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Safi Nidiaye über »Das Gott-Experiment«

Safi Nidiaye über »Das Gott-Experiment«

»Ich möchte der wunderbaren Realität, die wir Gott nennen, zum Durchbruch
in unser Alltagsbewusstsein verhelfen. Und zwar in einer Weise,
die uns einander näherbringt statt uns zu trennen.«


Sie ist eine der meistgelesenen deutschen Autorinnen im Bereich psycho-spirituelle Lebenshilfe: Safi Nidiaye. In ihrem neuen Buch, »Das Gott-Experiment. Eine Erfahrung, die alles verändern kann«, lädt sie ihre Leser(innen) ein, Gott tatsächlich zu erleben. Sie möchte spirituell Suchenden und auch Skeptikern einen völlig neuen Zugang zu Gott und eine persönliche Sichtweise auf göttliches Wirken ermöglichen. Im Interview erklärt sie um was es ihr bei diesem Versuch geht.

Safi Nidiaye – Sie schreiben: »In einer Welt, in der alles von wirtschaftlichen Interessen dominiert wird und Betrug und Selbstbetrug zu einer allseits akzeptierten Selbstverständlichkeit geworden ist (...)«, da wachse das Bedürfnis nach Religion, dem Heilen und Heiligen. Warum treten dennoch so viele Menschen aus der Kirche aus?

Safi Nidiaye: Das Angebot der Kirchen, die Lehren und die Art, wie sie vermittelt werden, entsprechen nicht mehr dem Bedürfnis der Menschen. Das lässt sich auch nicht damit beheben, dass man ab und zu ein paar moderne Songs in das alte Angebot einmischt. Heute sehnen Menschen sich nach einem direkten Zugang zu Gott. Nach einem Gott, der nicht völlig außerhalb der modernen Alltagswirklichkeit steht. Sie sind mehr an einer globalen spirituellen Lehre interessiert als an einer einengenden religiösen, die mit anderen Richtungen nicht vereinbar ist. Etwas zu glauben, was von Menschen einer fremden Kultur vor langer Zeit als Dogma festgelegt worden ist, entspricht nicht mehr dem Zeitgeist. Viele beziehen mehrere religiöse oder spirituelle Lehren in ihre Gott- oder Wahrheitssuche ein und lösen sich von der Kirche als einziger Repräsentantin der himmlischen Realität. Sie tragen sie eher im Herzen, begeben sich aber dennoch von Zeit zu Zeit in eine Kirche oder einen Tempel, um heilige Atmosphäre zu tanken.

Sie ermutigen Ihre Leser(innen), einen erwachseneren Umgang mit Gott zu pflegen. Sind wir in einer Art Kinderglauben stecken geblieben?

Safi Nidiaye: Wer den Umgang mit Gott ernsthaft pflegt und sich dabei von den Lehren löst, seine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen macht, startet vielleicht mit einer kindlichen Haltung und wird nach und nach spirituell erwachsen. Am Anfang ist Gott für mich jemand anderes als ich, steht vielleicht über uns allen, als eine Extra-Realität. Ich glaube einfach an das, was meine Eltern, Lehrer und die Kirche mir vermittelt haben. Wenn ich jedoch versuche, wirklich mit Gott in Kontakt zu treten, mache ich eigene Erfahrungen. Dann wandelt sich vielleicht meine Idee von Gott. Ich denke nach oder meditiere darüber, wie es kommt, dass wir denken, Gott könne unsere Gebete hören. Sitzt da jemand anderes in unserem Kopf und hört zu? Hat es damit zu tun, dass er überall ist, und wenn er allgegenwärtig ist, heißt das dann nicht auch, in mir gegenwärtig? Ist Gott ich? Bin ich Gott? Ist Gott vielleicht Wir alle?

Wo sehen Sie die Unterschiede zwischen kindlichem und erwachsenem Glauben?

Safi Nidiaye: Wie bete ich? Bitte bitte lieber Gott, gib mir das, erspare mir das ... Wer ist Gott dabei für mich? Allmächtig, mir vielleicht nicht immer gnädig. Das ist kindlich. Ich könnte aber entdecken, dass Gott meine Gebete deshalb hört, weil er eben nicht jemand anderes ist, sondern weil er in mir anwesend ist, möglicherweise als ich. Als wir alle. Dann verwandelt sich ein unterwürfiges Flehen in eine Art Bestellung. Dies zwingt mich dazu, meine Bestellung genauer anzuschauen, präziser zu formulieren, Verantwortung dafür zu übernehmen. Ein kindlicher Glaube kann wunderschön sein, einer der Art: Es gibt oben im Himmel jemanden, der mich beschützt, meine Gedanken liest und meine Gebete erhört. Andere Arten kindlichen Glaubens sind weniger schön: Wenn ich nicht brav bin, komme ich in die Hölle und werde ewig im Feuer gefoltert.
Ein erwachsenerer Umgang mit Gott könnte bedeuten, dass wir es uns erlauben von alten Vorstellungen zu lösen und herauszufinden, was Gott wirklich für uns bedeutet. Indem man sich nicht nur theoretisch damit befasst, tauchen neue Gedanken, Ideen, Intuitionen auf. Die verwandeln das Weltbild, das Gottesbild und schließlich uns selbst. Vielleicht studieren wir mit neuen, frischen Augen die Aussagen der Mystiker verschiedener Religionen. Machen uns eine eigene Idee davon, wer Gott ist und in welchem Verhältnis wir zu Ihm/Ihr stehen.

In »Das Gott-Experiment« schlagen Sie vor, man solle sich einfach vorstellen, dass es Gott gibt und dann – während einer selbst zu bestimmenden Übungsphase – genau beobachten, was geschieht. Wie kann sich dieser Versuch auf unser Leben auswirken?

Safi Nidiaye: Es ist, als ob man ein uraltes Feuer in sich wieder entfacht. Ich habe mit mehreren Freundinnen und Freunden dieses Experiment gemacht und alle eingeladen, im Buch darüber zu berichten. Sie werden feststellen, dass jeder Bericht anders ist. Es gibt kein vorgefertigtes Ergebnis des Experiments. Das Einzige, was ich verallgemeinernd sagen kann ist, dass die Teilnahme daran einen bemerkenswerten Prozess in Bewegung bringt. Es ist ein Abenteuer, bei dem man jeden Tag aufregende Entdeckungen macht, die einen verwandeln. Es gibt Menschen, die dadurch Vertrauen ins Leben finden. Bei anderen setzt es einen Klärungsprozess in Gang. Manche entdecken ihre innere Stimme, finden zu Selbstliebe, haben kleine Erleuchtungen oder einfach schöne und tiefe Erlebnisse. Es gibt ja in unserem Innern so viel zu entdecken! Sobald der Begriff Gott bei der Selbstentdeckung ins Spiel kommt ist es, als habe man das Licht eingeschaltet und beginne all die Schätze zu entdecken, die sich im Innern verbergen. Ob es sich um Erkenntnisse handelt, die Dimension des Heiligen, das Erwachen der Liebe im Herzen, eine Wiederverzauberung des Alltags: Bei jedem ist es etwas anderes. Aber immer ist es ein machtvoller, kostbarer Prozess.

Auch Sie haben aus der Hypothese eine Wahrheit für sich gemacht. Wie lange haben Sie »geübt«? Und inwiefern hat der Versuch Ihr Handeln, Denken und Fühlen verändert?

Safi Nidiaye: Für mich gibt es keine feststehende Wahrheit. Mich interessierte beim Schreiben nicht, eine Hypothese zu beweisen, sondern zu beobachten, wie meine Realität sich verändert, wenn ich die Hypothese anwende. Das ist das Spannende an dem Buch. Was geschieht mit mir und meiner Welt, wenn ich die Annahme darüber, wer oder was Gott ist, in meinem Leben tatsächlich anwende? Die Zeit des Experiments war für mich eine intensive Selbsterforschung und hat mir viele kleine Erleuchtungen beschert. Meine damals schwierige Lebenssituation ist im Verlauf des Experiments in den Hintergrund gerückt. Stärker war die Freude an den neuen Entdeckungen und der wiedergefundenen Intimität mit mir selbst, meiner Seele, meinem Gott.
Für mich habe ich die zwei Monate Übungszeit, die ich im Buch vorschlage, als intensiven Kernprozess definiert und durchgehalten. Aber das ganze Schreiben war ein intensiver Prozess über drei Jahre hinweg. Schließlich hatte das Ganze eine lange Vorgeschichte; in anderer Form hatte ich es im Verlauf meiner spirituellen Schulungen viele Jahre lang geübt.

Ihr großes Thema ist seit vielen Jahren die Herzöffnung. Als Handwerkszeug während des Experiments empfehlen Sie die von Ihnen in den 1990ern entwickelte Methode der »Körperzentrierten Herzensarbeit«. Wie funktioniert sie, was kann sie bewirken?

Safi Nidiaye:Man schaltet die bewusste Wahrnehmung ein und richtet sie auf die Körperempfindungen, die mit den jeweiligen Lebensproblemen zusammenhängen. Diese Technik ermöglicht es, Gefühle ans Licht zu bringen die einen unbewusst beherrschen. Sie bewirkt, dass das Herz sich diesen Gefühlen öffnet. Das hat einen unvorstellbar klärenden und heilenden Effekt. Für das »Gott-Experiment« ist es wichtig, mit den Gefühlen zu arbeiten, die auftauchen. Religiöse Lehren in Frage zu stellen, wirft Gefühle auf, selbst wenn man meint, ihnen längst entwachsen zu sein. Wir müssen »wahr-nehmen« lernen, um Gott begegnen zu können. Körperzentrierte Herzensarbeit ist ein exzellentes Werkzeug dazu, uns der Wahrnehmung zu öffnen. Der Zugang zu Gott oder zur Wahrheit findet sich ja weniger im Kopf als im Herzen. Also dem Ort, wo wir fühlen. Daher empfehle ich jedem, der sich auf das Experiment einlässt, sie anzuwenden, wann immer etwas im Buch oder während des Prozesses Gefühle aufwirft – Zweifel, Unglauben, Ärger, Wut, Schuldgefühl, Angst. Oder Sehnsucht. Oder Zorn auf Gott. Sie ins Bewusstsein zu holen bedeutet sich von der Identifikation mit ihnen zu lösen. Sie ins Herz zu holen bedeutet Zugang zur universalen Liebe zu bekommen und entfernt nach und nach die Scheuklappen von unserem ängstlichen Herzen. So können wir uns dem Leben, der Liebe anderer öffnen und somit auch Gott.

Haben Sie eine Vision in Bezug auf das Experiment? Was würden Sie sich für andere – und vielleicht auch für die Gesellschaft wünschen?

Safi Nidiaye: Da es mich selbst begeistert und verwandelt, habe ich den Wunsch, das Experiment mit möglichst vielen Menschen zu teilen. Auch möchte ich dieser wunderbaren und geheimnisvollen Realität, die wir Gott nennen, zum Durchbruch in unser Alltagsbewusstsein verhelfen. Und zwar in einer Weise, die uns alle einander näherbringt statt uns zu trennen. Dieser Gott, mit dem ich lebe, arbeite und probiere, wird ja zu etwas, was ich in allen Menschen erkenne. Gleich, welcher Religion oder Philosophie sie angehören, welcher Nationalität oder Rasse, wie gebildet oder ungebildet sie sind. Nicht nur in allen Menschen, in allen Lebewesen. Die neue Religion, die aus Forschen und Experimentieren entsteht, ist etwas, das verbindet und nicht trennt. Und ich glaube, das können wir heute auf unserem Planeten mehr denn je brauchen.