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SPECIAL zu Stephan Bartels: »Dicke Freunde«

Stephan Bartels über »Dicke Freunde«

Perfekte Unterhaltung mit dem gewissen charmanten Etwas

1. Wenn Sie Ihren Roman in zwei Sätzen einem Fremden erklären wollten, worum geht es?
Stephan Bartels: Ein betrogener Mann ändert sein Leben, und das eines Fremden gleich mit. Beide verlieren im Laufe des Buches Gewicht, gewinnen aber wichtige Erkenntnisse über sich selbst, das Leben mit 30, Männerfreundschaften, die Frauen an sich und im Speziellen und die Wirkung einer Überdosis Ananas auf den Organismus.

2. Sie haben ja bereits ein Sachbuch zum Thema „Abnehmen“ geschrieben. Was hat Sie daran gereizt, diese Thematik in einem Roman aufzugreifen?
Stephan Bartels: Ich wollte mal bei irgendwas der Erste sein, und Romane über eine Männer-WG im Abnehmmodus gibt es global gesehen noch nicht, soweit ich weiß. Außerdem ist es neben Fußball mein Lebensthema. Und Fußballbücher verkaufen sich traditionell schlecht, also… Nein, die Wahrheit ist: Ein Verlag hat mich vor einigen Jahren gefragt, ob ich nicht Lust hätte, ein Buch über das Abnehmen zu schreiben – egal, welches Genre. Und zack, da war sie in meinem Kopf, diese Geschichte. Ich konnte nichts dagegen tun.

3. Was war beim Schreiben der größte Unterschied zur Arbeit am Sachbuch?
Stephan Bartels: Die Möglichkeit, einer erlebten Realität eine neue Richtung geben zu können. Die psychologische Entwicklung einer Figur nicht nur sachlich aufzuschreiben, sondern neu auszubalancieren. Die grenzenlose Freiheit, Dinge und Menschen innerhalb gewisser Grenzen des Blödsinns erfinden zu können. Wobei erfinden gar nicht das richtige Wort ist – ich war selbst oft verblüfft, welche Figur da gerade ums Eck kommt und sich zwischen die Seiten schleicht. Beim Korrekturlesen am Ende konnte ich mir ab und zu beim besten Willen nicht erklären, wie ich auf diese oder jene Figur gekommen bin. Spooky.

4. Sie haben in Ihrem Sachbuch „Der Kilo-Killer“ über Ihre eigenen Erlebnisse mit Diäten geschrieben. Wie viel half Ihnen diese Erfahrung bei der Arbeit am Roman? Und haben Sie etwa ähnliche Erfahrungen wie Simon gemacht?
Stephan Bartels: Wie sagt Elke Heidenreich immer so schön: Beim Romanschreiben ist das eigene Leben der Steinbruch, an dem man sich abarbeitet. Simon und Hotte sind zu großen Teilen das Produkt meiner Erfahrungen und Empfindungen. Klar hat das alles geholfen. Auch ich habe schon wutentbrannt Waagen entsorgt und von Hackfleisch auf Gemüse umgestellt – eine extrem undankbare Aufgabe. Und wie Simon habe auch ich schon mal fast 30 Kilo am Stück abgenommen. Ich kenne das Gefühl, vorher und nachher.

5. Wie kamen Sie auf die Idee, zwei Männer (und einen Hund) gemeinsam durch das Tal der Diätqualen zu schicken?
Stephan Bartels: Gemeinsam ist man eben stärker, oder? Ich denke, dass Simon, der zuerst da war, auch einen Gegenpart brauchte, den ich mir bei meinen eigenen Abnehmerfahrungen auch manchmal gewünscht hätte. Der Hund ist mir irgendwie zugelaufen.

6. Welche Rolle spielt Hamburg für den Roman? Könnte er so auch in München spielen?
Stephan Bartels: Ja, klar, warum nicht? Mit anderen folkloristischen Vorzeichen natürlich: Eisbach statt Elbstrand, 60 statt St. Pauli. Das Thema ist ja universell, so gesehen wären auch Kulmbach oder Hürth-Kalscheuren mögliche Schauplätze gewesen. Aber Hamburg ist meine Heimat und hier kenne ich mich am besten aus.

7. Sie lassen den Roman im Jahr 1999 spielen, warum haben Sie sich ausgerechnet für dieses Jahr entschieden?
Stephan Bartels: Das liegt eigentlich an zwei anderen Prämissen. 1.: Ich habe einen Faible für alles, was mit dem Prager Frühling zu tun hat. Und ich wusste eben, dass Simon genau in dieser Zeit am Laurenzi-Berg gezeugt wurde. 2.: Ich wollte, dass die Geschichte an seinem dreißigsten Geburtstag beginnt, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass dieser Tag für Männer psychologisch bedeutsam ist. Das ist für viele der Moment, an dem sie begreifen, dass ihre Kindheit endgültig vorbei ist. Finde ich hochinteressant. Und daraus ergab sich eben das Jahr 1999.

8. Ist es so, dass Männer im wahren Leben die größeren Weicheier sind? Woran liegt das?
Stephan Bartels: Jein. Ob das so ist, weiß in Wirklichkeit kein Mensch. Interessant ist aber, dass wir Männer diese Rolle des Weicheis uns klaglos haben aufdrücken lassen. Das ist unsere Reminiszenz an Alice Schwarzer und alle Brigitte-Leserinnen: Uns tut es nicht weh, und ihnen gibt es ein gutes Gefühl, zu glauben, dass sie härter sind.

9. Im Roman geht es neben dem Thema Diät ja vor allem um die Liebe und Freundschaften. Würden Sie sich selbst als romantischen Typen bezeichnen?
Stephan Bartels: Definitiv.

10. Kaum etwas ist schwieriger als über Gefühle und die Liebe zu schreiben, ohne in den seichten Kitsch abzudriften. Welchen Autoren gelingt der Spagat Ihrer Meinung nach besonders gut?
Stephan Bartels: All jenen, die nicht vergessen, dass das Wichtigste bei der Liebe der Humor ist. Da ist für mich der wunderbare Nick Hornby ganz weit vorne. Und bei Charles Bukowski habe ich hinter der rauen Schale immer wieder Momente der Liebe entdeckt, die mich angerührt haben.

11. Sind weitere Bücher mit Simon, Hotte und Zottel geplant? Obligatorische Frage: Welche Schauspieler hätten Sie im Falle einer Verfilmung im Auge?
Stephan Bartels: Ja, die Geschichte der Drei ist noch längst nicht auserzählt. Was die Verfilmung angeht: Alexander Fehling als Simon (mit Fettsuit), Charly Hübner als Hotte, Nora Tschirner als Anke, Inez Bjorg David als Katja, Axel Prahl als Janko, Inka Friedrich als Jarmila, Cosma Shiva Hagen als Camilla… Der Cast steht, würde ich sagen.

12. Was sagen eigentlich Ihre großteils weiblichen Kolleginnen von der Brigitte, dass Sie einen Beziehungs/Diät-Roman schreiben?
Stephan Bartels: Die wundern sich bei mir über nichts mehr. Abgesehen davon würden sie sich auch freuen, wenn ich zweihundert Seiten darüber schreibe, wie man Essiggurken einlegt. Mit anderen Worten: Die Brigitte-Mädels sind meine wohlwollendsten Kritiker.