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SPECIAL zu Lotte und Søren Hammer »Schweinehunde«

Das dänische Geschwisterpaar auf Erfolgskurs

© Robin Skjoldborg
Die Geschwister Lotte und Søren Hammer sind von ihrem eigenen Erfolg überwältigt: Aus Spaß am gemeinsamen Schreiben entstand ihr erster Krimi Schweinehunde, der in Dänemark zum Nr. 1 Bestseller wurde. Im Interview erzählen sie, wie alles seinen Anfang nahm, welche Vorteile das gemeinsame Schreiben bringt und wie es mit Kommissar Simonsen und seinem Team weitergeht.
» Wie kamen Sie dazu, gemeinsam mit Ihrem Bruder einen Roman zu schreiben?
Lotte Hammer: Ich lebe in einer kleinen Stadt etwa eine Stunde von Kopenhagen entfernt; dort habe ich ein großes Haus mit zwei Wohnungen. Vor sechs Jahren wurde die obere Wohnung frei und Søren zog ein. Kurz nachdem er eingezogen war, fragte mich Søren, ob wir nicht gemeinsam ein Buch schreiben wollen. Zuerst dachte ich, er macht Witze, aber er meinte es wirklich ernst. Am Anfang ging es uns vor allem darum zu beweisen, dass wir das schaffen können und wir dachten noch gar nicht an eine Veröffentlichung.

» Und was hat Sie dann dazu bewegt, Ihr Manuskript doch bei einem Verlag einzureichen?
L. Hammer: Als wir unser erstes Buch fertig geschrieben hatten, hatten wir fast 1000 Seiten zu Papier gebracht. Søren hat es mit Faden zusammengenäht und wir waren sehr glücklich. Als ich dann das selbst gemachte Buch vor uns auf dem Tisch liegen sah, sagte ich: Lass uns versuchen, einen Verlag dafür zu finden. Auch Sørens Kinder bestärkten uns darin und so ist es dann gekommen ...

» Warum haben Sie sich dafür entschieden, einen Krimi zu schreiben?
L. Hammer: Wir haben beide schon immer gerne Sjöwall & Wahlöö gelesen, die wir sehr verehren. Außerdem mögen wir gerne den Rahmen, den uns das Krimigenre vorgibt. Es gibt bestimmte Regeln, die man einhalten muss. Das ist eine Herausforderung, aber es macht einige Dinge auch einfacher. Vielleicht wagen wir es eines Tages aber auch, etwas ganz anderes zu schreiben.

» Hat der große Erfolg anderer skandinavischer Krimiautoren in den letzten Jahren Sie dazu ermutigt, es selbst zu versuchen?
L. Hammer: Nein, eigentlich nicht. Wie bereits gesagt, mögen wir Sjöwall & Wahlöö sehr gerne, aber als wir mit dem Schreiben begannen, dachten wir gar nicht an eine Veröffentlichung.

» "Schweinehunde" war Ihr erster gemeinsamer Krimi, dem mittlerweile weitere gefolgt sind. Können Sie uns Ihre Arbeits- und Vorgehensweise etwas genauer erläutern?
L. Hammer: Wir sind beide sehr diszipliniert und am Anfang eines neuen Buchprojekts reden und planen wir viel. Zuerst legen wir die Handlung fest, dann die Anzahl der Kapitel und schließlich teilen wir die Handlung ein. Da wir zu zweit sind, dauert diese Planungsphase recht lange. Wir müssen jeden Gedanken für den anderen in Worte fassen. Das ist sehr zeitaufwendig, aber wir sind überzeugt, dass es dafür den Schreibprozess selbst verkürzt. Das gemeinsame Schreiben hat außerdem den Vorteil, dass man doppelt Energie hat und sich gegenseitig ermutigen kann.

» Sprechen Sie vorher ab, wer welchen Teil schreibt oder wer für welchen Charakter zuständig ist?
L. Hammer: Wenn wir mit der Planungsphase fertig sind, beginnen wir mit dem Schreiben der ersten Seite. Wir teilen die Szenen und Dialoge nach unseren unterschiedlichen Kenntnissen, Interessen und der verfügbaren Zeit zwischen uns auf. Ganz grob kann man sagen, dass Lotte eher für die Gefühle zuständig ist und Søren für die Action und die eher technischen Aspekte. Da wir im gleichen Haus wohnen, können wir uns mehrmals am Tag treffen, meistens in meiner Wohnung, und auch über kleine Details sprechen. Es ist für uns eine enorme Erleichterung, dass wir uns, wann immer wir wollen, treffen und diskutieren können.

» Wie sieht ein Tag von Ihnen aus, wenn Sie nicht schreiben?
L. Hammer: Wir arbeiten beide sehr diszipliniert und schreiben fast jeden Tag. Wir stehen sehr früh auf und setzen uns an den Schreibtisch. Das Schreiben ist eben eine Arbeit, wie jede andere auch. Aber natürlich gehört nicht nur das Schreiben zu unserem Job; wir müssen ab und zu verreisen, Interviews geben und zu Besprechungen und Veranstaltungen gehen. Davon abgesehen haben wir beide unsere Familien und müssen uns um Haushalt und Garten kümmern – wie jeder andere auch. Wir lesen beide sehr viel. Ich lese gerne Krimis und moderne Literatur, während Søren klassische Literatur bevorzugt.

» "Schweinehunde" ist der erste Band Ihrer Serie um Kommissar Simonsen und sein Team. Erzählen Sie uns ein wenig über Konrad Simonsen.
L. Hammer: Konrad ist ein intelligenter, netter und sanfter Mann. In der Regel ist er ein freundlicher Zeitgenosse, sehr umgänglich und es braucht einiges, dass er richtig wütend wird. Er hat ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und kann sehr böse werden, wenn Dinge nicht fair verlaufen. Konrad kann mit seinen eigenen Gefühlen nur schlecht umgehen; er denkt nie darüber nach, was und warum er etwas fühlt. Daher kann er seine Gefühle auch nicht gut ausdrücken. Er ist ein ziemlich introvertierter Mann. Er hat Übergewicht, ernährt sich schlecht, macht keinen Sport und achtet nicht auf seine Gesundheit. Gegenüber den Menschen, die ihm nahestehen, verhält er sich sehr loyal und beschützend.

» Stimmt es, dass Lottes Ehemann Modell stand für Simonsen?
L. Hammer: Konrad ist kein exaktes Spiegelbild von Lottes Mann, aber es stimmt, dass wir uns von Beginn an ihm orientiert haben. Es ist wichtig, dass man sich die Person, über die man schreibt, in der Fantasie bildlich vorstellen kann, nicht nur das Äußere, sondern auch seine Bewegungen und sein Verhalten. (Ich hoffe, mein Mann wird das nie lesen…)

» Dem Leser drängen sich unweigerlich Parallelen zwischen Simonsen und Mankells Ermittler Kurt Wallander auf. In wie weit haben Kommissare wie Wallander oder Martin Beck Sie zu Ihrem Konrad Simonsen inspiriert und wo sehen Sie Unterschiede?
L. Hammer: Es stimmt, dass es zwischen Konrad und den anderen zwei Kommissaren Parallelen gibt, aber wir haben sie nicht vor Augen gehabt, als wir unser Buch geschrieben haben. Wir achten sehr darauf, nicht von anderen abzukupfern und weder die Handlung noch die Charaktere zu plagiieren. Aber gerade die Figur des Martin Beck bedeutet uns sehr viel, wir lieben ihn und er ist Teil unserer Jugend. Selbst wenn wir wollten, würden wir ihn nicht aus unseren Köpfen verbannen können.

» Wie geht es mit Kommissar Simonsen und seinem Team weiter? Auf wie viele Bände ist die Serie insgesamt angelegt?
L. Hammer: Neben der Handlung ist es uns wichtig, die Entwicklung der einzelnen Teammitglieder und ihr Verhältnis untereinander zu beschreiben. Vielleicht werden wir einzelne Personen im Team austauschen, wenn sie uns verbraucht erscheinen oder wir uns nach neuen Gesichtern sehnen. Der dritte Roman heißt "Club der einsamen Herzen" (in Dänemark erscheint er im August 2011) und darin geht es in erster Linie um Konrad Simonsen und sein Leben in den 1960er Jahren. Wir haben soeben Buch Nummer vier beendet und bereits Ideen für mindestens zwei oder drei weitere Romane entwickelt. Wie viele Bände die Reihe letztendlich haben wird, können wir noch nicht sagen. Wir machen so lange weiter, wie es uns Spaß macht.

» Die Mordopfer in Schweinehunde sind Pädophile. Sie wurden nicht einfach nur getötet sondern brutal hingerichtet, fünf Männer auf einen Schlag. Warum haben Sie ein derart grausames Szenario gewählt?
L. Hammer: Für jedes unserer Bücher wählen wir ein übergeordnetes Thema. In Schweinehunde geht es um die Gegenüberstellung von Recht und Zivilisation versus Selbstjustiz, das Recht in die eigene Hand nehmen. Dafür brauchten wir Täter, die sehr grausame und schlimme Verbrechen begangen haben, so dass sie für sehr böse und schlecht gehalten werden. Wenn wir das Buch 1947 geschrieben hätten, hätten wir wohl stattdessen Nazis gewählt.

» In Ihrem Roman beschreiben Sie die Rolle der Medien sehr ambivalent. Die Zeitungen profitieren von der Welle aus Angst und Wut und scheinen nur die Steigerung ihrer Auflagenhöhe im Auge zu haben. Übernehmen die Medien Ihrer Meinung nach zu wenig Verantwortung für das, was in unserer Gesellschaft passiert?
L. Hammer: Das ist eine sehr schwierige Frage. Die Medien müssen versuchen, die Ereignisse in der Welt objektiv darzustellen. Auf der anderen Seite müssen sie auch stets ihre Auflagen oder Quoten im Blick haben. Die meisten Medien meistern diese Verantwortung sehr gut, aber es gibt eben auch Boulevardblätter, die nicht so gewissenhaft vorgehen. Allgemein können wir aber sagen, dass alle demokratischen Länder, die wir kennen, über eine seriöse Presse verfügen, die in der Gesellschaft eine wichtige Rolle übernimmt. Wohl oder übel müssen wir auch die Existenz von einzelnen unseriösen Medien akzeptieren. Aber das müssen wir in einer Demokratie eben in Kauf nehmen.

» In den letzten zehn Jahren haben Kriminalromane aus Schweden international einen wahren Höhenflug erlebt. Letztes Jahr hat Ihr Landsmann und Kollege Jussi Adler-Olsen den Glass Key Award - die wichtigste Krimi-Auszeichnung Skandinaviens – gewonnen. Sind nun die Dänen an der Reihe?
L. Hammer: Das hoffen wir sehr!

Lotte Hammer, ich bedanke mich ganz herzlich für das Interview und wünsche Ihnen auch in Deutschland viele begeisterte Leser!



Die Fragen stellte Alexandra Plath für www.droemer-knaur.de
Random House Audio dankt Droemer für die freundliche Genehmigung das Interview zu nutzen.