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"Essen ist ein wesentlicher Teil von dem, was wir Heimat nennen..."

Tim Mälzer
© Philipp Rathmer
In deinem Hamburger Restaurant, der »Bullerei«, hängt ein Werk des Künstlers Stefan Strumbel: eine große, blinkende Kuckucksuhr mit einem Hirschgeweih, gekreuzten Piratenknochen und Gewehren, dazu die Leuchtschrift: »What the fuck ist Heimat?« Hast du eine Antwort?

Essen. Essen ist ein wesentlicher Teil von dem, was wir Heimat nennen. Ein Gefühl der Geborgenheit. Wohligkeit.

Wonach schmeckt für dich Heimat?

Nach Steckrübeneintopf. Das ist eins der wenigen Gerichte, bei denen ich einen Geschmack mit einer konkreten Person verbinde: meiner Urgroßmutter.

Gibt es ein Essen aus Kindertagen, das dich bis heute tröstet, wenn`s mal nicht so läuft?

Wackelpeter. Bei mir stehen mindestens sechs Packungen im Kühlschrank, es muss immer Wackelpeter da sein. Gerade gestern hab ich einen gegessen – und dabei gemerkt, dass die Kühlschranktemperatur verstellt war. Der war weicher, der war nicht so glibberig, der hat sich nicht so schlubbern lassen. Ich bin Wackelpeter-Experte.

Was kochst du privat?

Nichts Raffiniertes. Kühlschrank auf und gucken, was da ist. Meistens Pasta, pfannengeschwenkt. Oder Nudelsalat, sehr klassisch, sehr mayonaisig. Auch Grillen hat für mich was ganz Spontanes, ich mach nichts Eingewickeltes, keinen Heckmeck. Grillen ist für mich: Fleisch, Salat, Bier, Wein, fertig. Meine Rippchen, die geilsten Rippchen der Welt, werden immer abgefeiert. Die koche ich im Topf, dann mache ich eine miese, dicke, fette Marinade ran, dann packe ich sie auf den Grill, lasse sie ein bisschen verbrennen – und alle finden es geil.

Kochst du eher mittags oder abends?

Abends. Oft auch ganz klassisch Abendbrot, in einer deutsch-italienischen Version: diverse Gemüsesorten in der Pfanne anbraten, nebeneinander auf dem Teller anrichten, bei der einen Parmesan drüber, bei der nächsten Anchovis, bei der dritten Kräuteröl. Und schon hab ich Antipasti. Ein gutes Brot dazu, fertig.

In deiner Vox-Show »Kitchen Impossible« geht es darum, lokale Spezialitäten ohne Kenntnis der Zutaten nachzukochen. Hat dir die Show mehr Respekt eingeflößt vor Heimatküchen?

Die Show hat der Philosophie Rückenwind gegeben, die ich seit 15 Jahren predige: Es geht nicht um edle Perfektion. Essen hat mehr als eine Rezeptur, Essen hat Persönlichkeit. Ein Rösti zum Beispiel: Das ist Kartoffel, gerieben, in der Pfanne knusprig ausgebacken, dankeschön und tschüss. Wenn man die Köche sieht, die das im Fernsehen zelebrieren, denkt man: Alter, da ist eine Blinddarmoperation ja einfacher!

Ein Kritiker hat dir mal vorgeworfen, du würdest die Kochkunst banalisieren.

Wenn das stimmen würde, hätte ich als Koch alles geschafft, was ich schaffen wollte. Einfach zu kochen, aber gut – das ist die große Kunst. Der Mensch isst nicht mit dem Kopf, er isst mit der Zunge und mit dem Herzen.

Wovor hast du als Koch mehr Respekt: Steinbutt mit Kaviar oder Kartoffelsalat?

Die größere Herausforderung ist der Kartoffelsalat, weil jeder Gast eine Vorstellung davon hat, wie ein Kartoffelsalat zu sein hat. Meine Version konkurriert mit seiner Erinnerung. Das ist brutal schwierig. Viel schwieriger, als den Gast mit einem edlen Produkt zu beeindrucken, das er kaum kennt. Heimatküche ist kompliziert.

© Mosaik Verlag

Neue Heimat

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