Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Amy Waldman

Das ferne Feuer

Roman

(1)
Taschenbuch
14,00 [D] inkl. MwSt.
14,40 [A] | CHF 19,90 * (* empf. VK-Preis)
Benachrichtigungen aktiviert

In der Buchhandlung oder hier bestellen

Ein packender Roman über eine junge Frau in Afghanistan und das Ende der westlichen Vorherrschaft.

Die ehrgeizige Berkeley-Studentin Parvin Schams fühlt sich zwischen den liberalen Ideen ihrer charismatischen Professorin und den Erwartungen ihres konservativen afghanisch- amerikanischen Umfelds hin- und hergerissen. Da eröffnet ihr ein Buch eine ungeahnte Möglichkeit, die Theorie in die Praxis umzusetzen und ihre Bestimmung zu finden: Ein Arzt erzählt darin von seinem humanitären Engagement für afghanische Frauen. Parvin ist so begeistert, dass sie für seine Stiftung arbeiten und zugleich ihre Wurzeln erkunden will. Doch vor Ort entdeckt sie, dass die von ihm erbaute Geburtsklinik leer steht und die Bewohner des Dorfes sich seltsam abweisend verhalten. Nach und nach findet Parvin im Gespräch mit ihnen heraus, was es damit auf sich hat. Als Parvins Professorin vertrauliche E-Mails ungefragt veröffentlicht, eskaliert der schwelende Konflikt zwischen Einheimischen und ihren selbsternannten Wohltätern. Erneut muss Parvin entscheiden, wo sie steht.

Was bestimmt, wer wir sind und wo wir hingehören? Wie formen die Medien unseren Blick auf die Welt? Und können wir unsere Vorurteile je ablegen? Wie in ihrem gefeierten Roman Der amerikanische Architekt stellt sich Amy Waldman den brennenden Fragen unserer Gegenwart in einer packenden und überraschenden Geschichte.


Aus dem Englischen von Brigitte Walitzek
Originaltitel: A Door in the Earth
Originalverlag: Little, Brown and Company
Taschenbuch, Broschur, 496 Seiten, 11,8 x 18,7 cm
ISBN: 978-3-442-77244-5
Erschienen am  16. August 2023
Lieferstatus: Dieser Titel ist lieferbar.

Rezensionen

Brillant, spannend, klug und unvoreingenommen!

Von: Marina Büttner

15.09.2023

Nur ein paar Tage ist es her, da jährte sich der Tag, an dem die USA ihre Truppen aus Afghanistan zurückzogen. Was seitdem in diesem Land passiert ist, wissen wir alle. Wie so oft, sind vor allem die Frauen die Leidtragenden. Gerade zu diesem Zeitpunkt las ich Amy Waldmans Roman „Das ferne Feuer“, welches viel zum Verständnis des Verhältnisses zwischen den USA und Afghanistan beiträgt. Zwar wurde es bereits 2019 veröffentlicht, doch sind die Geschehnisse stellvertretend für die Ereignisse im Land. Ich halte diesen Roman, genau wie schon seinen Vorgänger „Der amerikanische Architekt“ für brillant. Die amerikanische Journalistin hat einen ausgesprochen feinen Sinn für diese Thematik entwickelt und erzählt wirklich spannend, sehr klug und unvoreingenommen. Hauptprotagonistin ist die Berkeley-Studentin Parvin Schams. Sie hat afghanische Wurzeln, ist aber mit den Eltern als kleines Kind in die USA gekommen. Nun studiert sie Medizintheorie. Eine weitere Hauptrolle spielt allerdings ein Buch. Und zwar eines, dass das Leben von Parvin komplett auf den Kopf stellt. Es beginnt damit, dass sie sich nach der Lektüre von „Mutter Afghanistan“, welches seit langer Zeit auf den Bestsellerlisten steht, entscheidet, selbst nach Afghanistan zu reisen. Und zwar in das Dorf, von dem der Autor Gideon Crane erzählt. Er erzählt von seinem humanitären Engagement, dass bis zum Bau eines Krankenhauses in diesem Dorf führte. Weil es zuvor kein Krankenhaus und keine Ärztin gab, verstarb die Frau, in deren Familie er Unterkunft fand, bei der Geburt ihres Kindes. Parvin ist so eingenommen von Cranes Berichten, dass sie in das abgelegene Dorf reist und selbst in dieser Familie eine Unterkunft sucht. Alles ist schwieriger, als sie es sich vorgestellt hat. Es dauert lange, bis sie das Vertrauen der Frauen gewinnt, die sie für ihr Studium über ihre Gesundheit befragen will. Doch was sie glaubt, für ihr Studium erforschen zu wollen, interessiert die Frauen hier gar nicht. Sie haben andere Sorgen. „Sie hatte große Pläne, alle Frauen im Dorf nach ihrer Reproduktionsgeschichte zu befragen, und eigentlich gehofft, bei Bina anfangen zu können. […] und fragte, ob sie sich irgendwann die Zeit nehmen könne, über ihre Schwangerschaften und Geburten zu sprechen. Bina sah sie ungläubig an und lachte rau auf. „Die Babys waren in mir drin, dann kamen sie raus. Jetzt haben wir darüber gesprochen.“ Langsam, aber immer deutlicher erkennt Parvin, dass immer mehr Details in Cranes Buch nicht stimmen. Es beginnt damit, dass das Krankenhaus zwar existiert, aber leer steht, da es keine Ärztinnen gibt. Einmal pro Woche kommt eine Ärztin aus Kabul über die üble Piste ins Dorf gefahren. Zudem stellt sich heraus, dass natürlich keiner im Dorf das Buch gelesen hat, weil kaum jemand lesen kann. Parvin übersetzt Teile davon und liest es den Frauen vor. Von allen Seiten erfährt sie nun, wie es wirklich war. Zuerst zweifelt sie daran, doch als sie mit dem Übersetzer von Crane reden kann, kommt eine Geschichte zu Tage, die den Helden Crane in ein ganz anderes Licht stellt. „Und doch, fuhr die Ärztin fort, sei ein Land nie wirklich gesund, solange es von anderen Ländern abhängig war. Mit der ganzen Hilfe und dem ganzen Geld sei auch schrecklich viel Korruption ins Land gekommen. „Hier merkt man das nicht so“, sagte sie, „aber in den Städten –““ Hat Crane seine Geschichte so geschönt, dass er in einem guten Licht dasteht. Wurde die hochschwangere Frau gar nicht von ihm auf einem Esel ins Krankenhaus gebracht, wo sie verstarb? Hat Crane, der als Augenarzt wenig mit Frauenheilkunde zu tun hat, selbst als Arzt versagt? Hat er einzelne Bewohner des Dorfes in ein falsches Licht gerückt? Hat er die Fakten vollkommen verdreht, um mit seinem Buch einen Erfolg einzufahren? Erzählte er emotional und rührselig mit Happy End, weil das eben die Leserschaft so will? Als Parvin sich eingesteht, dass sie, wie alle anderen Leser einer Art Scharlatan aufgesessen ist, schreibt sie an ihre Professorin und berichtet über ihre Erkenntnisse und fragt sie, was jetzt zu tun ist. Muss das öffentlich bekannt werden oder würde das dem Dorf, den Frauen mehr schaden, weil keine Spenden und Fördergelder mehr kommen würden? Schließlich wird gerade eine neue Straße zum Dorf gebaut. Obwohl dem Rat des Dorfes eine Schule oder ein Bewässerungssystem für die Felder wichtiger wären. Aufgrund der langen Wege, erfährt Parvin viel zu spät, dass ihre Professorin ihren Brief öffentlich gemacht hat. Der Stein kommt ins Rollen. Und nicht zum Vorteil Parvins. Die amerikanischen Soldaten, die den Bau der Straße überwachen, sehen Parvin als Verräterin. Der Sohn ihres Vermieters radikalisiert sich, ob der Verlogenheit der Amerikaner. Der Bau der Straße wird von Milizen unterbrochen. Die Stimmung wird gereizter. Die Ärztin auf dem Weg ins Dorf „versehentlich“ von amerikanischen Soldaten erschossen. „In klaren Momenten verstand sie, dass die Amerikaner das Dorf benutzt hatten, um ihre Gutmenschenfantasien, ihre Sehnsucht nach Selbstvervollkommnung und dann auch ihre Herrschaftsgelüste auszuleben. Wie Trotter und Crane hatte auch sie sich dessen schuldig gemacht. Sie hatte hier die Anthropologin spielen wollen, aber es war nie mehr als ein Spiel gewesen, weil sie irgendwann ohne groß darüber nachzudenken ihre gesamte anthropologische Arbeit beiseitegeschoben hatte.“ Parvin steht zwischen den Stühlen. Sie ist erschüttert und merkt zum ersten Mal, dass es für die Dorfbevölkerung nicht unbedingt nur von Vorteil ist, dass die Amerikaner im Land sind. Die Frauen, die vorher unverschleiert waren, bevor Fremde ins Dorf kamen, um die Klinik zu bauen, müssen sich nun vollverschleiern. Der Bau der Straße zieht die Aufständischen an und bringt den Krieg immer näher ins Hinterland, das bisher verschont blieb. Amy Waldman hat hier ein ganz starkes Buch zu einem brisanten Thema geschrieben, dass vollkommen unparteiisch aufzeigt, wie sich die Situation im Land verändert hat durch die Amerikaner. Sie zeichnet ihre Figuren höchst lebendig und schafft es die Stimmung im Dorf aufzuzeigen. Sinnlich und atmosphärisch dicht schildert sie das Erleben ihrer Heldin, die sich hin und hergezogen fühlt und nicht mehr weiß, wo genau sie nun hingehört. Wird sie zurückkehren in ihre Welt in den USA? Das Ende bleibt offen, zum Glück. Große Empfehlung!

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.

Alle anzeigen

Vita

Amy Waldman, Jahrgang 1969, leitete acht Jahre lang das Südasien-Büro der New York Times und war dort Korrespondentin für The Atlantic. Ihr Roman »Der amerikanische Architekt« wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Sie lebt in Brooklyn.

Zur Autorin

Weitere Bücher der Autorin