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»Die Republik« von Joost de Vries, Heyne Encore

Special zu »Die Republik« von Joost de Vries, Heyne Encore

Interview mit Joost de Vries

Wie sind Sie aufgewachsen?
Joost de Vries: Es war eine ziemlich typische holländische Kindheit in einer ziemlich typischen holländischen Stadt. Ich aß Erdnussbuttersandwichs, lernte Schlittschuhfahren, indem ich mich an einem Holzstuhl festhielt, spielte viel Fußball und Tennis, guckte Zeichentrickfilme und las haufenweise Bücher – von Astrid Lindgren bis Harry Mulisch.

Gibt es eine Person, die Ihr Leben entscheidend geprägt hat?
Joost de Vries: Meine beiden Großväter; sie waren tolle Geschichtenerzähler und große Spaßvögel. Der eine stammte aus der Arbeiterklasse, war immer entspannt und mit einem sonnigen Gemüt gesegnet. Der andere kam aus der Oberschicht und legte viel Wert auf Manieren und gutes Benehmen, wenn auch niemals ohne eine gewisse Ironie.

Welcher Ort auf der Welt fasziniert sie am meisten?
Joost de Vries: Der, an dem ich mich gerade aufhalte.

Wovor haben Sie Angst?
Joost de Vries: Das einzige, wovor ich wirklich eine Höllenangst habe, sind Spritzen (ehrlich – bei der Szene aus Pulp Fiction, in der sich Vincent Vega einen Schuss setzt, wurde ich ohnmächtig).

Was macht Sie glücklich?
Joost de Vries: Mich mit netten Menschen zu unterhalten und zu lachen – und mich danach ins stille Kämmerlein zurückziehen zu können, um zu lesen und schreiben.

Können Sie sich einen Tag ohne Musik vorstellen?
Joost de Vries: Durchaus. Ich lese, schreibe, schaue Filme – Musik höre ich nur selten.

Welche Träume hatten Sie als Kind?
Joost de Vries: Dieselben wie jetzt auch; ich träume mindestens einmal pro Woche, dass ich fliegen kann. Das läuft immer gleich ab: Erst schwebe ich, dann werde ich immer schneller und kann entscheiden, wie schnell und wohin ich fliege. Außerdem tauchen hin und wieder Figuren aus Der Herr der Ringe in meinen Träumen auf (aber ohne sexuelle Konnotation, wie ich betonen möchte).

Wenn Sie nur noch $10 übrig hätten, wofür würden Sie sie ausgeben?
Joost de Vries: Für die Samstagszeitung.

Gibt es Himmel und Hölle?
Joost de Vries: Nur hier auf Erden, meine Freunde.

Was ist wichtig im Leben?
Joost de Vries: Darüber nachzudenken, was wichtig ist und was nicht. Hinter die Kulissen zu blicken. Das Leben, die Kultur, die Politik und die Welt im Allgemeinen aufmerksam zu beobachten, um sich dann mit klugen Leuten darüber zu unterhalten. Außerdem: schicke Schuhe.

Welche noch lebenden Schriftsteller würden Sie zum Abendessen einladen?
Joost de Vries: Erstmal Edward St Aubyn (um die Konversation mit etwas Ironie zu würzen). Philip Roth darf auch nicht fehlen (er kann sich so unterhaltsam über alle möglichen Sachen aufregen). Umberto Ecos Geschichtswissen wäre ebenso willkommen wie Zadie Smiths und Yasmina Rezas Verständnis der Gegenwart und John le Carrés und Don DeLillos Verständnis des Unausgesprochenen. Michael Chabon würde etwas Popkultur beisteuern, Joan Didion für unterkühlten Glamour sorgen. Und den Abwasch macht JM Coetzee (der redet ja sowieso kaum, also wird er sich auch nicht beschweren).

Wie würden Sie einem Freund in einer Kneipe Ihr Buch in zwei einfachen Sätzen beschreiben?
Joost de Vries: Es geht um die der Trauer innewohnenden Panik, darum, auf Ironie zu verzichten und die Welt so zu sehen, wie sie ist. Es geht um einen jungen Akademiker, der sich für den Thronfolger seines plötzlich verstorbenen Mentors - eines berühmten Philosophen – hält, bis ihm jemand diesen Thron vor der Nase wegschnappt, woraufhin er einen genialen Racheplan ausheckt, der fürchterlich schiefgeht.

Wie sind Sie auf die Idee für das Buch gekommen? Haben Sie viel recherchiert?
Joost de Vries: Es gab viele verschiedene Einflüsse. Mein Vater war gerade gestorben, daher beschäftigte ich mich unweigerlich mit der Trauer. Außerdem las ich gerade Don DeLillos Weißes Rauschen. Die Hauptfigur ist Professor für „Hitlerstudien“ – ein sehr fruchtbares Thema (Geschichte und die Art und Weise, wie wir sie interpretieren, hat mich schon immer interessiert). Ich stellte mir vor, welche Themen in den „Hitlerstudien“ wohl behandelt werden, welche Leute dieses Fach studieren, welche Witze sie erzählen und so weiter. Und schließlich sah ich Hitchcocks Der unsichtbare Dritte und dachte: Wäre es nicht toll, wenn jemand so ein Buch schreiben würde, einen Spionagethriller unter Intellektuellen? Und dann dachte ich: Dieser Jemand bin ich!