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James B. MacKinnon

Der Tag, an dem wir aufhören zu shoppen

Was wir gewinnen, wenn wir weniger konsumieren

(6)
Taschenbuch
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Wir haben viel zu gewinnen, wenn wir nicht mehr im Übermaß kaufen und konsumieren – das spannende Gedankenexperiment jetzt im Taschenbuch

Was würde passieren, wenn wir plötzlich alle aufhörten zu shoppen? Welchen Einfluss hätte es auf die Wirtschaft, unsere Arbeit, unser Leben und unser Denken? Auf einer Reise rund um den Globus hat der kanadische Umweltjournalist J. B. MacKinnon beobachtet, wie Menschen sich anpassen, wenn die Shoppingkultur unerwartet endet. Er hat Expertenstimmen zu den Folgen gesammelt und Gesellschaften besucht, die seit jeher ohne überflüssigen Konsum leben. Anhand vieler Beispiele zeigt er, welchen Gewinn es darstellt, weniger zu kaufen – für unseren Planeten, für unsere Gesellschaft und für jeden einzelnen von uns. Denn weniger shoppen heißt nicht zuletzt, sich auf das konzentrieren zu können, was im Leben wirklich wichtig ist.


ERSTMALS IM TASCHENBUCH
Aus dem Englischen von Stephan Gebauer
Originaltitel: THE DAY THE WORLD STOPS SHOPPING
Originalverlag: The Bodley Head
Taschenbuch, Broschur, 480 Seiten, 11,8 x 18,7 cm
ISBN: 978-3-328-10994-5
Erschienen am  16. August 2023
Lieferstatus: Dieser Titel ist lieferbar.

Rezensionen

Ein kluges, abwägendes und absolut notwendiges Nachhaltigkeits-Buch

Von: fwe-blog

01.02.2023

Dieses Nachhaltigkeits-Sachbuch ist in einer Weise klug, tiefgründig, unaufgeregt und informativ, dass sich bei mir tatsächlich so etwas wie echte Begeisterung eingestellt hat. Ich stelle hier eine uneingeschränkte Leseempfehlung vor. Der Autor, ein preisgekrönter kanadischer Journalist, geht in diesem Buch der Frage nach, was eigentlich wirklich passieren würde, wenn es einen deutlichen Einbruch (um ca. 20%) im Konsumverhalten unserer kapitalistischen Welt (bzw. einzelner Länder) geben würde. Dass wir eine solche (kräftige, aber letztlich doch maßvolle) Umkehr unserer Wachstumswirtschaft brauchen, um den großen ökologischen Herausforderungen auch nur halbwegs gerecht zu werden, steht für ihn (und für viel andere Experten) völlig außer Frage. Das Problem ist nur: Es gibt kaum realistische Rezepte oder gar Modelle für eine solche radikale Umsteuerung. Die kapitalistische Wachstumslogik ist so unlösbar mit unserer Art so wirtschaften, Wohlstand zu erschaffen bzw. zu verteilen und mit unserem gesamten Lebensgefühl verwoben, dass der oft zitierte Spruch: „Man kann sich eher das Ende der Welt vorstellen, als das Ende des Kapitalismus“ kaum übertrieben erscheint. Statt „Kapitalismus“ könnte man auch „Konsumieren“ sagen. Selbst Bürger und Entscheider, die sich eine Schrumpfung vorstellen, wünschen und diese sogar für unverzichtbar halten, verzweifeln angesichts der zu erwartenden Aussichten auf Arbeitslosigkeit, Sozialabbau und Wohlstandsverlust. Wir scheinen in einer ausweglosen Sackgasse zu stecken. MacKINNON lässt sich davon nicht abschrecken. Er nimmt die Spur auf und erkundet das Gelände Schritt für Schritt. Als Ausgangspunkt bietet sich dabei die Corona-Pandemie mit ihren weitgehenden Lockdown-Phasen an: Zum einen hat es tatsächlich einen sehr plötzlichen Einbruch des Wirtschaftslebens und Konsumverhaltens gegeben, zum anderen ist aber auch für viele Menschen ein unmittelbarer Eindruck entstanden, welche positiven Erfahrungsmöglichkeiten mit einem Abbremsen verbunden sein könnten: Ein blauerer Himmel, leere Straßen, mehr Zeit für Familie, Freunde, Hobbies und Muße. Viele haben die Unterbrechung des Hamsterrades von Arbeit und Konsum als Chance zur Selbstbesinnung erlebt. Der Autor spricht mit Fachleuten, besucht Produktionsstätten, Aussteiger und besondere Orte, in denen sich bereits eine – meist unfreiwillige „Schrumpfung“ vollzogen hat. Vertiefende Einblicke erhalten wir z.B. in die skandalöse Fehlentwicklungen der Wegwerf-Mode, der abstrusen Klimatisierungs-Standards und der extrem gesteigerten Lichtüberflutung unserer Zivilisation. MacKINNON führt uns das Leben in Ecuador vor, weil dieses Land ziemlich genau das Wohlstandsniveau hat, das sich die Menschheit im Durchschnitt leisten könnte, um im Gleichgewicht mit den Ressourcen unseres Planeten zu leben. Besonders informativ und ermutigend sind Beispiele von Unternehmen, die sich bereits von selbst (aus Tradition oder aus Klimabewusstsein) von der Wachstumslogik verabschiedet haben, und sich auf langlebige, hochwertige Produkte konzentrieren. Es ist ein extrem facettenreiches Bild, das vom Autor gemalt wird. Das betrifft nicht nur die inhaltlichen Themen, sondern auch die Art der Vermittlung. MacKINNON ist kein Fanatiker, er missioniert nicht, er schwingt nicht die Moralkeule (die ja von so vielen Leuten gefürchtet wird). Er wägt ab, guckt sich beide Seiten der Medaille an, verschweigt nicht die Probleme und Risiken einer Umsteuerung. Sein Schreibstil ist ruhig und klar; er nimmt sich Zeit. Auch die psychische Seite des Konsums bzw. des Konsumverzichts wird betrachtet: Werden Menschen wirklich bereit sein, sich für andere Aspekte von Lebensqualität zu öffnen, wenn sie ihren Selbstwert und ihren Lebenssinn nicht mehr so stark materiell definieren können? Kann man darauf vertrauen, dass die Transformation freiwillig erfolgen wird – oder braucht es die großen strukturellen Vorgaben? Es gelingt dem Autor in diesem Buch sehr gut, die anfängliche emotionale Reaktion der meisten Leser: „Das geht sowieso nicht, mit dem Verzicht auf den Konsum“ zu relativieren. Nach und nach wird deutlich, dass es nicht um ein „Alles oder Nichts“ gehen muss, sondern um ein Zurückdrehen der Wachstums-Exzesse der letzten Jahrzehnte. Aus dem unvermeidbar erscheinenden „Zusammenbruch der Zivilisation“ entwickelt sich allmählich ein Bild der Neubesinnung auf ein „menschliches“ Maß, in dem bewusster, weniger, nachhaltiger und im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft konsumiert wird. Wir werden eingeladen, uns ein neues Gleichgewicht von Bedürfnissen und Konsum vorzustellen: Zufriedenheit könnte sich einfach dadurch einstellen, dass man lernt, weniger zu wollen – statt sich von einer Multimilliarden-Werbeindustrie immer neue Bedürfnisse einreden zu lassen. Gegen Ende wirft MacKINNON einen Blick auf eine Jäger/Sammler-Gesellschaft, die ein extremes Gegenmodell zu dem aktuellen Wachstumswahn darstellt. Doch das ist nur ein Denkanstoß. Die besondere Qualität dieses Buches liegt gerade darin, dass es nicht um Utopien oder einen Kulturbruch geht. Der Autor holt die ökologische Notwendigkeit der Transformation in eine Post-Wachstums-Welt aus dem Abstrakten ins Konkrete. Und sich auf diesen Prozess einzulassen, tut überhaupt nicht weh – macht aber nachdenklich und ganz sicher auch klüger. Ein fantastisches Buch, das mit Sicherheit nachwirkt…

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Konsumkritik und Vision

Von: Dagmar

31.01.2022

Kann es neue Geschäftsmodelle geben, eine neue globale Kultur, in der wir keine Lust mehr haben, die Hauptrolle in unserem Leben als Konsument*innen zu spielen? MacKinnon legt eine Analyse vor, in der er mit vielen verschiedenen Menschen auf der Welt im Austausch darüber selbstredend vor allem das alles darlegt, was schiefläuft. An einigen Stellen zeigt er bereits bestehende Einzelfälle von Gemeinschaften, die entweder noch nie in diesem Kreislauf des Konsums gefangen waren, oder ausgestiegen sind. Ein wirklich umfassenderes Modell wird allerdings nur marginal gestreift. Vor allem der Bekleidungsmarkt wird von ihm genauer unter die Lupe genommen, immerhin auf Platz 15 unter den großen Volkswirtschaften und in vielen ärmeren Ländern der Hauptverdienst für einen Großteil der Bevölkerung – z.B. Bangladesch, und viele Weitere werden nachziehen, derzeit z.B. Äthiopien. Beispielgebend für andere Modelle sind die südamerikanischen Länder, in denen das Buen Vivir als Modell des Guten Lebens den statistischen Erhebungen eines Bruttoinlandsprodukts an die Seite gestellt wird, z.B. Ecuador, Bolivien, Peru. In Ecuador gibt es ein Ministerium für das Gute Leben. Und es gibt in der Verfassung Die Rechte der Natur. Der Fehler im System des marktwirtschaftlichen Denkens liegt darin, dass wir die Schädigungen, die wir Mensch und Natur zufügen, abgekoppelt haben von unserer Konsumlust. Ist diese Konsumlust denn unersättlich? Womöglich evolutionär erklärbar? Es hat jedenfalls noch nie eine Partei wirklich damit geworben, eine Verbesserung der Situation zu erreichen durch Verringerung des Konsums. Rebound Effekt, Green Washing, lauter Strategien werden uns vorgeschlagen, die die Schäden kompensieren sollen – um das Wachstum der Weltwirtschaft aufrecht zu erhalten. „Erst in Folge der industriellen Revolution begann die Pro-Kopf-Produktion zu Beginn des 19. Jahrhunderts rasant zu wachsen. In den Hunden Jahren zwischen 1913 und 2013 wuchs die Weltwirtschaft dreißig mal schneller als während der längsten Zeit der Menschheitsgeschichte. Jedes Jahr wurden mehr und mehr dinge erzeugt und verkauft. Die Konsimökonomie war geboren.“ S.133 Aber was ist mit den sozialen Kosten, und was mit den Kosten, die entstehen durch Umweltzerstörung? Eine soziale Umverteilung des Wohlstands, eine Verringerung der Einkommensungleichheit bei gleichzeitiger Verringerung der Arbeitszeit könnte einen nachhaltigeren Wohlstand mit weniger CO2-Ausstoss mit sich bringen. Einkaufen ist zur vorübergehend wirksamen Einzeltherapie gegen Statusängste geworden, verhindert aber nicht, dass unser Selbstwertgefühl ständigen Attacken ausgesetzt ist. Andere existentielle menschliche Bedürfnisse treten in den Hintergrund. Eine Firma, die mit Demarketing für einen neuen Dekonsumismus wirbt ist Patagonia. Das Konzept des „Wort Wear“ versucht die Kunden dazu anzuhalten, die Kleidung möglichst lange zu tragen. Patagonia bietet die Reparatur der Kleidung an und veröffentlichst regelmäßig Fotos von Geflickter und stark benutzter Kleidung. (nach S.177) Interessant ist die Wahrnehmung der Konsument*innen: wenn eine Person, die es sich offensichtlich leisten könnte, schneller zu konsumieren, trotzdem am Dekonsum festhält, wird dies mit einem höheren Status bewertet, als bei einer Person, von der man glaubt, dass sie aus Mangel nicht mehr konsumieren kann. Es müsste also gelingen, Dekonsum mit einem Wert zu verbinden. Werbung kann bis zu 70 % der Kosten eines Produkts ausmachen. Es gibt bereits Hersteller, die diese Schiene fahren – aber die muss man dann suchen. Das passt nicht in unser System der Algorithmen, die uns heute sagen, was wir morgen wünschen. Extrinsische Werte verschaffen uns in ersterLinie Befriedigung, wenn sie von anderen anerkannt werden. (…) Intrinsische Werte verschaffen uns direkte innere Befriedigung, ohne dass wir äußere Bestätigung brauchen würden. >>Enge und treue Freunde zu haben << ist ein intrinsischer Wert.“ S.189 Unsere Art zu konsumieren ist zu einer Art der Bewältigungsstrategie verkommen in einer Gesellschaft eines kulturell geprägten Materialismus. „Das Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung ist ein wichtiger Anreiz für Shopping und Konsumismus. (…) >>Früher wollten wir Unternehmer sein. Jetzt wollen wir gute Menschen sein<<, sagte ein Studienteilnehmer.“ S.195 Als Island 2009 dem Staatsbankrott nahe war, reagierten viel Menschen mit einer Hinwendung zu intrinsischen Werten. Die Hinwendung zu extrinsischen Werten wurde zunehmend als Last wahrgenommen. „Schon vor der Pandemie hatte mich Kasser gewarnt, der Abschied vom Konsum sei eine Reise, die leicht begonnen, aber nur schwer fortgesetzt werden könne:>>Vielleicht nimmt das Wohlbefinden anfangs zu, weil wir uns von der Konsumkultur lösen, aber wir werden feststellen, dass intrinsische Werte nicht ganz so leicht zu verfolgen sind. Wir haben nicht immer die Fähigkeiten, um sie zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen.<<“ S.201 Und wenn wir diese Fähigkeit nicht entwickeln konnten, steht es tatsächlich nicht gut um unser Wohlbefinden. Genau hier liegt der wunde Punkt eines auf extrinsischen werten fußenden Kapitalismus: er beraubt die Menschen der Fähigkeit, intrinsische Bedeutungen für sich zu generieren. Außerdem liegt in der extrinsisch motivierten, auf materielle Dinge ausgerichteten Lebenshaltung weniger Befähigung zur Entwicklung von solidarischen und kooperativen Verhaltensweisen, weil die Aufmerksamkeit in der Befriedigung der Bedürfnisse sehr egoistisch fixiert ist. Konsumverhalten richtet sich in der Regel an ein Individuum, nicht an gemeinsames Erleben. Ein nachhaltiges Konsumniveau ist also aus vielen Gründen anstrebenswert. eine der Firmen, die sich darum bemühen ist Levi Strauss & Co. Levi’s ist die größte Marke, die offen gestanden hat, dass unser Konsumverhalten unser größtes Umweltproblem darstellt. (nach S.215) Levi’s konzentriert sich auf das Kerngeschäft. Die Botschaft ist klar: weniger kaufen, aber dafür langlebiger. Und: recycling ist gut, aber Wiederverwendung ist noch besser. Die Marketingleiterin selbst von Levi’s hat sich vorgenommen, außer Levi’s Produkten nur noch gebrauchte Kleidung zu kaufen. Ein der Firmen, die ganz vorne stehen mit einem Aufruf zum Dekonsumismus. McKinnon ist der Ansicht, dass die Pandemie, die Quarantäne im Konsumverhalten, uns wie nichts vorher vor Augen geführt hat, wie deutlich sichtbar unser Verhalten die Umwelt beeinträchtigt. Fakir Fashion in Bangladesch, Strickwarenhersteller für unter anderem H & M, Zara, Tom Tailor, ist der Ansicht, dass es, entgegen aller Prognosen, gar nicht so schlimm wäre, wenn unsere Nachfrage nach Billigmode in Bangladesch zurückgehen würde. In dem Film „Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“, erklärt ein anderer Hersteller das Prinzip von Fast Fashion: für das selbe Geld muss immer mehr produziert werden um der Wettbewerbsfähigkeit willen, was zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen führt. Der Leiter von Fakir Fashion erläutert, dass eine Erhöhung um 2 Cent pro Kleidungsstück nicht nur eine Lohnerhöhung von 7 – 8 Prozent ausmachen würde, sondern gleichzeitig auch die Möglichkeit mit sich brächte, weniger zu produzieren. Die Verfahren für das Recycling von Polyester, Baumwolle, als auch Mischgeweben sind mittlerweile so gut, dass bis zu 90 % der Materialien verwertet werden könnten. Eine Technologie dazu hat das englische Unternehmen Worn Again entwickelt. „Im Textilsektor wird gegenwärtig nur etwa 1 % der ausgemusterten Kleidung recycelt und erneut zu Kleidung verarbeitet; weitere 12 % werden in Produkte wie Matratzenfüllungen und Wischtücher umgewandelt. Aus Sicht von Unternehmen wie Worn Again gehen jedes Jahr Rohstoffe im Wert von 100 Milliarden Dollar verloren.“ S.257 Verbunden mit dem Gedanken einer Dekonsumkultur würden die Ressourcen, die bereits vorhanden sind, ausreichen, um unseren Bedarf an Kleidung zu decken. Solch eine Kreislaufwirtschaft würde nicht nur unser Konsumverhalten, sondern auch unsere Einstellung nachhaltig verändern. Der schnelle, unüberlegte Konsum wäre nicht mehr der >Mittelpunkt unseres Lebens und Strebens. Endlich könnte man sich wieder um existenzieller Bedürfnisse kümmern. Es gibt genügend Bereiche, in denen eine andere Form von Konsum praktiziert wird. Zum Beispiel unser Lieblingsitaliener um die Ecke. Wir wollen ihn klein, persönlich, familiär, mit langer Tradition. Warum denken wir bei anderen Unternehmen, sie müssten wachsen? In Japan gibt es die meisten Firmen mit alter Tradition: mindestens 35.000 die über hundert Jahre alt sind und einige Dutzend, die sogar über 500 Jahre alt sind. Dass schnelles Wachstum und schneller Konsum unserem Wohlbefinden nichts hinzufügen kann, ist eine Binsenweisheit. Eine weitere Wahrheit ist aber auch, dass wir um der Profite willen viele Dinge tun oder haben geschehen lassen, die unserem Wohlbefinden ganz offensichtlich großen Schaden zufügen. So wurde zum Beispiel die dem Wohlbefinden entsprechende Raumtemperatur in den USA zwischen 1923 und 1986 von 18 auf 24,6 Grad angehoben, was uns nicht nur lähmt, sondern auch fett und krank und inaktiv macht. „Thermale Langeweile“ wird das auch genannt. nach S.315 Gerade unter den Reichen gab es lauf McKinnon schon in der Vergangenheit viele, die sich um anderer Werte und Inhalte willen einem Dekonsumismus, Antikapitalismus, Antimaterialismus verschrieben haben. Könnte man irgendwie daherkommen, dass Wohlstand eben nicht ist gleich Konsum bedeutet? Wir brauchen Beispiel, wir brauchen Vorreiter, wir brauchen Menschen, die uns inspirieren. Wohlwissend, dass dem so ist, hat sich nun gleichzeitig ein Markt entwickelt, der ein oberflächliches Bedürfnis nach Nachhaltigkeit scheinbar befriedigt („Die grüne Lüge“, Film von und mit Katrin Hartmann). Jedes mal, wenn wir etwas effizienter gestalten, umRessourcen einsparen zu können, tritt das so genannte >>Jetons Paradox<< ein: wir verbrauchen einfach mehr, immer bis zur Erschöpfung. Unser Appetit auf Konsum scheint unersättlich zu sein. Wir entwickeln Stromsparende Lampen – und installieren einfach mehr davon; wir bauen effizientere Elektrogeräte – dann kaufen wir eben mehr oder größere davon. Und selbst wenn wir das nicht tun, geben wir das Geld an anderer Stelle für Konsum aus. Geld ist ein „Trickbetrüger“ nach S.326. Es gibt verschiedene „Rebound-Effekte“. McKinnon formuliert eine einfache Faustregel: „Wenn wir mehr Geld ausgeben, erhöhen wir wahrscheinlich die Umweltauswirkungen unseres Lebensstils; wenn wir weniger Geld ausgeben, verringern wir sie wahrscheinlich. Egal, wo das Geld einfließt, es wird etwas bewirken.“ S.327 Ein Sozialphilosoph, Richard Greg, prägte bereits 1936 den Begriff „Freiwillige Einfachheit“. In den 80ern gab es einen Trend der sich „Down-Shifting“ nannte, und Herunterschalten meinte. Verschiedenen Ansätzen gemeinsam ist, dass wir uns unserer wahren Bedürfnisse um so besser erinnern, je weniger wir von den vorgegebenen extrinsisch motivierten Bedürfnissen entwickeln. „Bei fast allen Menschen klafft eine psychologische Lücke zwischen dem in ihren Augen richtigen Verhalten im Alltag und ihrem tatsächlichen Verhalten. Je materialistischer jemand ist, desto größer dürfte diese Lücke sein. Ob es ihnen nun wirklich bewusst ist oder nicht, Materialisten leiden oft unter ihrer Unfähigkeit, sich in bessere Menschen zum verwandeln: sie spüren eine Inkongruenz zwischen ihrem idealen und ihrem tatsächlichen Selbst. Bei Vereinfachern ist die Lücke oft kleiner, womit die Kongruenz größer ist.“ S.370 Dieses Buch knallt es einem so richtig vor den Latz: wir haben uns entfernt von dem, was ein nicht-entfremdetes Leben sein könnte auf eine noch nie dagewesene, zerstörerische Art. Anhand der vielen guten Beispiel, die MacKinnon bringt, wird es so plakativ anschaulich, dass man nicht umhin kann, über die eigenen Veränderungspotenziale nachzudenken und auch darüber zu reden. Prädikat wertvoll!

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Vita

James Bernard MacKinnon, gewöhnlich J. B. MacKinnon, geboren 1970, ist ein mit zahlreichen Preisen ausgezeichneter kanadischer Journalist, Herausgeber und Buchautor, der sich vor allem mit Umweltthemen befasst. Seine Arbeiten erscheinen u. a. in »The New Yorker«, »The Atlantic« und »National Geographic«. Sein Buch über Mahlzeiten aus lokalen Nahrungsmitteln, »The 100-Mile-Diet«, war ein Bestseller. J. B. MacKinnon lebt in Vancouver an der kanadischen Westküste, wo er auch viel Zeit in einer Waldhütte ohne Internet verbringt. Shopping steht nicht oben auf seiner Agenda, sein Mobiltelefon ist sechs, sein Fahrrad 27 Jahre alt.

Zum Autor

Stephan Gebauer

Stephan Gebauer lebt in Berlin und Madrid. Er hat unter anderem Werke von Carl Bernstein, Bill Clinton, Hillary Clinton, Matthew Crawford, Billy Crystal, Angus Deaton, Frank Dikötter, Niall Ferguson, Garry Kasparow, Robert Shiller und Joseph Stiglitz ins Deutsche übertragen.

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