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SPECIAL zu John Lydon »Anger is an Energy« – Heyne Hardcore

Wut ist Energie. Und was für eine. Eine prägnantere Zeile als »Anger is an energy» habe ich wohl nie geschrieben. Als mir damals die Idee zu »Rise« kam, hätte ich nie gedacht, dass der Song mich und alle, die ihn später hören sollten, derart aufwühlen würde.

Es war eigentlich ein Schnellschuss, eine spontane Reaktion auf die grauenhaften Berichte aus Südafrika, die ich auf CNN gesehen hatte. »They put a hotwire to my head, because of the things I did and said« – damit sind die Foltermethoden des Apartheidregimes gemeint.

Bei solchen Berichten konnte man das Gefühl haben, diese Realität wäre unabänderlich. »Anger is an energy« soll in diesem Zusammenhang bedeuten: Wut muss nichts Negatives sein, man muss sie nicht runterschlucken, sondern kreativ nutzen. Dazu gibt es noch einen zweiten Refrain: »May the road rise with you«. Als ich klein war, war das der Standardspruch von Mum und Dad – und der Hälfte unserer Nachbarn, die ebenfalls Iren waren. »May the road rise with you and your enemies always be behind you.« Soll heißen: »Gib niemals die Hoffnung auf«, und dass sich Probleme auch gewaltlos ausräumen lassen. Wut muss sich nicht unbedingt in Gewalttätigkeit entladen. In Südafrika hat man schließlich eine relativ friedliche Lösung gefunden. Wenn man etwas eigentlich Negativem wie Wut einen positiven Impuls gibt, kann das genügen, um etwas zum Besseren zu bewegen.

Nach dem Erscheinen Anfang 1986 wurde »Rise» zur Hymne, während die Presse mich gerade erst für »erledigt« erklärt hatte. Wut ist eine Energie. Wenn ich das Stück heute auf der Bühne singe, geht mir das durch und durch, weil direkt die Verbindung zum Publikum da ist. Ich erlebe richtig melodramatische Reaktionen, dass Leute sich mit der Aussage total identifizieren und mir das auch zeigen. So was verschlägt dir den Atem. Wenn ich das Publikum singen höre, bin ich manchmal so überwältigt, dass ich selbst zu singen vergesse. Genau das verstehe ich unter wahrem Erfolg: eine Message, die von allen Menschen verstanden wird. Die Wut in mir ist der eigentliche Antrieb, Songs zu schreiben. Manchmal kann ich beim Schreiben komplett ausrasten. Falls mir da irgendeine Muse die Hand führt, muss sie echt hart drauf sein. So was kommt ja nicht aus dem Nichts, es fließen viele Gedanken und Erlebnisse, die ich vorher hatte, darin ein. Aber wenn ich einmal loslege, lege ich los. Dann fließen die Worte einfach aus mir raus.

Was immer das in mir drin ist, es macht mich zu dem, der ich bin. Es sorgt dafür, dass ich so bleibe, dass ich nicht lockerlasse und die Dinge auf meine Art sehe – worin ich mich, nebenbei bemerkt, nicht sehr vom Rest der Menschheit unterscheide. Wirklich nicht. Wir machen alle dasselbe durch. Ich bin bloß derjenige, der aufsteht und die Dinge beim Namen nennt.

John Lydon