisträgers von 2021 bei Penguin. Nachdem im letzten Jahr das aktuellste Buch von Abdulrazak Gurnah, Nachleben, im Original 2020 erschienen, veröffentlicht wurde, folgt nun ein Roman von 2006, Die Abtrünnigen. Wieder taucht der Autor tief in die Kolonialgeschichte Tansanias, Kenias und Sansibars ein und verwebt sie mit einer Liebesgeschichte und autobiografischen Elementen zu einem Roman über Familientradition, Kolonisation und Migration. Aufgeteilt ist der Text in drei große Teile auf drei verschiedenen Zeitebenen. Es beginnt 1899, zur Zeit des Sultanats Sansibar unter britischem Protektorat, als ein Mzungu, ein Weißer, völlig dehydriert und dem Tode nahe in einer kleinen ostafrikanischen Küstenstadt auftaucht. Der dortige Gebetsrufer, ein indischer Händler namens Hassanali, nimmt den Fremden bei sich auf, lässt ihn von Frau und Schwester pflegen, bis der weiße Plantagenbesitzer Frederick Turner ihn bei sich aufnimmt. Der britische Forschungsreisende Martin Pearce wurde von seinen einheimischen Trägern verprügelt und ausgeraubt und hat sich mit letzter Kraft ins Dorf geschleppt. Der dünkelhafte Rassismus von Turner und seinem Verwalter Burton sind ihm fremd. Für diese ist die Minderwertigkeit der Schwarzen Bevölkerung offensichtlich und deren Verschwinden und ihr „Ersatz“ durch weiße Siedler nur eine Frage der Zeit. Pearce hingegen ist seinen Rettern dankbar und kehrt in Hassanalis Haus zurück. Dort entspinnt sich eine Liebesgeschichte zwischen dem Briten und Hassanalis Schwester Rehana. Eine Liebe, die nicht sein darf und auch nicht geduldet wird. Die Beiden fliehen in die nahegelegene Stadt Mombasa und leben dort eine Zeitlang zusammen. Rehana wird schwanger, aber Pearce verlässt sie letztendlich, um in seine Heimat England und zu Frau und Familie zurückzukehren. Rehana ist fortan eine „gefallene Frau“. Es folgt ein „Gedankliches Zwischenspiel“, in dem der auktoriale Erzähler zugunsten des „Ichs“ eines Erzählers weicht, der über die Wahrscheinlichkeit und Ungewöhnlichkeit des Erzählten, das er aus Erinnerungen und Dokumenten zusammensetzt, nachdenkt. Angesichts der historischen Distanz zum Geschehen ein einleuchtendes Verfahren. Der zweite Teil des Romans ist vor allem der Liebesgeschichte zwischen Amin, Sohn eines fortschrittlichen Lehrerehepaars auf Sansibar, und Jamila, der Enkelin von Rehana, gewidmet. Erzähler der in den 1960er Jahren spielenden Episode ist Rashid, der jüngere Bruder von Amin. Da Jamila von der „gefallenen“ Rehana abstammt und ein recht unabhängiges Leben führt, ist sie für Amins Familie nicht tragbar. Sie verbietet, trotz aller vorgeblichen Fortschrittlichkeit, dass Amin seine Liebe wiedersieht. Dieser fügt sich widerwillig. Diesen Teil des Romans hätte Gurnah gern ein wenig kürzen können. Die Liebeswirren und Tändeleien Amins werden für meinen Geschmack doch sehr ausgewalzt. Teil drei ist Rashid gewidmet und man darf vermuten, dass sehr viel von Autor Abdulrazak Gurnah in dem jungen Bildungsaufsteiger steckt, der zur Zeit der scheiternden Liebe zwischen Amin und Jamila in Die Abtrünnigen und kurz vor der 1963 ausgerufenen Unabhängigkeit Sansibars zum Studium nach England geht. Auf jeden Fall entpuppt er sich als Autor von Teil eins und zwei. Während sein Heimatland revolutionäre Unruhen und Gewalt erfährt, bevor es 1964 im Staat Tansania aufgeht, erfährt Rashid an den englischen Universitäten Missachtung und Rassismus. Ihm gelingt allerdings der Bildungsaufstieg und er wird Hochschulprofessor. Abdulrazak Gurnah hat mit Die Abtrünnigen einen dichten Roman voller „abtrünniger“ Figuren geschaffen. Martin Pearce, Rehana, ihre Tochter und Enkelin Jamila haben für ihre Liebe und ihre Art zu leben mit den Traditionen und Konventionen der Gesellschaft gebrochen, mit unterschiedlich starken Konsequenzen. Und auch Rashid ist ein „Abtrünniger“. Er bewegt sich fern der Heimat und Familie in völlig anderen Bildungs- und Gesellschaftskreisen. Der Preis für alle ist die Trennung, von geliebten Menschen oder der Heimat. Ein Schicksal, das wohl auch der Autor erfahren hat. Die Abtrünnigen ist auch ein Roman über hybride Identitäten. Schwarze, Weiße, die Indische und Arabische Elite – in Ostafrika haben sie alle unterschiedlich erfolgreich zusammengelebt. Meist war und ist das Trennende aber so viel mächtiger als das Verbindende. „Indem wir uns damit einverstanden erklären, die Menschen in Weiße und Schwarze zu unterscheiden, erklären wir uns auch damit einverstanden, die Vielfalt der Möglichkeiten einzuschränken und die Verlogenheit zu akzeptieren, die Jahrhunderte hindurch den primitiven Hunger nach Macht und die pathologische Sucht nach Selbstbestätigung genährt haben – und es weiter tun werden.“

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Verbotene Liebschaften im postkolonialen Schatten

Von: artwordising Diana Wieser

12.06.2023

Abdulrazak Gurnah verleiht der Region Sansibar eine literarische Stimme. Wenig ist über die Insel im Osten Afrikas bekannt. Das Schicksal der Nation ähnelt denen vieler afrikanischer Länder. Sklavenhandel, Besetzung durch Kolonialmächte, Revolutionen, Putschversuche und Unruhen nach der Unabhängigkeit von England, Vielvölkergemisch aus Afrikanern, Arabern, Indern, Europäern. Ein Land, das seine Zeit benötigt, um zu sich selbst zu finden. Menschen, die dies ihr Leben lang nicht schaffen. Zerrrissen zwischen Tradition und Moderne, zwischen Selbstverwirklichung und Selbstaufgabe, zwischen Liebe und familiären Erwartungen. In diesem meisterlich geschriebenen Roman zeichnet der Autor die Geschichte des Landes anhand eines Familienschicksal von den 1890er bis 1960er Jahren nach. Im Mittelpunkt steht eine tragische, verbotene Liebe. Die literarische Stimme Sansibars Alles beginnt mit einem fremden Mzungu, so das Wort für Weißer auf Swahili. Dieser wird völlig entkräftet von dem Kaufmann Hassanali gefunden, als dieser auf dem Weg ist, die Moschee zum Morgengebet zu öffnen. Er nimmt ihn zu sich nach Hause und pflegt ihn, bis der Fremde namens Pearce von anderen Engländern aufgenommen wird. Als Pearce wieder genesen ist, bedankt er sich bei Hassanali und seiner Familie für seine Rettung. Dabei trifft er auch auf Hassanalis blutjunge Frau Malika und seine rebellische Schwester Rehana. Eine Begegnung, die nicht ohne Folgen bleibt… Diese Folgen bekommt vor allem Amin zu spüren, der 60 Jahre später auf Sansibar aufwächst. Während sein jüngerer Bruder Rashid als Träumer bekannt ist und die ältere Schwester Farida als „faul und dumm“ gilt, ruhen alle Hoffnungen der Familie auf dem vernünftigen, fleißigen Hoffnungsträger der Familie. Beide Eltern sind Lehrer, die Mutter hat sich ihr Recht auf Bildung hart erkämpft. Denn normalerweise werden Mädchen von der Schule genommen, sobald sie zu bluten beginnen, um sie zu „schützen“. Ausgerechnet Amin verliebt sich in schöne Jamila, die aus vielerlei Gründen für die Familie nicht in Frage kommt. Sie stammt zwar aus einer reichen Familie, ist aber von zweifelhafter Herkunft. Die Reichen scheinen über den Gesetzen des Korans zu stehen. Jamila ist geschieden, ihr werden Affären zugeschrieben und sie ist zudem älter als Amin. Amin muss sich entscheiden – und reibt sich bei seiner Entscheidung zwischen Gefühl und Verstand förmlich auf. Gefangen zwischen Tradition und Moderne Auch Amins Geschwister haben ihren eigenen Weg zu gehen und Schwierigkeiten, im Leben anzukommen. Rashid studiert in England und bleibt dort – obwohl er in den 1960er Jahren häufig rassistische Abwertung erfährt. Seine Eltern sind zwiegespalten. Einerseits sind sie stolz auf den erfolgreichen Sohn, welcher der der Armut des Heimatlandes entkommen ist. Eine Weiße soll er allerdings trotzdem nicht heiraten. Hilflos erfährt Rashid von Krankheiten in seiner Familie, die auf Sansibar nicht behandelt werden können, in England aber längst heilbar sind. Am Ende fließen die beiden Erzählstränge zusammen und Rashid glaubt, dass in einer Aufarbeitung der Familiengeschichte noch ein Funken Hoffnung für das Glück aller Beteiligten liegen könnte. „Es ist eine Geschichte darüber, dass eine Geschichte viele Geschichten enthält und dass sie nicht uns gehören, sondern Teil der zufälligen Strömungen unserer Zeit sind. Und es ist eine Geschichte darüber, wie wir uns in Geschichten hineinverstricken und für alle Zeiten darin gefangen sind.“ (S. 182) Nobelpreis für Literatur 2021 Die Stärke von Gurnahs Literatur liegt zum einen in seinem anschaulichen und mitreißenden Schreibstil. Er entführt uns in die geheimen Hinterhöfe, wo Frauen sie selbst ein dürfen und sich unbeschwerte Geschichten erzählen. Männer erzählen sich diese auf der anderen Seite des Hauses, in den Cafés und auf den Sitzbänken vor den Läden. Er führt uns die Enge der Gassen, die Hitze des Tages, den Zauber der Nächte vor Augen. Zum anderen besticht die Prosa des Autors durch ihre ausgewogene Erzählweise. Unabhängig von Hautfarbe und Religion, sind alle Seiten von Vorurteilen verblendet, was dauerhaftes Glück nahezu unmöglich macht. „Indem wir uns damit einverstanden erklären, die Menschen in Schwarze und Weiße zu unterscheiden, erklären wir uns auch damit einverstanden, die Vielfalt an Möglichkeiten einzuschränken und die Verlogenheiten zu akzeptieren, die Jahrhunderte hindurch den primitiven Hunger nach Macht und die pathologische Sucht nach Selbstbestätigung genährt haben…“ (S. 331) Abdulrazak Gurnah erhielt 2021 den Nobelpreis für Literatur. 1948 im Sultanat Sansibar geboren, lehrt er heute englische und postkoloniale Literatur an der Universität of Kent. Die Parallelen zu seiner eigenen Vita – der Plot ist aus Sicht des nach England ausgewanderten Rashid geschrieben – machen dieses Buch so nahbar und lebendig. Eine einfühlsame, bewegende Geschichte über ein Land, das eine literarische Stimme verdient hat.

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Vita

Abdulrazak Gurnah (geb. 1948 im Sultanat Sansibar) wurde 2021 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Er hat bislang zehn Romane veröffentlicht, darunter »Paradise« (1994; dt. »Das verlorene Paradies«; nominiert für den Booker Prize), »By the Sea« (2001; »Ferne Gestade«; nominiert für den Booker Prize und den Los Angeles Times Book Award), »Desertion« (2006; dt. »Die Abtrünnigen«; nominiert für den Commonwealth Writers' Prize) und »Afterlives« (2020; dt. »Nachleben«; nominiert für den Walter Scott Prize und den Orwell Prize for Fiction). Gurnah ist Professor emeritus für englische und postkoloniale Literatur an der University of Kent. Er lebt in Canterbury. Seine Werke erscheinen auf Deutsch im Penguin Verlag.

Zum Autor

Pressestimmen

»Es ist subtile Neugier auf Handlungskomplexität und Motivationsambivalenz, die vom Ethischen nicht abstrahiert und dennoch nicht sogleich moralisiert, die diesen Roman zum Augenöffner macht – und zum ästhetischen Vergnügen.«

Welt am Sonntag, Marko Martin (23. April 2023)

»Nichts ist hier einfach schwarz-weiß. Das lässt viel Raum für eigene Gedanken und Urteile«

HR Kultur, Dorothee Meyer-Kahrweg (02. May 2023)

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