Meine Meinung:
"Die Erleuchtete - Der Ruf des Bösen" von Aimée Agresti ist eine überraschend gute Fortsetzung, die viel mehr ist als eine bloße Überleitung zum Finale.
Obwohl es fast 4 Jahre her ist, dass ich "Das Dunkel der Seele" gelesen habe, fand ich mich relativ schnell in der Geschichte zurecht. Gelegentliche Hinweise auf die Ereignisse des 1. Bandes reichten aus, um die relevanten Fakten ins Gedächtnis zu rufen, sodass ich mich getrost auf das nächste Abenteuer einlassen konnte. Dank des angenehmen Schreibstils kam ich gut voran und trotz des einschneidenden Ortswechsel gelang es Agresti aufs Neue, diese kribbelnde Atmosphäre zu erschaffen, die man in Band 1 noch dem Hotel anlasten wollte. Generell gefiel mir New Orleans als Schauplatz unheimlich gut. Diese Stadt hat einfach Charakter und diesen konnte Agresti einfangen und vermitteln.
Neue Stadt, neue Teufel - so lautete wohl das Motto. Und das war ein ziemlich kluger Schachzug. Schon in "Das Dunkel der Seele" hat mir gerade der neue Ansatz, die neue Dynamik im Kampf von Himmel und Hölle so gut gefallen. Dieser frische Wind war auch dieses Mal spürbar und durch nochmalige neue Regeln gleich noch etwas aufgepeppt.
Außerdem hat es dafür gesorgt, dass sich jegliche Erwartungen in Luft aufgelöst haben. Ich habe schnell erkannt, dass ich nicht gleich durchschauen werde, wie diese zweite Engels-Prüfung ablaufen wird und so ließ ich mich entspannt treiben. Das spricht die Geschichte zwar nicht von jeder Vorhersehbarkeit frei, aber die Überraschungen hatten eindeutig die Überhand.
Im Grunde ist "Der Ruf des Bösen" eine solide Geschichte. Es gibt einen kontinuierlichen Spannungsbogen, neue Erkenntnisse und authentische Charakterentwicklungen. Vielleicht hätte man das Ganze etwas kürzer fassen können, aber richtige Längen sind mir nicht direkt aufgefallen. Allerdings ist das Spiel der Engel und Teufel teilweise so abgedreht, dass man sich darauf einlassen können muss. Da ich normalerweise nicht der Typ dafür bin, habe ich mich bei den kreativen Stellen schlicht berieseln lassen, ohne das Konzept zu hinterfragen.
Der einzig große Kritikpunkt ist wohl die Liebesgeschichte. Diese lässt sich kaum fassen und schon gar nicht in Kategorien einordnen, was irgendwie auch wieder positiv ist. Ein schlechtes Gefühl hinterlässt die ganze Konstellation dennoch. Das Gefühlschaos aller Beteiligten sorgt für einige Aufreger, sorgte aber dafür, dass ich mich auch hier ausgeklingt habe. Ist man dann einmal raus aus der Nummer, erkennt man als unbeteiligter Beobachter, dass Agresti im Grunde vieles von dem einfängt, was wahre Teenager-Liebe ausmacht. Jugendliche Leser könnten das ironischerweise allerdings als unbefriedigend empfinden.
Fazit:
Aimée Agrestis "Die Erleuchtete - Der Ruf des Bösen" ist eine solide Fortsetzung, die mich gut unterhalten, aber nicht so richtig packen konnte. Letzteres fiel mir, wie es manchmal so ist, erst beim Schreiben dieser Rezension auf - scheinbar habe ich mich die Hälfte der Zeit bewusst distanziert und das Geschehen an mir vorüberziehen lassen. Warum weiß ich selbst nicht so genau, denn abgesehen von dem Liebeswirrwarr, das unschön zu lesen, aber dafür umso authentischer war, gefiel mir der Rest eigentlich echt gut. 4/5 Bücher!