Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

SPECIAL zu Alexandra Fröhlich - "Gestorben wird immer" - Penguin Verlag

Interview mit Alexandra Fröhlich

Alexandra Fröhlich
© Melanie Dreysse
Bisher ging es in ihren Büchern um Russland ("Reisen mit Russen" und "Meine russische Schwiegermutter"), wie kam es jetzt zu einer Geschichte um eine Hamburger Bestattungsunternehmerin – und ihre Vergangenheit?

Ich liebe einfach Familiengeschichten, gerade wenn eine Sippe wie die der Weisguts so herrlich dysfunktional ist. Und welche Familie hat denn nicht das eine oder andere Päckchen mit sich zu tragen? Auch wenn's an der Oberfläche harmonisch wirkt: Kratzt man ein wenig daran herum, tun sich meist Abgründe auf. Und die finde ich spannend.
Was mich dabei besonders interessiert, ist die sogenannte transgenerationale Weitergabe von Traumata. Klingt kompliziert, meint aber nichts anderes, als dass auch unausgesprochene Familiengeheimnisse von Generation zu Generation weitergegeben werden und das Leben der Kinder und Enkel beeinflussen.

Ihr Buch ist auch eine Ostpreußen-Geschichte und beschäftigt sich mit der Landschaft, den Menschen und ihrer Vergangenheit. Gibt es da auch einen persönlichen Bezug für Sie?


Es ist weniger eine Ostpreußen-Geschichte als vielmehr eine Geschichte der Kriegs-Generation. Ich stelle immer wieder fest – bei mir und anderen –, dass dieses Kapitel der deutschen Geschichte gerade Menschen meines Alters interessiert. Denn unsere Großeltern und Eltern waren es schließlich, die den Zweiten Weltkrieg erlebt und mehr oder weniger bei den unsäglichen Verbrechen der Nazis mitgewirkt haben. Aber darüber wurde dann ab den 1950er Jahren in den allermeisten deutschen Familien nicht mehr gesprochen. Trotzdem haben diese Ereignisse die Familien über drei Generationen beeinflusst, vielleicht gerade weil sie nicht aufgearbeitet, sondern totgeschwiegen wurden. Bei der Recherche zu diesem Buch bin ich auf den "Spiegel"-Artikel "Mein Vater, ein Werwolf" des Autors Cordt Schnibben gestoßen, der sich genau mit dieser Thematik beschäftigt: Wie geht ein Sohn damit um, dass sein Vater fürchterliche Schuld auf sich geladen hat? Wie verarbeitet man diese Erkenntnis, wenn die Eltern sich weigern, sich damit auseinanderzusetzen und völlig unbelehrbar sind? Eine Geschichte, die mich wirklich tief bewegt hat.
Einen biografischen Bezug zu Ostpreußen habe ich zwar nicht, wohl aber einen persönlichen: Vor drei Jahren habe ich in der Oblast Kaliningrad, also im ehemaligen Ostpreußen, mit meinen Kindern Urlaub gemacht. Zufällig sind wir auf einem Bauernhof in einem winzigen Dorf namens Sinjawino gelandet, wo wir uns bei unseren Gastgebern Natalija und Nikolaij sauwohl gefühlt haben. Erst nach unserer Rückkehr habe ich mal ein wenig nachgeforscht, wo wir da eigentlich genau waren – und dann beschlossen, Sinjawino, das frühere Groß Hubnicken, zu einem der Schauplätze von "Gestorben wird immer" zu machen.

Sie sind Journalistin und Buchautorin. Wollten Sie schon immer schreiben? Was war zuerst da – der Wunsch, Journalistin zu werden, oder der, Bücher zu schreiben und Geschichten zu erzählen?

Ja, ich wollte schon immer schreiben. Und mein sehnlichster Wunsch als Kind war, Schriftstellerin zu sein. Tatsächlich bin ich dann aber erst einmal Journalistin geworden, weil mir gesagt wurde, dass die Schriftstellerei eine brotlose Kunst sei. Da hab' ich mich dann nicht getraut. Aber seit einigen Jahren traue ich mich und wundere mich, wie seitdem die Geschichten in mir hochploppen. An Aufhören ist also gar nicht zu denken, brotlose Kunst hin oder her!

Worauf dürfen sich Leserinnen und Leser als nächstes freuen? Arbeiten Sie an einem neuen Buchprojekt?

Wie sagt man so schön: Nach dem Buch ist vor dem Buch, und die nächste Geschichte arbeitet schon gehörig in mir. Zur Zeit bin ich gerade in der Phase des Grübelns und der Recherche, ein paar Fakten schaden auch der Fiktion nicht. Auch der neue Roman wird sich mit einer Familiengeschichte beschäftigen. Diesmal geht es aber darum, dass sich die Protagonistin unfreiwillig auf die Suche nach ihren Wurzeln begibt und auf jede Menge unbekannte Verwandte trifft, die sie lieber nicht getroffen hätte. Mehr mag ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht verraten, nur so viel: Voraussichtlich wird das Buch im Herbst 2018 erscheinen.

GENRE