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SPECIAL zu »Die Frau des Zoodirektors« von Diane Ackerman, Heyne Encore

Interview mit Diane Ackerman

Wo bist du aufgewachsen?
Diane Ackerman: Ich bin im ländlichen Illinois aufgewachsen, in den düsengetriebenen Fünfzigern, einer Welt ohne Computer, Handys und Teilchenbeschleuniger. Manchmal spielte ich im Haus, aber meist fragte ich: „Kann ich draußen spielen?“ Ich habe viel allein draußen gespielt. Ich ständig habe meine Umwelt untersucht, Steine, Schnee, Wasser, den Himmel. Hier, in der Natur, fand ich viele faszinierende Dinge und auch viele Spielgefährten. Ich schreibe schon, solange ich mich erinnern kann, und mit zehn Jahren „veröffentlichte“ ich die erste und einzige Ausgabe meiner Zeitung, wobei jedes Exemplar mit Bleistift auf Papier aus einem Schulheft geschrieben war. Aber ich gab meine Rolle als Reporterin/ Herausgeberin schnell wieder auf, weil es ziemlich anstrengend war. Mit zwölf Jahren versuchte ich, einen Roman über ein kleines Mädchen zu schreiben, das sein Pferd namens Stormy liebt. Mit dreizehn fing ich einen Spionageroman an, was ich bald aufgab, weil ich merkte, dass der ohne Sex und Gewalt nichts werden würde, und von beidem hatte ich noch nicht viel Ahnung. Aber ich schrieb weiter, denn das Schreiben ist bei mir genetisch programmiert und ich brauche es einfach zu meinem Wohlbefinden. Das Schreiben ist für mich gleichzeitig Feier und Gebet, aber auch eine Art und Weise, die Welt zu erforschen. Ich scheine angetrieben von einer intensiven, nomadischen Neugier. Das Ergebnis ist, dass ich oft wegen einer Sache in eine Art Rauschzustand gerate, was sich dann ziemlich schnell in einem Gedicht oder einem Buch niederschlägt. Mit 18 Jahren fing ich an der Universität von Boston an, physiologische Psychologie zu studieren, aber als ich in meinem zweiten Studienjahr an die Pennsylvania State University wechselte, wurde ich durch einen Computerfehler versehentlich für Englisch eingeteilt, und da ich mein ganzes Leben lang begeistert, wenn auch meist heimlich, geschrieben hatte, hielt ich es für einen Wink des Schicksals. Im letzten Studienjahr hatte ich dann die Optionen, a) einen MFA (Master of Fine Arts) in Lyrik zu machen, b) in Peru Erdbebenopfer auszugraben oder c) in Tanzania in Jane Goodalls Forschungsinstitut zu arbeiten. Ich entschied mich für den MFA und ging an die Cornell Universität, wo ich promovierte, und das fühlte sich an, als hätte jemand in meinem Leben einen Hebel umgelegt, der mich endgültig in eine bestimmte Richtung schickte.

Gibt es eine Person, die dein Leben verändert oder stark beeinflusst hat?
Diane Ackerman: Ich lernte meinen verstorbenen Mann, den Schriftsteller Paul West, in den Siebzigerjahren kennen. Ich war Studentin und ein Kind der Flower-Power, er war Professor und 18 Jahre älter als ich. Bei unserem ersten Rendezvous trafen wir uns zu einem Drink in seinem Haus, wo wir uns bis zum Morgengrauen angeregt unterhielten – und dann blieb ich weitere 46 Jahre. Er war zweifellos der wunderbarste, exzentrischste Mensch, der mir jemals begegnet ist, und er hatte eine brillante Sprache, unser Haus war angefüllt von Worten und Wortspielen. Er schrieb ungefähr 50 Bücher, ich habe bisher 24 geschrieben. Lyrik fiel mir ziemlich mühelos zu, aber das Schreiben von Prosa war mir jahrelang ein Alptraum. Aber im Laufe von etwa fünf Jahren brachte Paul mir bei, wie man Prosa verfasst, und das öffnete mir Türen für neue Erfahrungen.

Welcher Ort auf der Welt fasziniert dich am meisten?
Diane Ackerman: Der, an dem ich mich gerade befinde, vorausgesetzt, ich bin wirklich aufmerksam. Ich bin viel in der Welt herumgekommen, weil ich eine Zeitlang über bedrohte Tierarten geschrieben habe, und deshalb werde ich oft von Leuten gefragt, wo sie hinreisen sollten, um Abenteuer zu erleben. „Um Abenteuer zu erleben, brauchst du nicht zu reisen“, sage ich denen, „es ist etwas, was du selbst mitnimmst.“ Das Unerwartete kann in einem Laubhaufen stecken, in einem Restaurant deiner Nachbarschaft, in einem Behälter mit trübem Wasser oder auf den Lippen eines Hummers (jawohl, Hummer haben Lippen).

Wovor fürchtest du dich?
Diane Ackerman: Vor den üblichen Dingen, vor denen Menschen sich fürchten: einer unheilbaren Krankheit , Altersblödigkeit, Tod.

Was macht dich glücklich?
Diane Ackerman: Am glücklichsten? Liebe. Dicht gefolgt von Wundern (die Wunder um uns, Anm. d. Übers.)

Könntest du dir einen Tag ohne Musik vorstellen?
Diane Ackerman: Ja. Aber keinen ohne Sprache, ohne den Gesang der Vögel und die reiche Geräuschkulisse der Welt.

Wenn du nur $10 übrig hättest, wofür würdest du die ausgeben?
Diane Ackerman: Für Essen.

Gibt es einen Himmel und eine Hölle?
Diane Ackerman: Ich glaube, dass es beides auf Erden geben kann, und manchmal kann es innerhalb von wenigen Momenten von einem zum anderen wechseln. Wie John Milton sagt: „Der menschliche Geist ist ein Universum, der eine Hölle in einen Himmel und einen Himmel in eine Hölle verwandeln kann.“

Was ist wichtig im Leben?
Diane Ackerman: Freundlich zu sein, wann immer es möglich ist.

Welche lebenden Schriftsteller würdest du zum Essen einladen?
Diane Ackerman: William Gass, Cynthia Ozick, Jared Diamond, Sylvia Earle, Atul Gawande, Abraham Verghese, Dava Sobel, Mary Oliver … und viele andere. (Ich würde einen sehr großen Tisch brauchen.)

Du sitzt mit einem Freund in der Bar. Wie würdest du ihm dein Buch in zwei Sätzen beschreiben?
Diane Ackerman: The Zookeeper’s Wife ist die Geschichte von Jan und Antonina Zabinski, Zoodirektoren und Christen, die die Besessenheit der Nazis mit prähistorischen Tieren ausnutzten, um Dutzende von Menschen vor dem Tod zu retten. Nachdem ihr Zoo zerbombt worden war und die meisten ihrer Tiere tot waren, fingen die Zabinskis an, Juden aus dem Warschauer Ghetto zu schmuggeln, um sie in den leeren Tierhäusern des Zoos zu verstecken. Jeder „Gast“ bekam den Namen des Tieres, in dessen Käfig er sich versteckt hielt. Ein weiteres Dutzend Menschen versteckte sich in der Villa der Zabinskis und kam nach Einbruch der Dunkelheit hervor, um zu essen, Klaviermusik zu hören und unter Menschen zu sein. Doch selbst während des Krieges schafften Jan, Antonina und ihr siebenjähriger Sohn Rys es, in ihrem Haus auch vielen wilden Tieren Zuflucht zu gewähren: ein wildes, fleischfressendes Kaninchen; eine Katze, der man einen Wurf neugeborener Füchse untergeschoben hatte; eine Bisamratte; ein nervenkranker Kakadu; Otterbabys; Habichte; Luchsbabys; ein spitzbübischer Dachs; ein betrunkener Hamster und Hyänenbabys, um nur einige zu nennen. Aufgrund der exzentrischen Mischung von Menschen und Tieren hieß der Zoo im polnischen Untergrund „Das Haus unter dem verrückten Stern“. Irgendwie schaffte man es, dass dieser geheime Unterschlupf nicht entdeckt wurde und vielen Menschen eine Zuflucht bot: ganzen Familien, Künstlern, Musikern, Rechtsanwälten, Professoren und Wissenschaftlern – insgesamt etwa 300 Personen. Es gab Situationen, wo es beinahe zur Katastrophe gekommen wäre, viele unerwartete Besuche. Obwohl Jan eine Widerstandsbewegung im Untergrund anführte, sagte er oft, dass seine Frau Antonina die wirkliche Heldin war, bei der sich Klugheit und Beherrschtheit mit eiserner Entschlossenheit paarten. „Ihre Zuversicht konnte selbst auf den feindseligsten Menschen entwaffnend wirken“, sagte er, und fügte hinzu, dass sie ihre Kraft aus ihrer einmaligen Tierliebe schöpfte. Nicht nur, dass sie sich mit den Tieren identifizierte, erklärte er, sondern von Zeit zu Zeit schien sie ihre menschlichen Züge abzulegen und sich selbst in einen Panther oder einen Dachs zu verwandeln. Dann machte sie sich den Überlebenswillen dieser Tiere zu eigen und wurde zu einer furchtlosen Verteidigerin ihrer Spezies. Eine weitere bemerkenswerte Eigenschaft Antoninas war ihre Entschlossenheit, Spiel, Wunder, Neugier und eine Riesenportion Unschuld in den Alltagsablauf ihres Hauses zu integrieren, in dem man täglich in Angst vor Gefahr, Schrecken und Unsicherheit lebte. Dazu gehörte ein besonderer Mut, der selten gefeiert wird, den es aber überall auf unserer von Kriegen zerrissenen Welt gibt und in jedem Menschenalter gegeben hat. Antoninas Geschichte ist durch das Raster gefallen, wie es bei diese Art subversiver Taten der Nächstenliebe oft der Fall ist.
Aber, wenn ich es wirklich mit zwei Sätzen beschreiben müsste, dann vielleicht so: Dies ist eine Geschichte bedrohter Spezies, eine davon die menschliche. Sie umfasst Jahrtausende, enthält ein naturhistorisches Rätsel und ein fantastisches, mutiges und weitgehend unbekanntes Drama des Zweiten Weltkriegs.
Oder vielleicht so: Dies ist ein Buch über die außerordentlichen Verdienste von Jan und Antonina Zabinski, einem christlichen Zoodirektor und seiner Frau, die sich die Besessenheit der Nazis, reinrassige Tiere zu züchten, zunutze machten, um mehr als 300 Menschen vor dem Tode zu bewahren.


Wie entstand bei dir die Idee für dieses Buch, musstest du viel dafür recherchieren?
Diane Ackerman: Ich habe unglaublich viel recherchiert. Fast fünf Jahre lang lebte ich praktisch in Antoninas Welt. In Polen verbrachte ich viel Zeit im Warschauer Zoo und in der Villa, in der die Zabinskis wohnten; ich ging auf Antoninas Wegen die Straßen entlang, von denen sie schrieb, sprach mit Leuten im Warschauer Zoo und interviewte den Sohn der Zabinskis. Ich sprach mit Frauen, die heute über achtzig Jahre alt sind und im Krieg im Untergrund gekämpft haben; ich sah mir die Umgebung und den Wald von Bialowieza an, sucht die Insektensammlung auf, die in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt, und besuchte viele weitere Schauplätze und Museen. Ich las unzählige Bücher, Interviews und Aussagen – von und über Menschen, die den Holocaust miterlebt hatten – und studierte die Geschichte der Zeit, die Waffen, die Küche, die Anführer, Flugzeuge, Medizin, Architektur, Mode, Musik, Filme usw. Und ich studierte die Geräusche, die Gerüche und das Verhalten der Tiere, die die Zabinskis als Haustiere und im Zoo hielten. Es hat mir viel Spaß gemacht, polnische Gebräuche und die Flora und Fauna des Landes zu erkunden. Irgendwie fühlt man sich dann immer noch als Studentin, was mir viel Freude macht. Der ganze Prozess war einfach faszinierend. Und weil das Buch als „Erzählendes Sachbuch“ geschrieben ist, liest es sich zwar wie eine Erzählung, aber nichts davon ist erfunden. Ich habe mich sehr sorgfältig an die Tatsachen gehalten. Wenn ich z.B. den Zoo im Winter beschreibe, dann basiert das auf Details, die Antonina in ihren Memoiren erwähnt, und auf dem, was ich über das Klima und die einheimischen Tiere Polens in Erfahrung gebracht habe. Jedes Mal, wenn ein Protagonist spricht oder etwas „denkt“, zitiere ich aus ihren Aufzeichnungen und Interviews.

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Website: www.dianeackerman.com
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