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Rezensionen zu
Gefährliche Geliebte

Haruki Murakami

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Haruki Murakamis Gefährliche Geliebte gehört in Deutschland zu einem seiner umstrittensten Romane. Und dies liegt nicht allein, an der widerspenstigen Liebesgeschichte, die erzählt wird, sondern vor allem an der Reise die der Roman durchmachen musste um in seiner heutigen Form publiziert zu werden. Eine Roman über vertane Chancen Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wird Hajime geboren. Er lebt ein unaufgeregtes Leben im Japan der 1950er Jahre und erlebt die Heftigkeit der Studentenproteste mit einer seltsamen Gleichgültigkeit. Nie schaft er es wirklich enge Freunde zu finden oder eine Beziehung lange zu erhalten. Man könnte gar sagen, dass Menschen ihn langweilen. Die einzige Person mit der er jemals eine wirkliche Freundschaft pflegte war seine Kindheitsfreundin Shimamoto. Das hinkende Mädchen, mit welchem er sich nur anfreundete, weil es sein Lehrer von ihm verlangte, war die einzige Vertraute, die er jemals hatte und mit der er über alles sprechen konnte. Doch nachdem seine Familie umzog, verloren sich die beiden aus den Augen. Nun mit 36, als glücklicher Familienvater, taucht sie plötzlich in seiner Bar auf und zeigt ihm auf, wie das Leben hätte sein können, wenn sie sich nicht aus den Augen verloren hätten. Und mit jeder ihrer Begegnungen wird für ihn die Frage danach, ob sein Leben aus einer Ansammlung verpasster Chancen und Möglichkeiten besteht größer. Die komplizierte Irrfahrt von Südlich der Grenze, westlich der Sonne Bereits im Jahre 2000 wurde die damals noch umbenannte Gefährliche Geliebte von Murakami veröffentlicht. Schon damals galt er vieler Orts als einer der Anwärter für einen Nobelpreis, eine Einschätzung, die einige deutsche Feuilletonisten nicht gerade teilten und die unter anderem dafür sorgte, dass Sigrid Löffler nach einer heftigen Debatte mit Marcel Reich-Ranicki das Literarische Quartett verließ. Ausgelöst wurde dieser Streit vor allem dadurch, dass einigen Kritikern die Sprache zu herb und unangemessen war. Während in dem Roman von Liebe, Tod und Verlangen gesprochen wurde, benutzte Murakami gleichzeitig scheinbar Wörter wie „vögeln“ und andere platte Ausdrücke um Handlungen zu beschreiben. Während dies eher dafür sorgte, dass Kritiker etwas verwirrt waren und diese Wortwahl nicht wirklich zu den neueren Werken Murakamis zu passen schien, die eher durch eine starke Feinfühligkeit und sehr gewählte Wortwahl überzeugen, lag das Problem an einer ganz anderen Stelle: Der Roman wurde nicht aus dem Japanischen, sondern aus einer sehr vereinfachten Amerikanischen Fassung übersetzt. In dieser ging es nicht so sehr darum den Sprachrhythmus Murakamis wiederzugeben, sondern den Text dem amerikanischen Publikum möglichst leicht zugänglich zu machen. "Wahrscheinlich fühlten wir beide, dass wir noch unfertige Geschöpfe waren, auf der Suche nach einem neuen, zu erreichenden Etwas, das uns erfüllen und vervollkommnen würde. Zeh Sekunden lang standen wir Hand in Hand vor dem Tor zu diesem Neuen. Nur wir beide. Im Schein eines trüben, flackernden Lichts." – Harumi Murakami, Südlich der Grenze, westlich der Sonne, Ende des ersten Kapitels Ein typischer Fall von Lost in Translation, bei dem der Sinn und die Wortwahl bei der Übersetzung vom Japanischen ins Englische ins Deutsche einfach verloren gegen war. Und während sich zwischen den Worten erahnen lies, dass es sich um eine tiefgehenden Liebesgeschichte handelte, wurde diese durch Worte zerstört und überlagert, die nicht der Situation angemessen schienen. Erst 2013, nachdem Ursula Gräfe bereits einige Werke Murakamis aus dem Japanischen übersetzt und neu übersetzt hatte, wurde auch die Gefährliche Geliebte, wie der Roman bis dahin hieß, neu übersetzt. Jetzt ist auch die Taschenbuchversion im btb-Verlag erschien. Eine unpassende Liebesgeschichte und ein unsympathischer Protagonist Man mag über dieses Buch sagen was man will, aber Hajime, der Protagonist, ist ein ziemlich mieser, arroganter Mensch. Seine erste Beziehung scheitert, weil er seine Oberschul-Freundin mehr oder weniger zum Sex drängen möchte. Als diese ihn immer wieder abweist, beginnt er kurzerhand eine Affaire mit ihrer Cousine. Auch in späteren Jahren ist er nicht wirklich eine treue Seele und man wundert sich, warum er kaum ein Problem damit hat seine Freundinnen oder später seine Frau zu betrügen. Erst als plötzlich seine Kindheitsfreundin vor ihm steht und er sich auf immer neue Treffen mit ihr einlässt und sich dadurch auch emotional an sie bindet, beginnt er seiner Familie gegenüber ein schlechtes Gewissen zu entwickeln. Doch auch mit diesem deutlich unsympathischen Protagonisten, der kaum selbst fassen kann, dass ihn sein Karma noch nicht eingeholt hat, ist dies eine wirklich schöne und sanfte Liebesgeschichte, die sich immer wieder mit der Frage beschäftigt: „Was wäre wenn?“ Was wäre gewesen, wenn er und Shimamoto sich auch nach seinem Umzug weiter getroffen hätten? Was wäre gewesen, wenn sie ihn hätte besuchen können? Was wäre gewesen, wenn er sie auf der Straße angesprochen hätte? Was, wenn, was, wenn,… ? Immer wieder überkreuzen sich die Wege der beiden und dennoch scheint es das Schicksal nicht mit ihnen gut zu meinen, denn nie schaffen sie es den anderen zu erreichen, sei es durch fehlenden Mut oder durch wirkliche Hindernisse. Sanft beschreibt Murakami, wie sich Hajime immer wieder neu in Shimamoto verliebt oder sich vielleicht auch niemals wirklich entliebt hat. Er erzählt die Geschichte in Hajimes Worten und aus seiner Sicht. Er beschreibt die wundervolle Liebe seines Lebens, die er nie wirklich zu erreichen scheint und die nun zum greifen nah vor ihm steht. Und obwohl die wirklich gut gewählten Worte eine wirklich schöne Liebe beschreiben, wirken sie doch gleichzeitig berechnend. Sie wirken als würde sich Hajime zu rechtfertigen suchen. Als bräuchte es für ihn 224 Seiten um zu beschreiben, warum er seine Frau emotional betrügen möchte und weshalb es für ihn okay ist dadurch seine Familie und seine gesamte Existenz aufs Spiel zu setzen. In seiner Erzählweise ein sehr unmukamiesker Roman Auch wenn sich die Worte und Beschreibungen wie eines von Murakamis Werken lesen, so fehlt das vollkommen absurde Momentum, indem Shimamoto plötzlich nur noch ein Geist aus der Vergangenheit ist, der nicht nur im übertragenen Sinne ein ‚Geist der Vergangenheit‘ darstellt, sondern wortwörtlich zurückgekommen ist um Hajime etwas wichtiges vor Augen zu führen. Gerade deshalb, weil Murakami in Südlich der Grenze, westlich der Sonne lediglich mit seiner Wortgewalt und den großen Metaphern für Leben und Tod, Liebe und Verlangen hantiert, ist dies einer seiner am leichtesten zugänglichen Romane. Die Liebesgeschichte fühlt sich vollkommen deplatziert an und gleichsam kann sie nur deshalb so intensiv wirken, weil sie zur vollkommen falschen Zeit sich entfaltet. Und auch wenn Hajime vermutlich der unsympathischste von Murakamis Protagonisten ist – und ja, dies schließt auch Kafka ausKafka am Strand mit seiner eigenartigen Liebesgeschichte ein –, schafft er es dennoch die Geschichte so zu erzählen, dass man mit ihm mitfiebert und sich fragt, wann es endlich wieder anfängt zu regnen und Shimamoto zurückkommt. ★★★★☆ Südlich der Grenze, westlich der Sonne ist als Taschenbuch 2015 bei btb erschienen und kann unter anderem bei Amazon kaufen.

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