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SPECIAL zu Jan-Philipp Sendker »Herzenstimmen« & »Das Herzenhören«

Was das Leben als Schriftsteller noch alles bietet

Jan-Phillipp Sendker über sein Autorenleben

Das Leben als Schriftsteller hat viele großartige Seiten. Man kann den ganzen Tag vor sich hinträumen und das seinen Beruf nennen. Zum Arbeiten braucht man lediglich Stift und Papier. Und man kann seiner Arbeit nachgehen, wo immer man möchte: im Bett, am Strand, in einer Bar (was mich betrifft: meist zu Hause in meinem Arbeitszimmer).

Doch für mich ist eine der schönsten Seiten am Leben als Schriftsteller, dass ich einem ganz wunderbaren und interessanten Menschenschlag begegnen durfte. Wie Schriftsteller sind diese Menschen Träumer – weil sie an die magische Kraft des geschriebenen Wortes glauben.

Sie arbeiten sehr lange. Sie arbeiten sehr lange und beklagen sich nie. Sie arbeiten sehr lange, beklagen sich nie und verdienen nicht viel. Sie haben sich aus den unterschiedlichsten Gründen für ihre Branche entschieden. Reich zu werden zählt nicht dazu.

Sie sind Verkäufer und was sie verkaufen, liegt ihnen so sehr am Herzen, dass sie nicht alles an jeden verkaufen. Sie sind Verkäufer mit einem gesunden Misstrauen gegenüber den Dingen, die sich zu gut verkaufen.

Sie reisen viel und verlassen selten ihren Wohnort. Sie können stundenlang über Figuren und Orte sprechen, die nur in ihrer Fantasie existieren. Sie können sich in Buchstaben verlieren. In Buchstaben!

Sie sind Buchhändler.

Ich bin als Schriftsteller viel auf Lesereisen in Deutschland und der Schweiz unterwegs. So hatte ich das Privileg, viele unabhängige Buchhändler zu treffen, die mich freundlicherweise in ihre Läden eingeladen haben.

Für gewöhnlich verbringen wir zusammen wundervolle Abende. Sie verbreiten die Nachricht und dank ihres Engagements kommen Dutzende – manchmal sogar Hunderte – von Kunden und hören mir zu, statt zu Hause zu bleiben. Manchmal geraten Buchhändler so sehr in den Bann eines Buches, dass sie eine Lesung mitten in den Ferien organisieren und sich dann wundern, warum nur ein paar Leute kommen. Oder sie setzen eine Veranstaltung zeitgleich mit einem wichtigen Fußballspiel an und sind erstaunt und am Boden zerstört, wenn sie den Abend allein mit dem Autor verbringen. Das ist mir alles schon passiert – und es war großartig. Ich habe so viel Zeit in ihrer Gesellschaft verbracht, so oft nach Lesungen mit ihnen zu Abend gegessen, Wein getrunken und dabei jeden Augenblick genossen; man trifft ja nicht so häufig Menschen, die so bescheiden und doch so voller Leidenschaft sind bei dem, was sie tun.

Aus der Sicht eines Lesers und Buchkäufers haben Buchhändler für mich etwas Altmodisches und dennoch sehr Beruhigendes an sich: Sie möchten, dass man in ihren Laden kommt, wenn man doch auch zu Hause bleiben und im Internet bestellen könnte. Sie möchten, dass man sich mit ihnen unterhält, wenn man doch auch nur eine Taste drücken könnte. Sie möchten, dass man den Preis bezahlt, den ein Buch wert ist.

Es heißt, sie sind vom Aussterben bedroht, werden nicht mehr lange überleben.

Der Meinung bin ich nicht. Nennen Sie mich einen Romantiker. Nennen Sie mich einen Träumer. Aber ich glaube an die Kraft ihrer Leidenschaft und an die Loyalität ihrer Kunden. Ich habe zu viele unabhängige Buchhändler getroffen, die überleben, sogar florieren, in einer Nische, die sie sich mühevoll erkämpft und erhalten haben.