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SPECIAL zu Sophie Andresky

10 Fragen an Sophie Andresky

Sophie Andresky
© Gabriele Bärtels
Sophie Andresky ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Literaturszene. Eine Porno-Autorin, die erotisch, witzig und elegant schreiben kann und etwas zu sagen hat. Ihre Romane spielen nicht in einer Hochglanz-Kunstwelt, sondern im Hier und Jetzt unserer gesellschaftlichen und zwischengeschlechtlichen Realität. Das soll aber nicht heißen, dass ihre Szenarien nicht höchst fantasievoll und hochanregend wären. In ihrem neuen Roman Dark Room entführt sie uns in die hemmungslose, aber auch gefährliche Welt des Swingernetzwerks »Labyrinth«. Es ist also höchste Zeit für unser beliebtes Fragespiel … dieses Mal à la Andresky.

Wie sind Sie aufgewachsen?
Sophie Andresky: Ganz bürgerlich. Vater, Mutter, Schwester, Großeltern, tratschende Nachbarn und eine Armee von Haus- und Plüschtieren.

Gibt es eine Person, die Ihr Leben entscheidend geprägt hat?
Sophie Andresky: Der Vater von George Clooney. Der soll zu seinem Sohn gesagt haben: »Junge, du bist nie so gut wie andere sagen. Und nie so schlecht.« Das relativiert doch fast alles. Und meine Oma, die mir die Kategorie des »Mondänen« nahegebracht hat. Mondänes gibt es heute ja nicht mehr wirklich. Leider.

Welcher Ort auf der Welt fasziniert Sie am meisten?
Sophie Andresky: Wenn ich jetzt »mein eigener Bauchnabel« sage, muss ich mich die nächsten Jahre dafür entschuldigen. Aber im Ernst: Wir sind doch alle egomanisch. Und schön ist es da, wo es mir gut geht. Geographisch gesehen ist Berlin schon ziemlich klasse.

Wovor haben Sie Angst?
Sophie Andresky: Vor Hautkrankheiten. Ich bin eine Haut-Fetischistin, mich macht jeder Pickel panisch. Und wenn die Menschen aufhören, Sex zu haben, dann wäre das beruflich schon ganz schön beunruhigend für mich. Und nicht nur beruflich.

Was macht Sie glücklich?
Sophie Andresky: Orgasmen. Schnurrende Kater. Käsekuchen. In wechselnder Reihenfolge. Und am liebsten alles in einem Bett.

Können Sie sich einen Tag ohne Musik vorstellen?
Sophie Andresky: Angeblich habe ich einen grauenvollen Musikgeschmack. Ich sehe das natürlich anders, aber es gibt mir schon zu denken, wenn Gäste eine Einladung zu einem Essen annehmen und sich dabei erkundigen, ob ich nur kochen oder auch die Musik aussuchen werde.

Welche Rolle in einem Kinofilm hätten Sie gern gespielt?
Sophie Andresky: Vielleicht Al Pacinos Tango-Tanzpartnerin in Der Duft der Frauen. Kaum etwas ist so sexy wie gut tanzende Männer. Na ja, sarkastische, witzige, selbstironische Männer vielleicht. Mich reizt gar nichts am Schauspielern. Was ich aber tatsächlich immer schon wahnsinnig gern tun würde, ist, ein kleines hässliches Tier in einem Zeichentrickfilm zu singen. Vielleicht eine fünfbeinige Küchenschabe oder eine alte Fledermaus?

Wenn Sie nur noch € 10,– übrig hätten, wofür würden Sie sie ausgeben?
Sophie Andresky: Für Prosecco, Schokolade und Kondome. Schlechte Nachrichten muss man feiern. Wenn alles den Bach runtergeht, ist es eh egal, dann kann man es sich auch nett machen.

Gibt es Himmel und Hölle?
Sophie Andresky: Ich bin katholisch sozialisiert. Allein für Zweifel daran komm ich auf den Rost.

Was ist wichtig im Leben?
Sophie Andresky: Jemand zum Küssen. Etwas zu lachen. Und ein gutes Kopfkissen.



Von Schaumkronen und Gummitieren

Wenn unsere liebste Erotikautorin in die Tasten haut, dann werden wir schon ganz weich in den Knien. Bei ihr gibt es keine falsche Zurückhaltung, da wird ausgesprochen, was Sache ist. Die Dinge werden beim Namen genannt. Wo andere sich in blumigen Beschreibungen winden, kommt Sophie direkt auf den Punkt. Doch auch sie musste erst einmal lernen, wie das denn alles so geht mit dem Sexus.
Hier erzählt sie uns, wie es bei ihr mit der Aufklärung ablief.


»Ich weiß noch, wie meine Mutter mich aufgeklärt hat. Ich war vier, und meine Eltern hatten den Schmu der Fünfzigerjahre, das Getuschel und Gemauschel satt und wollten progressiv und sachlich sein. Sie liefen nach dem Duschen nackig durchs Haus und sagten Sachen wie »Geschlechtsverkehr« und »Glied einführen«. Dabei zuckt mein Uterus heute noch vor Unbehagen zusammen. Meine Mutter hatte superpädagogisches Material besorgt, in dem man auf Comicbildchen von nackten Kindern sehen konnte, wie Jungs und Mädels so gebaut sind untenrum. Während ich mich vor Peinlichkeit wand, fragte sie mich immer wieder: »Hast du es jetzt verstanden? Worin unterscheiden sich Mädchen und Jungen?« Und ich
sagte jedesmal wieder »an der Frisur«, denn das Mädchen auf der Zeichnung hatte Zöpfe und der Junge nicht. Mir war es einfach zu unangenehm. Abends hörte ich dann, wie meine Eltern beschlossen: »Sie ist einfach noch nicht so weit.« Von Liebe wurde in unserem
kreuzkatholischen Haushalt auch sehr oft geredet.Von Lust nie.
Dunkle Ecken gab es in meiner Kindheit natürlich auch. In einer saß der ältere Nachbarsjunge
und wollte mir seinen Schniepel zeigen, was nicht klappte, weil er wegen einer behinderten Hand seine Hose nicht selbst öffnen konnte und ihm auch immer jemand beim Pinkeln helfen musste. In einer anderen saß eine jüngere Freundin, die ich küssen wollte, woraufhin ich unglaublichen Ärger mit ihrer Mutter bekam, die mich sogar später als Erwachsene nie wieder gegrüßt hat.
Zu meinem zwölften Geburtstag schenkte mir jemand ein Sternzeichenbuch für Kinder, in dem es hieß: »Als Zwilling ist dein Sexualtrieb besonders stark. Unterdrücke ihn, so lange du kannst.« Ich hoffe, dieses Buch wurde mittlerweile als »für Jugendliche desorientierend« aus dem Handel genommen. Andere Kinder verfügen ja bereits früh über ein beeindruckendes Fachwissen. Der kleine Sohn einer Freundin (er ist gerade mal zehn) fragte mich neulich nach meiner letzten Periode – weil er dann meinen Eisprung ausrechnen könne. Ich wollte ihn nicht verwirren mit dem Hinweis, dass ich mir das allmonatliche Geblute schon lange spare und stattdessen die Pille durchnehme. Ich vermute allerdings, dass er sich die Vorgänge in meinen Innereien sowieso vorgestellt hat wie einen Flipperautomaten, in dem die Eier mit Affengeschwindigkeit an den Organen vorbeischießen. So eine Art »Krieg der Sterne« im Frauentorso.
Kinder haben ja nicht nur eine eigene Kinder-Sexualität, sondern auch eine Intimsphäre. Hallo Mom, ich habe es z.B. immer gehasst, wenn du mir unters Kleid gegriffen hast, um die Strumpfhose zurechtzuziehen, während der blöde Patrick von nebenan zusah, mit dem ich in den Kindergarten gehen musste, obwohl er mich regelmäßig zum Weinen brachte, indem er androhte, er werde nachts in unseren Garten steigen und alle Bäume absägen. Als ich meinen Eltern endlich davon erzählte, musste Patrick sich bei mir entschuldigen, was schon demütigend genug für ihn gewesen wäre, aber er saß zu diesem Zeitpunkt auch noch im samstäglichen Wannenbad und hatte einen Schaumhut auf dem Kopf. Seitdem erscheinen mir furchterregende Menschen weniger beängstigend, wenn ich sie mir planschend mit Quietscheentchen vorstelle.
Visionen von Schaumkronen und Gummitieren nutze ich übrigens auch gern, wenn mir beim Gelecktwerden der Orgasmus zu früh kommt – aber das ist ein anderes Thema.«