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Gregory David Roberts »Shantaram«

SPECIAL zu Gregory David Roberts »Shantaram«

Leben und Sterben in Bombay

Rezension von Manuela Haselberger

Gleich eine Warnung vorweg: Sollten Sie von „Shantaram“, der Titel könnte es vermuten lassen, einen farbenprächtigen Indienschmöker im Bollywood-Format erwarten, dann werden Sie bitter enttäuscht. „Shantaram“ ist anders, ganz anders, auch wenn das frühere Bombay (heute Mumbai) eine schillernde Hauptrolle spielt.

Dieser Roman gehört zu den Büchern, die einen in ihren Bann ziehen, die den Leser bis zum Schluss gnadenlos am Wickel haben, ihm keine Ruhe lassen, und die verlangen, dass man selbst Position bezieht. Gar nicht so einfach, denn die Hauptperson gehört keinesfalls zu den Menschen, die einem auf Anhieb sympathisch sind. Sicher ist: gleichgültig wird diese Geschichte niemanden lassen.

Flucht und Neubeginn
Als Anfang der achtziger Jahre der Australier Lindsay mit falschen Papieren nach Bombay reist, zählt er in seiner Heimat zu den meistgesuchten Verbrechern. Er hat mehrere bewaffnete Raubüberfälle begangen, wurde zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt und ist mit einer spektakulären Flucht aus dem Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses geflohen.

In Bombay wagt er einen Neubeginn, und kaum ist er in der Stadt, nimmt sie ihn restlos gefangen. „In dieser Stadt, die ich lieben lernte, riet mir mein Instinkt vielmehr, genau hinzusehen, mich einzulassen und zu genießen.“ Gleich als er zögernd aus dem Bus steigt, lernt er die zwei wichtigsten Menschen der nächsten Jahre kennen. In die geheimnisvolle Schweizerin Karla, die ihn mit ihrer Schönheit und klugen Worten vollkommen bezaubert, verliebt er sich auf der Stelle. Und mit dem schlitzohrigen Fremdenführer Prabaker, dessen unbeschwertes Lachen alle Sorgen vergessen lässt, schließt er eine wunderbare Freundschaft fürs Leben. Von Prabaker lernt Lin, wie er der Einfachheit halber genannt wird, Hindi und Marathi, so dass er sich schon bald wie ein Einheimischer verständigen kann.

Arzt in den Slums
Zusammen mit Prabaker wohnt Lin in einem Slum neben dem World Trade Center. Zunächst ist er über den Schmutz und das Elend schockiert, doch die Herzlichkeit und Wärme der Bewohner überwältigen ihn. Er packt seinen alten Sanitätskoffer aus, denn die Menschen sind dankbar für jede medizinische Hilfe, vor allem als eine Cholera-Epidemie grassiert. Über zwei Jahre leistet er als nicht ausgebildeter Arzt unschätzbare Hilfe. Von den Frauen im Heimatdorf Prabakers erhält er den Namen „Shantaram“, was so viel bedeutet wie „Mann des Friedens“.

Ganz so friedlich verläuft Lins Leben jedoch nicht. Unvermutet wird er eines Abends von Polizisten verhaftet und für acht Monate ins Gefängnis gesteckt. Die Behandlung dort ist äußerst brutal, und sehr schnell stellt sich heraus, dass er ein international gesuchter Verbrecher ist. Doch wer hat ihn verraten?

Geschäfte für die Mafia
Lin hat frühzeitig Kontakte zum organisierten Verbrechen in Bombay geknüpft und diese helfen ihm letztlich auch wieder frei zu kommen. Für ihn ist klar: er arbeitet fortan für die Mafia bei illegalen Devisengeschäften mit, handelt unverfroren mit gefälschten Pässen und geht keiner Schlägerei oder Messerstecherei aus dem Weg, wenn es gilt seine Interessen durchzusetzen.

Und wenn die Probleme zu sehr überhand nehmen, dann kehrt er wieder zurück zu der Droge, die ihn schon in Australien ins Gefängnis gebracht hat: Heroin.

Ein Mensch auf der Suche nach dem Guten
Lin ist kein Mensch, der es allen recht machen will. Er pflegt seine Ecken und Kanten, er redet wenig, und am liebsten zieht er sein Ding alleine durch. Sein Verhältnis zu Karla bleibt auf Dauer schwierig.

Einzig Khader, den Chef der afghanischen Mafia, verehrt Lin wie einen Vater. Er liebt die philosophischen Gespräche mit dem älteren Mann, und er scheut vor keinem Auftrag zurück, den er von ihm erhält, ganz egal, in welche Gefahr er sich dafür begeben muss.

Liest man die Autobiografie von Gregory David Roberts, dann wird schnell klar, dass dieser Mann in seinem Debüt sein eigenes Leben aufarbeitet, und wenn er über die Geschäfte der Mafia schreibt, dann gibt er einen sehr detaillierten Einblick in die Strukturen des organisierten Verbrechens. Aber am Eindrucksvollsten ist sein harter Kampf mit sich selbst. Sein Streben, das Gute zu tun, um doch immer wieder der Macht der Drogen und des Geldes zu erliegen und zu scheitern.

Fortsetzung erwünscht
Johnny Depp hat sich bereits die Filmrechte an diesem faszinierenden Stoff gesichert. Man darf sicher auf den Blockbuster gespannt sein, doch noch mehr interessieren würde den Leser, wie die Geschichte mit Lin weitergeht.
Manuela Haselberger
(bookinist)
Geislingen, September 2008

Shantaram

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