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SPECIAL zu Annette Lies

Annette Lies über ihr Buch »Saftschubse«

Der Teufel trägt Prada? Der Teufel trinkt Tomatensaft!

Tipp des Lektorats: Was denken Stewardessen über Passagiere, die Tomatensaft bestellen? Sind alle Stewards schwul? Heiraten Flugbegleiterinnen automatisch Piloten? Das sind Fragen, die bestimmt nicht nur mich bei jedem Flug beschäftigten. Bis ich den unterhaltsamen Roman der Stewardess Annette Lies las, die uns mit ihrer chaotischen Heldin (und »Saftschubse«) Charlotte einen exklusiven und sehr humorvollen Blick ins Cockpit und in die Kabine werfen lässt. Ähnlichkeiten mit lebenden Piloten, Flugbegleiterinnen und realen Handlungen sind rein zufällig. In Wahrheit ist alles viel schlimmer ... Anne Tente, Lektorat

Annette Lies über »Saftschubse - Neue Turbulenzen«

Die »Saftschubse« fliegt wieder

Charlotte Loos ist Stewardess, oder auch eine Saftschubse, wie Passagiere sie gerne nennen. Von Turbulenzen, insbesondere mit Piloten, hat sie allerdings genug. „Männer sind bloß Sperrgepäck!“, findet sie und gründet statt einer Familie lieber den exklusiven FlightClub mit ihrer besten Freundin Feli. Ab jetzt heißt es für die beiden nicht nur JetLag, sondern vor allem JetSet! Zumindest bis Felizitas enthüllt, dass sie eine ziemlich große Überraschung im Gepäck hat ... Und als wäre Charlottes Leben nicht schon turbulent genug, stellt sich ihr die Frage: Was tut man eigentlich im unwahrscheinlichen Fall einer Beziehung?

Interview mit Annette Lies

„Fliegen Sie jetzt gleich wieder zurück?“

Liebe Frau Lies, Sie arbeiten als Stewardess und Buchautorin, das sind zwei ungewöhnliche Berufe. Auf was springen die Menschen, wenn sie das hören, am meisten an?
Annette Lies: In Deutschland sind die meisten doch sehr irritiert, da ja das Gros der Bevölkerung konsequent einem Beruf nachgeht. In den USA ist es längst nicht so ungewöhnlich mehrere Jobs zu haben und auch nicht, dass man mal Lehrer in Wisconsin war und jetzt auf Hawaii eine Surfschule betreibt. Aber so seltsam es für Außenstehende klingt, so normal sind diese „Multi-Tasking-Karrieren“ unter Flugbegleitern.
Aufgrund der Flexibilität durch Teilzeitmodelle, arbeiten viele meiner Kolleginnen und Kollegen nicht selten auch noch als Arzt, Apothekerin, Pfarrer, Anwältin oder Profi-Boxer. Kürzlich trat ein Kollege von mir bei X-Faktor auf und stellte dort sein Talent als Opernsänger unter Beweis. Ein anderer arbeitet regelmäßig als Model-Booker.
Diese Kombinationen sorgen für große Zufriedenheit unter Flugpersonal, da der Einzelne sein Potenzial, das sich ja oft auf mehrere Talente und Interessen erstreckt, nutzen kann und nebenbei, eine gesunde Balance zwischen körperlicher und geistiger Arbeit erlangt.
Für mich ist Schreiben auch eine besonders schöne Möglichkeit, die vielen Erlebnisse und Begegnungen rund um die Welt zu verarbeiten.

Was ist die meist gestellte Frage, die Ihnen die Menschen bei dem Reizwort Stewardess entgegenschleudern? Fliegen übt ja schließlich immer noch eine Faszination aus und die Leute sind neugierig …
Annette Lies: Oh ja. Die Standard-Frage lautet: „Habt Ihr da auch Aufenthalt?“, bzw. die meisten Menschen machen gleich eine Feststellung daraus: „Ihr habt ja heutzutage gar keinen Aufenthalt mehr!“ Oder, anders formuliert, und sozusagen der Klassiker unter den Fragen: „Fliegen Sie jetzt gleich wieder zurück?“
Natürlich kann man nach so einem Arbeitstag, der rund 12 Stunden reine Flugzeit (etwa nach Los Angeles) und insgesamt rund 16 Stunden Arbeitszeit umfasst, nicht gleich wieder den Rückflug antreten, schon gar nicht einen so langen. Das wäre nahezu absurd.
Oder bleiben andere Menschen etwa 32 Stunden im Büro, bei zehn Prozent Luftfeuchtigkeit und umringt von dreihundert Menschen mit Bedürfnissen?
Die Aufenthaltsdauer variiert zudem. So können es auf der Langstrecke mal nur 24 Stunden sein (amerikanische Ostküste) oder auch 48 Stunden (amerikanische Westküste) bis hin zu Zielen in Asien, wie Seoul, mit acht Tagen vor Ort, in denen man an einem Tag zusätzlich einen so genannten „Shuttle“ innerhalb des Landes fliegt.
Man hat also durchaus Zeit, etwas von der Gegend zu sehen, darf allerdings die körperliche Belastung nicht unterschätzen. Da liegt man dann trotz Tatendrang schonmal den ganzen Tag im Hotelbett in Boston und schaut Ellen DeGeneres, statt den Harvard Campus zu besichtigen oder zum Whale Watching zu gehen.

Welche Frage geht Ihnen am meisten auf den Wecker?
Annette Lies: Es ist weniger eine Frage als eine Antwort. Ich sage „Ich bin Stewardess“ und mein Gegenüber antwortet oftmals: „Also willst Du keine Kinder.“
Ich kenne, entgegen aller Klischees, kaum ein Berufsfeld, in dem sich Familie und Beruf so gut vereinbaren lassen wie in der Fliegerei.
Meine Airline bietet viele Tools für ein erfülltes Familienleben: Von Teilzeitmodellen bis hin zu der Möglichkeit, den Partner und die Kinder auf Einsätze mitzunehmen oder mit seinem Partner zusammenzuarbeiten, die sogenannte „Familienzusammenführung“ (falls dieser z.B. Pilot ist.)
Das Angenehme ist auch, dass man als Pilotin oder Flugbegleiter entweder ganz weg ist oder komplett zu Hause und sich nicht zwischen der eigenen Mittagspause und den Abholungszeiten der Kita zerreißen muss. Oder im Meeting gezwungen ist, das Kastanienmännchen fürs Herbstfest der Grundschule zu Ende zu basteln.
Als schwangere Stewardess muss man übrigens auch nicht am Boden arbeiten, sondern darf sich, dank einer neuen EU-Verordnung zum Schutz von Mutter und Kind, neun Monate lang auf die Geburt konzentrieren.

Eine klassische Frage: Haben Sie eine Antwort darauf, warum so viele Menschen Tomatensaft an Bord trinken oder ist das ein großes, fettes Klischee, das gar nicht mehr der Wirklichkeit entspricht?
Annette Lies: Ich würde sagen, rund zehn Prozent aller Gäste eines Fluges, bestellen tatsächlich einen Tomatensaft. Aber das eigentliche Phänomen ist, dass, wenn einer damit anfängt, in der Regel die ganze Sitzreihe ein Glas bestellt. Vorzugsweise auf den Strecken von München nach Berlin und Düsseldorf, was für mich leider ebenfalls ein Mysterium ist.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich gerne darüber aufzuklären, dass es sich bei dem an Bord gecaterten Tomatensaft um ein schmackhaftes Fertigprodukt handelt, dass die Industrie bereits abgeschmeckt hat und das bereits reichlich Salz und Pfeffer enthält. Von daher ist die Frage „Möchten Sie Salz und Pfeffer dazu?“, auf die die Leute großen Wert legen, eigentlich längst überflüssig.
Tomatensaft ist heutzutage ohnehin nur noch „Beiwerk“ – auch auf 45 Minuten-Flügen geht der Trend eindeutig zum Zweit-, Dritt oder auch Viertgetränk pro Person.
Insgesamt lautet meine persönliche Theorie, dass Tomatensaft eine gute Mischung sowohl gegen Hunger als auch gegen Durst ist, fast schon ein idealer „Snack“ für zwischendurch. Aufgewärmt hätte man Tomatensuppe.

Was mögen Sie beim Fliegen am meisten? Was nervt Sie am meisten?
Annette Lies: Die Unvernunft der Gäste und die herablassende Attitüde, mit der man oft behandelt wird, obwohl man zuvorkommend und herzlich ist.
Speziell, dass Passagiere mit iPhone, iPad, iPod & Co. es in der Regel nicht für nötig befinden, diese elektronischen Geräte, die die Bordelektronik stören und verhindern, dass Sie unsere Anweisungen bei einer etwaigen Evakuierung hören, zu Start und Landung auszuschalten.
Und auch, dass die Notausgänge auf jedem Flug erstmal vollständig mit Gepäck blockiert sind und ich wirklich freundlich und ausführlich erkläre, dass im Notfall so niemand hinauskommt oder gar in einem Henkel hängenbleibt, stürzen und von anderen getreten werden könnte. Obwohl ich anbiete, dass ich diese (oft kiloschweren) Gepäckstücke gerne für die Gäste von diesen Ausgängen wegräume (was im Übrigen nicht zu den Aufgaben einer Stewardess zählt, ansonsten hätten wir nämlich alle ständig Bandscheibenvorfälle), ernte ich für meine Bemühungen oft nichts als wütende Blicke, schnippische Kommentare und werde auch schlichtweg manchmal ausgelacht. Dabei geht es mir dabei um die Sicherheit der Gäste. Ich weiß ja, wie ich rauskomme.
Natürlich liebe ich auch viele Dinge am Fliegen, und die überwiegen weitaus. Es ist ein wunderbares Lebensgefühl von Freiheit und Sorglosigkeit, und ich fühle mich sehr lebendig dabei, in schönen Hotels zu residieren oder über Straßen wie die Champs-Elysée zu schlendern und dabei auch noch Geld zu verdienen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Ich komme außerdem an Orte und begegne Menschen, auf die ich ohne diesen Beruf nie treffen würde. Und es gibt mir jedes Mal aufs Neue Energie, wenn ich gute Gespräche mit Kollegen oder Gästen führe, helfen oder auch nur trösten kann. Man darf nicht unterschätzen, mit welchen Geschichten im Gepäck die Menschen oft an Bord kommen.

Sie studieren an der Filmhochschule: Was ist ihr Lieblingsfilm?
Annette Lies: Ich gestehe, da habe ich einen klaren Favoriten, der allerdings so gar nicht mit dem (Art House-) Anspruch der Filmhochschule einhergeht. Dort bevorzugt man pädagogisch wertvolles Material, das mindestens zur deutschen Vergangenheitsbewältigung beitragen muss oder Migrationshintergründe, Sudentendeutsche, Suizide und Ehrenmorde sowie Amokläufe in schwarz-weiß thematisiert, was ich natürlich respektiere. Allerdings finde ich, dass es schon so viel Leid in der Welt gibt, dass man es in Filmen nicht zusätzlich künstlich herstellen muss, und ich in meinem Buch schon gar nicht.
Mein Lieblingsfilm basiert auf einem Roman von Nicholas Sparks: Wie ein einziger Tag/ The Notebook. Den könnte ich mir auf jedem Privat-Flug wieder ansehen!

Wenn Saftschubse verfilmt würde, wer würde die weibliche Hauptrolle Charlotte spielen?
Annette Lies: Jessica Schwarz oder Nora Tschirner. Sie vereint für mich ideal Schönheit, Kumpelhaftigkeit und das nötige Comedy-Talent, um Charlottes Selbstironie zu transportieren.

Charlotte ist eine Werberin, die Stewardess wird und uns ihren Weg an Bord und das Leben an Bord beschreibt. Dabei spielt das Entertainment-System an Bord eine wesentliche Rolle.
Welcher Film an Bord ist ihrer Meinung am besten geeignet, die Passagiere ruhigzustellen?

Annette Lies: Wir möchten Passagiere damit natürlich nicht „ruhigstellen“, sondern Ihnen den Flug so angenehm und unterhaltsam wie möglich gestalten. Aber natürlich stimmt es, dass die Leute dadurch automatisch zufriedener sind und weniger fordernd. Auch leichte Turbulenzen bemerkt man kaum, wenn man in einen Film vertieft ist, und das ist doch sehr positiv, vor allem, wenn man Fluangst hat. Fast, als säße man daheim im Wohnzimmer und sähe fern.
Bei uns an Bord gibt es für jeden etwas, von „Ice Age“ bis zum neuesten James Bond-Film. Das Tollste aber ist, dass fast immer aktuelle Kinofilme gezeigt werden. So hat man „Harry Potter 7“ auf einem Flug in die USA dann vielleicht schon gesehen, bevor er in Deutschland angelaufen ist.
Allerdings haben sogar Kinder heutzutage schon ihr eigenes MacBook mit DVD-Laufwerk dabei und sind gar nicht mehr aufs Bordprogramm angewiesen.
Ich persönlich sehe im Himmel aber am liebsten aus dem Fenster, statt auf einen Monitor.