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Rezensionen zu
Mrs. Dalloway

Virginia Woolf

Manesse Bibliothek (26)

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€ 24,00 [D] inkl. MwSt. | € 24,70 [A] | CHF 33,50* (* empf. VK-Preis)

[Unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar] Ich hatte bis dato zwei biografische Romane über Virgina Woolf gelesen, nämlich"Die Stunden" und den ersten Teil der "Bloomsburry Saga" Was ich nicht gelesen hatte ist etwas von Virgina Woolf selbst verfasstes und da mich die biografischen Romane sehr begeistert haben musste ich das nun endlich nachholen. Und was soll ich sagen. Dieses Buch erinnert an ein impressionistisches Gemälde. Die Geschichte hatte für mich nicht unbedingt eine zentrale fortlaufende Handlung sondern lebt von Introspektionen. Es wird einiges angeschnitten wie die Rolle der Frau in der Gesellschaft aber auch, was wenn man Virginia Woolfs biografie kennt nicht groß zu Verwundern vermag auch das Thema psychische Gesundheit bzw Krankheit. So leidet einer der Protagonisten an seinem dasein und begeht einen suizidversuch. Auch einige gekonnte Spitzen gegen diverse gesellschaftliche Gepflogenheiten vermag der Leser zu entdecken. Der Schreibtil ist wirklich toll und die Art wie die Autorin ihre Protagonisten Charakterisiert fand ich wirklich interessant. Ein Klassiker und absoluter Lesegenuss den ich sehr empfehlen kann. Hier noch etwas über die Autorin: Virginia Woolf war vorkämpferin der Frauenbewegung, Mitglied der "Bloomsbury - Group",Literaturkritikerin und Essayistin und Gründerin des Verlages Hogarth der Werke von Virginia Woolf und unter anderem Dostojewski, Freud und T.S. Elliot veröffentlichte. Vielen Dank an das @bloggerportal und den @manesse.verlag für das Rezensionsexemplar

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London im Juni 1923. Mrs. Clarissa Dalloway, die Gattin des Parlamentsabgeordneten Richard Dalloway, bereitet sich und das Haus auf einen ihrer beliebten Gesellschaftsabende vor. Einkäufe müssen getätigt und dem Hauspersonal letzte Anweisungen erteilt werden. Während sie am Nachmittag dann noch ihr Kleid ausbessert, erscheint überraschend Besuch: Peter Walsh, ihre erste Liebe, dem sie später allerdings den deutlich solideren Richard Dalloway vorgezogen hatte, ist aus Indien zurückgekehrt und wartet ihr mit seinem Besuch auf. Gleichzeitig streift der Kriegsheimkehrer Septimus Warren Smith, begleitet von seiner italienischen Ehefrau Lucrezia, durch die Stadt, auf der Suche nach Hilfe gegen seine Ängste und gegen das Gefühl der Empfindungslosigkeit. Die äußere Handlung ist auf wenige (scheinbar) alltägliche Ereignisse an ebendiesem Junitag 1923 reduziert, das Voranschreiten der Zeit wird durch das Leuten von Big Ben verdeutlicht, dessen viertelstündlicher Glockenschlag zugleich dem Roman, der im Übrigen ohne Kapitel auskommt, Struktur verleiht. Der Fokus indes liegt auf den Eindrücken und Gedanken der Protagonisten. Dabei wechselt ständig die Perspektive, wie bei einem Staffellauf wandert der Stab zwischen den Innensichten der Figuren, ungeachtet ihrer Stellung oder ihrer Beziehung zueinander geht der Strom von Bewusstseinsinhalten nahtlos von einem zum nächsten. Ich erfahre, wie wer wen warum (nicht) mag bzw. welches Bild die einen von den anderen haben. Indem die Protagonisten ihre Wahrnehmungen reflektieren, erhalte ich als Leserin zudem ein detailgetreues Bild von London, begleite sie durch Straßen und über Plätze, erhasche Geräusche und Gespräche, tauche ein in das London der 20er Jahre. Schnell wird deutlich, dass der beschriebene Tag wie ein Spiegel wirkt, in dem sich das Licht eines längst vergangene Sommers bricht, als vieles noch offen und gleichzeitig unmöglich war. Unmöglich wie Clarissas Liebe zu einer anderen Frau oder die Ehe mit einem Tunichtgut wie Peter Walsh. Immer wieder wandern die Gedanken der Beteiligten zu jenen Tagen in Bourton, einem beliebten Ferienort, wo eine Gruppe junger Leute aus der Oberschicht unbeschwerte Sommer verlebte und schließlich folgenschwere Entscheidungen traf. Die Erinnerungen von Septimus Warren Smith konzentrieren sich auf seinen Kameraden Ewans, welcher im Krieg fiel und Septimus mit tauber Empfindungslosigkeit in einem leeren Leben zurück ließ. Der Roman endet mit dem Ende der Party im Hause Dalloway, nachdem sich die Lebenslinien von. Larissa und von Septimus auf tragische Weise kreuzen, als sich wenig später die Gäste nach und nach verabschieden und mich mit einem Gefühl von Hilflosigkeit zurücklassen: Wohin ich blicke, ist Unzufriedenheit, kaum einer ist mit seinem Leben glücklich, das immerwährende Mantra, alles richtig gemacht zu haben, klingt wie Hohn. Das Unglück liegt in persönlichen Entscheidungen ebenso wie in starren gesellschaftlichen Konventionen begründet, in Gier, Selbstsucht, Ignoranz, falschen Rücksichten und alle treibt die Angst vor sich verändernden Verhältnissen um. Ich habe etwas Zeit gebraucht, um mich auf den Text einzulassen, in die unstetig sich wandelnden Bewusstseinsströme zu finden. Da „Mrs. Dalloway“ das erste Buch ist, welches ich von Virginia Woolf gelesen habe, kann ich auch nicht einschätzen, ob es tatsächlich ihr bester Roman ist. Aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass es sich um einen meisterlich komponierten Text handelt. Meine anfängliche Mühe wurde belohnt mit einem reich bebilderten Ausblick auf eine Welt im Umbruch (was man ja immer erst hinterher weiß) und mit einer Fülle an sprachlichen Finessen. Und obwohl das Buch vor fast 100 Jahren veröffentlicht wurde, ist es noch immer aktuell.

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Ein Muss in jeder Bibliothek!

Von: Kristall86 aus An der Nordseeküste

22.09.2022

!ein Lesehighlight 2022! Klappentext: „Es ist ein besonderer Tag im Leben der zweiundfünfzigjährigen Clarissa Dalloway: Die Gattin eines Parlamentsabgeordneten will am Abend eine ihrer berühmten Upper-class-Partys geben. Der Tag vergeht mit Vorbereitungen, zufälligen Begegnungen mit Jugendfreunden, Konversation, nostalgischen Betrachtungen, Sinneseindrücken beim Flanieren ... Ein besonderer Tag soll es – aus ganz anderen Gründen freilich – auch für Septimus Smith werden. Auch ihn, den Kriegsheimkehrer, beschäftigt die Gegenwärtigkeit des Vergangenen in jedem einzelnen Augenblick. In permanent sich wandelnden Empfindungen, Visionen und Assoziationen der Figuren entsteht ein faszinierendes Zeit- und Gesellschaftsbild Englands, rhythmisiert vom Stundenschlag des Big Ben. Romantische, nüchterne und satirische Stimmungslagen fließen ineinander, Melancholie und Contenance, tiefgründiger Witz und leise Wehmut durchziehen Virginia Woolfs Meisterwerk moderner Erzählkunst. Im Dezember 1924 notierte sie in ihr Tagebuch: «Ich glaube ganz ehrlich, dass dies der gelungenste meiner Romane ist.»“ Ein Klassiker im neuen Gewand ist immer so eine Sache. Gerade wenn es auch um eine Neuübersetzung geht. Diese Neuübersetzung hier wurde von Melanie Walz verfasst. Und was soll ich sagen? Sie ist ihr mehr als gelungen und trifft einfach jeden wichtigen Punkt um diese Geschichte so zu halten wie notwendig! Es ist eine Kunst einen Klassiker in seiner Atmosphäre nicht zu verschandeln aber dennoch in der heutigen Sprache und des Sprachgebrauchs verständlich zu erzählen ohne das man zu viele Fragezeichen beim lesen erfährt. Walz hat hier wirklich diese Aufgabe bravurös gemeistert (durch Fußnoten gibt es immer wieder Aufklärung)! Virgina Woolfs Geschichte „Mrs. Dalloway“ ist ein Klassiker, ein Zeitzeugnis und in gewisser Weise ein Erbe an die Leserschaft Woolfs. Die Geschichte rund um Clarissa zeigt nicht nur das Privatleben der damaligen Zeit auf mit all ihren Höhen, Tiefen und Gepflogenheiten (da staunt man heute mehr als genug) was damals so „normal“ war) sondern auch die Gesellschaft an sich. Woolf zeigte immer Biss und Humor in ihren Geschichten, so auch hier. Als Leser eröffnet sich hier regelrecht ein Feuerwerk der Wortspielereien, der versteckten Witze und Pointen, ein Feingefühl für die Darstellung der Damenwelt aber auch der Welt der Herren. Woolf zeigt dem Leser hier so viel auf, das man wahrlich erstaunt ist, welches Miniformat der Verlag für diese Neuübersetzung gewählt hat. Gerade mal 9.8 x 2.3 x 15.5 cm misst dieser Winzling und bombardiert den Leser dennoch mit allem was geht. Woolf hätte sicherlich herzhaft über dieses Buchformat gelacht und wäre entzückt gewesen wie klein und doch so gewaltig ein Werk von ihr wirken kann. Für dieses Meisterwerk gibt es 5 von 5 Sterne und ein Hoch auf die Übersetzerin!

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In Mrs. Dalloway versetzt uns Virginia Woolf an einem Junitag im Jahre 1932 nach London und setzt dabei auf zwei zunächst voneinander unabhängige Erzählstränge. Zwei große Erzählstränge bilden den Rahmen Ausgangspunkt ihrer Erzählung ist dabei die titelgebende Clarissa Dalloway, die sich mitten in den Vorbereitungen für eine ihrer begehrten Dinnerpartys befindet. Ihr Leben könnte eigentlich nicht glücklicher verlaufen: Sie hat eine kleine und einigermaßen glückliche Familie, ihr Dasein ist materiell mehr als nur gesichert und sie genießt großes Ansehen in der Gesellschaft. Doch als an diesem Tag Peter Welsh, ihr ehemaliger Liebhaber, nach dreißig Jahren aus Indien zurückkehrt, stellen sich bei ihr Zweifel ein. Hat sie damals wirklich die richtige Entscheidung getroffen, als sie dem Freigeist Peter Welsh den konservativen Richard Dalloway vorgezogen hat? Ist sie wirklich glücklich? Oder läge ihr Glück nicht viel mehr bei ihrer Jugendfreundin Sally Seaton? Den anderen großen Erzählstrang leitet der Kriegsveteran Septimus Smith ein. Einst galt er als hoffnungsvoller Aufsteiger in der britischen Gesellschaft, von dem man sich noch Großes erhoffen durfte. Dann kam der erste Weltkrieg, in dem er sich besonders hervortat. Gleichzeitig erlitt er das, was man heute wohl als posttraumatische Belastungsstörungen diagnostizieren würde. Im Jahre 1923 steckt die Erforschung dieser Krankheit jedoch noch in den und so muss sich Septimus mit zwei Ärzten begnügen, die beide auf ihre Art Stümper sind und nicht zu ihm vordringen können. Doch sowohl Clarissa als auch Septimus bilden eigentlich nur den groben Rahmen dieses Romans und sind viel mehr Aufhänger für eine Vielzahl von mehr oder weniger stark miteinander verbundene Figuren, denen wir im Weiteren noch begegnen werden. Wer ist Virginia Woolf? Virginia Woolf gilt heute unbestritten gleichermaßen als eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen aller Zeiten und gleichzeitig als wichtige Vorkämpferin für die Rechte von Frauen. Im Grunde ist in den großen Weiten des Internets bereits mehr als genug Material zu ihrem Leben vorhanden. Dennoch weist ihr Leben genug Aspekte auf, die zum Verständnis des Romans dienlich sein könnten, weshalb ich im Vorfeld zumindest auf die wichtigsten Stationen ihres Lebens kurz eingehen möchte. Virginia Woolf wurde 1882 als Tochter des Bergsteigers, Schriftstellers und Historikers Sir Leslie Stephen und der beinahe schon anti-feministischen Julia Stephen geboren, die sich unter anderem als Model und wenig erfolgreiche Schriftstellerin hervortat. Ihr Haus galt als Treffpunkt für Londons intellektuelle Elite dieser Zeit, unter anderem zählten Thomas Hardy und Henry James zu wiederkehrenden Gästen. Das Glück der Familie war jedoch nicht von Dauer, Virginias Mutter starb, als sie dreizehn Jahre alt war, und stürzte ihren Vater in eine Depression, von der er sich Zeit seines Lebens nicht erholen sollte. Nach dessen Tod im Jahre 1904 zogen Virginia und ihre Geschwister nach Bloomsbury und formten - nach dem Vorbild ihrer Eltern - die heute als Bloomsbury Group bekannte Gruppierung, die sich aus zahlreichen Historikern (Roger Fry), Ökonomen (John Maynard Keynes!) und Wissenschaftlern (Bertrand Russel!) und unzähligen Schriftstellern und Künstlern zusammensetzte. Gäste der Gruppe waren unter anderem D. H. Lawrence und sogar Winston Churchill. Ihr Ziel war wohl der Kampf gegen das englische Spießbürgertum, welches sie selbstlos mit sexueller Freizügigkeit in jeglicher Hinsicht und zahlreichen lockeren Affären bekämpften. Dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann Leonard Woolf kennen, mit dem sie auch die Hogarth Press gründen wird. Sie spezialisierten sich auf moderne Literatur und veröffentlichten unter anderem Werke von Fjodor Dostojewski, Katherine Mansfield, Sigmund Freud und natürlich auch von Virginia Woolf selbst. Ihnen fehlten dabei sowohl finanzielle als auch technische Mittel, sodass sie die Bücher in mühevoller Kleinstarbeit selbst setzten und danach eigenhändig binden mussten. Hinter der erfolgreichen Fassade bröckelt es Der finanzielle Erfolg als Schriftstellerin sollte für Woolfs nicht lange ausbleiben und so erschienen bald zahlreiche innovative Romane und aufsehenerregende Essays (Ein Zimmer für sich allein), die schon bald zu viel rezipierten Werken der Emanzipationsbewegung avancierten. Doch während sie oberflächlich beruflich äußerst erfolgreich war, zahlreiche innovative und anerkannte Werke schuf, einen intellektuellen Freundeskreis ihr Eigen nennen konnte und auch ihren eigenen Lebensstil ausleben konnte, der durchaus durch einige Affären mit dem gleichen Geschlecht verbunden war, brodelte es unter dieser erfolgreichen Fassade. Auch wenn sich Woolf nie ausdrücklich zu dieser Thematik geäußert hat, so sprechen doch gewichtige Anzeichen dafür, dass sie als Kind von ihren Halbgeschwistern und ihrem Vater sexuell missbraucht wurde. Von diesen traumatischen Ereignissen soll sie sich nie wieder erholt und eine bipolare Störung entwickelt haben. Schon früh erlitt sie erste nachweisbare Nervenzusammenbrüche, die im Laufe ihres Lebens zunahmen und schließlich in ihrem Selbstmord im Jahre 1941 endeten. Im Alter von nur 55 Jahren packt sie einen Stein in ihren Mantel, steigt in einen Fluss und beendet so frühzeitig ihr Leben. Dieser weist beinahe schon unheimliche Parallelen zum Selbstmord eines Protagonisten ihres Romans auf, aber um potentiellen Neu-Lesern die Spannung nicht zu verderben, werde ich hierzu nicht weiter ins Detail gehen. Kein leichter Einstieg Ich muss zugeben, dass ich mit Mrs Dalloway zu Beginn große Schwierigkeiten hatten. Für die ersten hundert Seiten habe ich gut eine Woche benötigt, was sicherlich auch daran lag, dass ich den Roman lediglich als Abendlektüre genossen habe. Für diese Art von Lesen ist dieser Roman aber absolut ungeeignet. Ähnlich wie ihn Clarice Lispectors Erzählungen ist die Geschichte sehr handlungsarm. Die eigentliche Handlung erstreckt sich über einen einzigen Tag und bedient sich unzähliger Figuren, die nach außen hin recht banalen Alltagsaktivitäten nachgehen. Man trifft sich, redet, isst oder spaziert gemeinsam oder alleine und doch hängen alle Figuren nur ihren eigenen Gedanken nach, die in zahlreichen Rückblenden resultieren. Dass Woolf dabei auf jegliche Art von optischer Trennung, sei es durch neue Abschnitte oder Kapitel verzichtet, macht es für den Leser nicht einfacher. Das einzige ordnende Element des Romans sind die Glockenschläge des Big Ben, die so manchen, aber längst nicht jeden, Figurenwechsel ankündigen. Dass sie neben den häufigen Figurenwechseln im Weiteren noch gerne die Erzählperspektive zwischen allwissenden und personellen Erzähler und inneren Monologen wechselt, erschwert die Lektüre zunehmend. Zumal sie sich auch einer sehr poetischen Sprache bedient, die zusätzliche Aufmerksamkeit fordert. Der Wendepunkt für mich persönlich kam, als ich mich dem Roman einen ganzen Sonntag lang gewidmet habe. Erst die durchgängige und unterbrechungsfreie Lektüre erlaubte es mir, in den Gedankenströmen von Woolf und ihren Charakteren einzutauchen und den Roman in seiner Gesamtheit zu verstehen. Präzise Schilderungen von Gedanken und Gefühlen Man muss sicherlich nicht mit jedem Gedanken von Virginia Woolf übereinstimmen. Die plumpen Fassaden, hinter denen ihre Figuren Selbstzweifel und Trauer verbergen, muss man nicht als gegeben betrachten. Und dass sie als Mitglied der Bloomsbury Group ausgerechnet die englische Oberklasse auf diese Weise darstellt, ist sicherlich kein Zufall. Allerdings muss man ihr zu Gute halten, dass sie sich nicht nur auf diese Schicht konzentriert, sondern auch „einfache“ Bürger auf diese Weise darstellt. Ganz von der Hand zu weisen sind ihre Gedanken sicherlich nicht, zumal der Leser selbst sehr leicht Transferleistungen in sein eigenes Leben vollziehen kann. Unabhängig davon, wie man dazu steht, muss man die Art und Weise, wie sie ihre Figuren charakterisiert und die unterschiedlichen Erzählstränge miteinander verwoben hat, einfach nur bewundern. Mit einer unglaublichen Präzision und viel Feingefühl blickt sie hinter die Fassaden ihrer Figuren und schildert (aus einer leicht negativen Perspektive) nicht weniger als die die ganze Vielfalt des menschlichen Daseins. Die einzelnen Erzählstränge gehen dabei nahtlos ineinander über, sodass man sich wahrlich in einem unaufhaltsamen Strom von Gedanken befindet, der einen nicht mehr loslässt. Und beinahe schon im Vorbeigehen, sodass es dem Leser kaum auffällt, setzt sie sich mit ihrer Erzählung für die Rechte und Frauen und Homosexuellen ein. Was bleibt? Mrs. Dalloway ist sicherlich kein einfacher Roman und eignet sich ganz sicher nicht als Abendlektüre, dazu sind die Figuren und Gedankengänge einfach zu sehr ineinander verwoben und bieten so gut wie keine Gelegenheit zum Durchatmen. Wer dem Roman allerdings einige Stunden am Stück widmen kann und will, der wird mit einer anspruchsvollen und ergiebigen Lektüre belohnt, die bis heute nichts von der ihrer Aktualität und Relevanz verloren hat. Wunderschöner Klassiker Die von mir besprochene Ausgabe von Mrs. Dalloway erschien in der Manesse Bibliothek der Weltliteratur und passt thematisch hervorragend ins vom Manesse Verlag herausgerufene KlassikerInnen Jahr. Das Buch selbst bietet alle Vor- und Nachteile, die die „neue“ Bibliothek auszeichnet. Nachteile, weil der ehemals hochwertige Leineneinband durch einen texturartigen Bezug ersetzt wurde. Dieser ist zwar hochwertiger als ein normaler Pappumschlag ist, kommt aber nicht ganz an einen richtigen Leinenumschlag heran. Positiv hervorzuheben ist hingegen die restliche Buchgestaltung. Neben den insbesondere farblich bis ins kleinste Detail perfekt aufeinander abgestimmten einzelnen Komponenten und dem zeitgemäßen Design können auch die verwendeten Materialien überzeugen: Weder auf eine Fadenheftung, noch auf ein Leseband, noch auf bedruckten Vor- und Nachsatz müssen wir hier verzichten. Übersetzt wurde der Roman von der hochrenommierten Melanie Walz. Des Weiteren finden wir im Anhang rund 143 Anmerkungen, die dem heutigen Leser in angemessener Kürze Zusammenhänge und Anspielungen erklären, die sonst wohl nur Woolfs Zeitgenossen verstanden hätten. Abgerundet wird das Ganze mit einem Nachwort von Vea Kaiser, die auf rund 20 Seiten auf die wichtigsten Aspekte bezüglich Leben und Werk der Virginia Woolf eingeht und darüber hinaus noch Bezüge zur heutigen Zeit herstellt. Fazit: Wer dazu bereit ist, „Mrs. Dalloway“ die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, wird mit einer sprachlich ausgefeilten und thematisch immer noch hoch aktuellen Lektüre belohnt. Wer dies nicht tun kann oder will, dem wird unweigerlich viel verschlossen bleiben.

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Nach ca 30 Jahren habe ich Virginia Woolf neu entdeckt. Ich bin ja eine große Freundin des erneut Lesens, des Wiederentdeckens. "Mrs Dalloway", in der großartigen Übersetzung von Melanie Walz, hat mich fasziniert. Diese wunderbare Eleganz, diese fließenden Übergänge, dieses nahtlose Erzählen! Alles ist mit allem verbunden, greift ineinander und ergibt diesen einen Tag im Leben der Mrs. Dalloway und der Menschen um sie herum, die alle durch feine Fäden miteinander verbunden sind. Die Handlung des Einen beeinflusst über zig Ecken die anderen - und das völlig selbstverständlich, unverkrampft und unaufgesetzt. Ein Meisterwerk weiblichen Schreibens, ein Meilenstein der Literatur! Die Manesse-Ausgabe in gewohnt schöner Optik, mit durchdachter Kommentierung und Nachwort von Vea Kaiser kann ich nur von Herzen empfehlen. So ein rundherum schönes Buch!

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Die 52 jährige Clarissa Dalloway führt ein großes Haus im vornehmen Londoner Stadtteil Westminster. Eine ihrer glänzenden Soireen soll an einem Junitag stattfinden. Das ganze Buch spielt sich an diesem einzigen Tag im Juni des Jahres 1923 ab. Die Ereignisse - Besorgungen, Vorbereitungen, Besuche und schließlich die Abendgesellschaft, lösen Assoziationen aus, die sie zugleich in die Vergangenheit und in die Wirklichkeit ihres inneren Bewusstseins führen, die eigentliche Welt dieses Romans. Immer wieder unterbrochen durch die Stundenschläge (Schicksalsschläge ) des Big Ben. Meiner Meinung nach, ist dies kein Buch das sich schnell lesen lässt, besonders dann nicht wenn man sich wie ich schon lange mit Virginia Woolf beschäftigt hat. Ich kann nur jedem empfehlen vor dieser Lektüre unbedingt die Biografie ihres Mannes „Mein Leben mit Virginia zu lesen um das Buch und auch Virginia selbst besser verstehen zu können. „Mrs. Dalloway“ ist aber keine einfache Lektüre, oftmals hat man das Gefühl, dass sich in diesem besonderen Buch Virginias ganze Seele offenbart. Und es ist mit Sicherheit wohl auch ihr persönlichstes Buch. Virginia schreibt selbst dazu: «Ich glaube ganz ehrlich, dass dies der gelungenste meiner Romane ist.» Von mir eine volle Leseempfehlung. Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 in London geboren und wuchs im großbürgerlichen Milieu des viktorianischen Englands auf. Ihr Leben war geprägt von wiederkehrenden psychischen Krisen. 1912 heiratete sie Leonard Woolf. Am 28. März 1941 nahm Virginia Woolf sich, erneut bedroht von einer Verdunkelung ihres Gemüts, das Leben. Ich finde diese melancholische Grundstimmung ist auch hier ganz deutlich spürbar. >>Eine Leere war im Herzen des Lebens<< Erwähnen möchte ich auch gerne die wunderschöne Manesse Ausgabe mit dem zarten blättergrünen Frauengesicht. 🌿🌿🌿

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Klassiker

Von: LiteraturReich

15.06.2022

“Mrs. Dalloway sagte, sie werde die Blumen selbst kaufen.” Der Anfangssatz von Mrs. Dalloway ist wohl einer der einprägsamsten der Literaturgeschichte. Doch wie es so manchen extrem bekannten Texten ergeht, haben gar nicht so viele Menschen, die den vielleicht berühmtesten Roman Virginia Woolfs zu kennen glauben, diesen auch tatsächlich gelesen. Ich muss zugeben, dass auch ich dazu gehörte. Nun hat mich eine besonders schöne Ausgabe in der Reihe Manesse Bibliothek, in der Neuübersetzung durch Melanie Walz verführt, diesen 1925 entstandenen, bahnbrechenden Roman endlich einmal zu lesen. Geschildert wird der Verlauf eines Junitages im Jahre 1923. Die 52-jährigen Clarissa Dalloway, Gattin eines Parlamentsabgeordneten, macht Besorgungen für einen großen Empfang, den sie und ihr Mann am Abend geben werden. In der Stadt begegnet sie einem alten Jugendfreund. Diese Begegnung löst Erinnerungen aus, sie denkt über das Altern und den Tod nach, über richtige und falsche Entscheidungen im Leben. Später trifft sie noch ihre Jugendliebe und ihren Ehemann. Parallel dazu begegnen wie dem Ehepaar Smith. Der Kriegsveteran Septimus Smith leidet an einem Trauma aus dem 1. Weltkrieg und an Depressionen. Später begeht er Selbstmord. Auf der Abendgesellschaft erfährt Clarissa durch dessen Arzt davon. So werden beide Handlungsstränge zusammengeführt. Immer wiederkehrender Bilder und Symbole, wie die Glockenschläge von Big Ben, strukturieren die Handlung, die aber keineswegs im Vordergrund steht und von so alltäglichen Dingen wie Essen und Einkaufen erzählt. Wichtiger sind Sinneseindrücke und Erinnerungen. Diese werden in direkter, indirekter und erlebter Rede und inneren Monologen geschildert. Es ist ein Bewusstseinsstrom à la “Ulysses” und Mrs. Dalloway gilt als Meilenstein der modernen Literatur. Das ist nicht immer ganz leicht zu lesen, aber sehr fesselnd. Virginia Woolf breitet ein Panorama der britischen Gesellschaft nach dem 1. Weltkrieg aus, sein starres Klassensystem scheint wie das ganze Empire dem Untergang geweiht. Zu Recht ein Klassiker der Literaturgeschichte, den man unbedingt lesen sollte.

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Autorin Virginia Woolf Adeline Virginia Stephen wird am 25. Januar 1882 als Tochter des Biografen und Literaten Sir Leslie Stephen, seiner Frau Julia (geb. Jackson, geschiedene Ducksworth) in London geboren. 1912 heiratet sie den Schriftsteller und Journalisten Leonard W. Woolf. 1917 gründen sie gemeinsam einen eigenen Verlag "The Hogarth Press“. Neben 17 literarischen Werken von Virgina Woolf erscheinen ebenfalls Romane von James Joyce und Marcel Proust. 1925 wird „Mrs. Dalloway“ veröffentlicht. Virgina Woolf stirbt am 28. März 1941 durch Freitod im Fluss Ouse bei Lewes in Suxxes. Einleitung Der Roman Mrs. Dalloway gilt in der englischen Literatur des 20. Jahrhunderts als Hauptwerk. Virginia Woolf führt in diesem Roman eine grundlegende neue Stilrichtung ein und setzt Maßstäbe für die Weiterentwicklung der literarischen Moderne. Das Goldene Zeitalter ist angebrochen. Gesellschaftliche und kulturelle Umbrüche prägen die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Die Wirtschaft erholt sich und eine moderne Massenkultur und Technisierung nimmt schnell große Ausmaße an. Hinzu veränderte sich das durch die Einführung des Frauenwahlrechts 1918, das traditionellen Rollenbild der Frau. Die Traditionen Englands geraten in Wanken. Die Literatur reagiert auf diese Veränderungen und legt den Fokus zunehmend auf die Darstellung der inneren Welt, betonte menschliche Emotionen, psychische Spannungen und Sinneseindrücke, da die reale Welt nicht fassbar ist und nur noch subjektiv wahrgenommen wird. „So ist Mrs. Dalloway, 1925 erschienen, auch ein großer London-Roman, in dem Straßen, Geschäfte, Parks, Geräusche und Gerüche der Großstadt mit atemberaubender Detailtreue eingefangen werden, sodass wir Leserinnen meinen, mit den Figuren die Bewegung durch die Stadt zu erleben.“ (S. 377) Inhalt Clarissa Dalloway ist einundfünfzig. Sie ist verheiratet mit dem Parlamentsabgeordneten Richard Dalloway. Sie haben eine Tochter Elizabeth. Clarissa Dalloway lebt mit ihrer Familie in London im vornehmen Stadtteil Westminster und führt ein großes Haus mit Dienerschaft. An einem schönen Sommertag im Juni gibt sie eine ihrer berühmten, glänzenden Partys. Clarissa macht hierfür Besorgungen und trifft Vorbereitungen. Dabei werden Gedanken frei, die in ihre Vergangenheit zurückreichen. Nur die Stundenschläge des Big Ben holen sie in die Gegenwart zurück. In ihrer inneren Auseinandersetzung mit ihrem bisherigen Leben werden nach und nach Bruchstellen zwischen ihrer äußeren und inneren Existenz freigelegt. Sprache und Stil Die Handlung umspannt zwölf Stunden aus dem Leben von Clarissa Dalloway. Im Zentrum des Romans stehen Mrs. CLarissa Dalloway und Septimius Smith. Clarissa erinnert sich während ihrer Partyvorbereitungen an Ereignisse aus ihrer Jugendzeit. Septimus Warren Smith hingegen ist gefangen in seinen Erinnerungen an schreckliche Erlebnisse auf dem Schlachtfeld. Die Erinnerungen werden mit weiteren Personen geteilt, die in ihrem jetzigen Leben und in ihrer Vergangenheit eine Rolle eingenommen haben. Beide Wege der Protagonisten kreuzen sich zufällig im Roman, bis am Ende durch ein unglückliches Ereignis beide Erzählstränge miteinander verbunden werden. Ein wichtiges Merkmal der Vergänglichkeit stellt Virgina Woolf mit Big Ben, der die Zeit anzeigt, dar. In Abständen teilt Big Ben mit seinem Glockenschlag die Gedanken der Individuen als Teil der Perspektivwechsel. Der Wechsel der Perspektiven wird kontinuierlich vorgenommen, was die Handlung in den Hintergrund stellt und der Erzähltechnik einen besonderen Stellenwert einräumt. Woolf nutzt insbesondere eine damals neue Technik des Bewusstseinsstroms (Stream of Consciousness). Gedanken und Assoziationen der Figuren werden ungeordnet und unmittelbar wiedergegeben. Exkurs Bewusstseinsstrom (Stream of Consciousness) „Am Ende des 19. Jahrhunderts wuchs das Interesse an den Vorgängen in der Psyche des Menschen. Mitverantwortlich waren hierfür die tiefenpsychologischen Forschungen des Wiener Psychologen Sigmund Freud. Der Psychologe William James gebrauchte den Begriff "Stream of Consciousness" als Erster in seiner Abhandlung. Die Prinzipien der Psychologie (1890). Dabei bezog er sich auf den Roman Les lauriers sont coupés (1888) des Franzosen Édouard Dujardin, der die Erzähltechnik erstmals verwendete.“ Quelle: James Joyce, Ulysses, Historischer Hintergrund, Eine Revolution des Erzählers in https://www.getabstract.com/de/zusammenfassung/ulysses/3418. 23.05.2022. Hauptprotagonisten Clarissa Dalloway entspricht dem Rollenverständnis der Frau in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Als Gattin eines Politikers beschränken sich ihre Tätigkeiten innerhalb des Hauses und in ihrem Umfeld. Sie hat alles, was sie will. Clarissa achtet sehr auf ihr Aussehen. Sie gibt gesellschaftliche Partys, aber zeigt keine Eigeninitiative sozialer oder politischer Art. Früher war sie in Peter Walsh verliebt und als er am Tage der Partyvorbereitung unverhofft bei ihr erscheint, versucht sie ihre noch vorhandenen Gefühle für ihn zu verbergen. "[…]sie hatte eine schmale Bohnenstangenfigur; ein lächerliches Gesicht, spitz wie das eines Vogels. Dass sie sich gut hielt, stand ausser Frage; und sie hatte Hände und Füße; und kleidete sich gut, wenn man bedachte, dass sie wenig Geld ausgab." (S. 18) Doch mittlerweile fühlt sie sich als ein Nichts, „als Mrs. Dalloway; nicht einmal mehr Clarissa, sondern als Mrs. Richard Dalloway.“ (S. 19) Septimus Warren Smith, 30 Jahre alt und mit verheiratet mit Lucrezia, 24 Jahre alt, stellt im Roman den Kontrast zu Clarissa dar. Er war 25 Jahre alt, als er sich freiwillig aus einer patriotischen Stimmung heraus zum Kriegsdienst meldet. Septimius ist ein feinfühliger, der Literatur zugewandter, interessierter junger Mann mit literarischen Neigungen. Besonders intensiv beschäftigt er sich mit Shakespeare. Seine Persönlichkeit hat nach dem Erleben des Kriegsgeschehens eine ernsthafte psychische Erkrankung hervorgerufen. Er beendet sein Leben, um einen Krankenhausaufenthalt zu vermeiden. „Der Krieg hatte ihn erzogen. Es war ein herrliches Gefühl. Er hatte das ganze Programm absolviert, Freundschaft, Weltkrieg, Tod, hatte sich ausgezeichnet, war noch nicht einmal dreißig und würde überleben. Damit hatte er recht. Die letzten Granaten erwischten ihn nicht mehr.“ (S. 154) Peter Walsh 53 Jahre alt ist Clarissa Jugendliebe. Vor mehr als 20 Jahren wurde er von Clarissa zurückgewiesen, was er nie überwand. Peter ging nach Indien und ist nun überraschend zurückgekommen, um seine Jugendliebe zu besuchen. Das Treffen wird von Erinnerungen und Gefühlsausbrüchen begleitet. „War es möglich, dass er in sie verliebt war, wenn er sich an das Elend, die Qualen, die unglaubliche Leidenschaft jener Tage erinnerte? […] Aber diese verblüffenden Gefühlsregungen - als er an diesem Vormittag in Tränen ausgebrochen war, was hatte all das zu bedeuten? Was mochte Clarissa von ihm gedacht haben?, wahrscheinlich hatte sie ihn für töricht gehalten, nicht zum ersten Mal. Eifersucht hatte es ausgelöst - Eifersucht, die jede andere Leidenschaft der Menschen überlebt.“ (S. 142 f.) Sally Seton erscheint zunächst nur als Bild in Clarissas Erinnerungen. Sie erinnert sich an den Kuss, der von Sally ausging. Doch gesellschaftliche Normen und Erwartungen waren stärker. Sally erscheint am Schluss des Romans als Gast auf der Party. „Zum Beispiel Sally Stein; ihre Beziehung zu Sally Stein in früheren Zeiten. War das nicht letzten Endes Liebe gewesen?“ (S. 58) Erzählstil Der Roman Mrs. Dalloway hat keine besondere äußere Handlung. Er spielt an einem Tag im Juni 1923. Das Wesentliche hat Virginia Wolf in den Köpfen ihrer Figuren verankert. Nebeneinander werden die Gedankenströme platziert, die den Leser und die Leserin in die tiefste Stelle der einzelnen Personen hinführt. Die Fassade wird durchbrochen, egal welche Klasse, Beruf, Geschlecht, Selbstbild oder Aussehen die Person ausmacht. Sie wechselt die Perspektive ständig. Es gibt einen allwissenden Erzähler, Monologe, indirekte Rede, direkte Rede. Geschickte Stilmittel, wie Metaphern und bildliche Sprache, lassen Gegenstände und Geräusche Erinnerungen an die Vergangenheit in den Charakteren hervorrufen. Gedanken und Assoziationen der Figuren werden ungeordnet und unmittelbar wiedergegeben. Sie vermitteln dem Leser einen Einblick in die Denkprozesse, nostalgische Betrachtungen und Sinneseindrücke, analysierende Gedanken, Selbstreflexion verbunden mit sehr bildlichen und emotionalen Beschreibungen. Der Roman beginnt mit Erinnerungen aus Clarissas Vergangenheit. Der schöne Morgen und das Quietschen der Türangeln erinnern sie an ihre Jugendzeit in Bourton. „Was für ein Spaß! Was für ein Aufbruch! Denn so war es ihr vorgekommen, wenn sie mit leisen Knarren der Angeln, wie sie es jetzt hören konnte, die Fenstertüren aufgerissen hatte und ins Freie nach Burton aufgebrochen war. Wie frisch, und friedlich, stiller als hier natürlich, war die frühmorgendliche Luft: wie das Plätschern einer Welle, der Kuss einer Welle, kühl und erfrischend und zugleich dennoch (für ein achtzehnjähriges Mädchen, das sie damals war) feierlich. […].“ (S. 5) Clarissa nimmt die Stille und Geborgenheit der Natur wahr, im Gegensatz zur ständigen Unruhe und Geschäftigkeit des modernen Londons. Zwei Handlungsstränge Zwei Handlungsstränge bestimmen den Roman: Clarissas Vorbereitung der Party und das Schicksal des verzweifelten Septimus. Beide Handlungsstränge symbolisieren die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Clarissa Dalloway zählt zur Oberschicht. Sie führt einen elitären Lebensstil, der durch den Besuch des Premierministers auf ihrer Party besonders herausgehoben wird. Septimus Warren Smith steht auf der anderen Seite und verkörpert die kleinbürgerliche Welt eines lohnabhängigen Menschen. Septimus und Clarissas Wege berühren sich mehrmals. Ein lärmendes Auto oder ein am Himmel kreisendes Flugzeug wird von beiden wahrgenommen. „Alles war zum Stillstand gekommen. Das Dröhnen der Motoren klang wie ein Puls, der unregelmäßig im ganzen Körper pochte. Die Sonne wurde außergewöhnlich drückend, denn das Automobil stand vor Mulberry`s Schaufenster […]. (S. 26) „Das Geräusch eines Flugzeugs dröhnte unheimlich in den Ohren der Menge.“ (S. 35 f.) Zudem sorgen diese äußeren Begebenheiten und auch der Uhrschlag des Big Ben für fließende Übergänge zwischen den Erzählsträngen und dienen als Dreh- und Angelpunkte der Perspektivenwechsel. Hauptmotive Neben diesen beiden Handlungssträngen behandelt der Roman mehrere Hauptmotive. Die Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit des Lebens wird immer wieder durch die regelmäßigen Stundenschläge des Big Ben symbolisiert. „[…] Big Ben […] Da! Es dröhnte. Zuerst die Ankündigung, melodisch; dann die Uhrzeit, unwiderruflich.“ (S. 7) „Es war genau zwölf Uhr; zwölf Uhr laut Big Ben, dessen Schläge über den nördlichen Teil Londons wehten, gemischt mit den Klängen anderer Uhrwerke, auf flüchtige, luftige Weise mit den Wolken und Rauchwölkchen vereint, bis sie hoch oben zwischen den Möwen erstarben […].“ (S. 168) Die Auseinandersetzung mit Gefühl und Wahnsinn wird sehr stark in der Figur Septimus Smith, der unter einem Trauma leidende Kriegsveteran, zum Ausdruck gebracht. Er und seine Frau suchen Hilfe, das Kriegstrauma zu verarbeiten, aber sie erkennen: Es gibt keine Hilfe. Die Reaktion des Psychiaters, eine Ausgrenzung aus der normalen Lebensumwelt umzusetzen, die Einweisung in ein Heim, führt dazu, den Schritt zur Selbsttötung weiterzugehen. „»Wir sind übereingekommen, dass Sie in ein Heim gehen« sagte Sir William.“ (S. 174) Bei Clarissa und Peter Walsh spielen Gefühle eine große Rolle. Peter, ihre Jugendliebe, taucht unverhofft bei ihr auf. Gemeinsam tauschen sie Erinnerungen der gemeinsamen Vergangenheit aus. Im Laufe ihrer Erinnerungen stellt sich Clarissa die Frage, warum sie sich gegen eine Heirat mit Peter entschieden hat. „Jetzt, dachte Clarissa, ist er wahrhaftig bezaubernd! Jetzt weiß ich wieder, wie unmöglich es mir war, mich zu entscheiden - und warum habe ich mich entschieden - ihn nicht zu heiraten, fragte sie sich, in jenem abscheulichen Sommer?“ (S. 74) Der Besuch hatte sie aus der Fassung gebracht, letztendlich erkennt Peter, dass eine Ehe mit ihr zu nichts geführt hätte. „Das andere hatte sich letzten Endes so unmissverständlich ergeben.“ (S. 276) Weitere Themen wie gesellschaftliche Unterschiede, sexuelle Unterdrückung und den langsamen Untergang der alten, britischen und politischen Ordnung nimmt Virgina Woolf in ihren Roman auf. Clarissa erinnert sich an ihren erotischen Kontakt mit Sally Seton. Sie befürchtet, dass diese Gegebenheit sich bei ihrer Tochter Elizabeth mit der Privatlehrerin Doris Kilman wiederholt. Elizabeth und Miss Kilman sind unzertrennlich. Clarissa befürchtet, dass Miss Kilman ihr die Tochter entfremdet. Ihr Mann Richard betrachtete es als eine Phase, die „alle Mädchen durchmachen“. Die bevorstehenden Feierlichkeiten stehen auch im Zeichen politischer Veränderungen. Die Oberschicht wird zunehmend von dem aufkommenden Bürgertum und der organisierten Arbeiterschicht eingeengt. Abgerundet wird der Roman durch Anmerkungen und ein Nachwort von Vea Kaiser. Fazit „Mrs. Dalloway wurde nach seinem Erscheinen zu einem für die damalige Zeit großen Erfolg und begründete Woolfs Ruhm. 1925 wurde sie sogar für die Vogue fotografiert.“ (S. 388) Der Roman ist das beste literarische Werk der Autorin. Die Geschichte ist der Zeit der literarischen Moderne zuzuordnen. Im Roman gibt es keine bestimmte Handlung. Die Handlung findet hauptsächlich im Bewusstsein der Charaktere statt. Victoria Woolf hat in Mrs. Dalloway den Stil des Gedankenstroms perfektioniert. Fließende Gedanken, Erinnerungen, Hoffnungen und Träume zeigen mentale Zustände der unterschiedlichsten Personen auf. Die Hauptfigur Mrs. Dalloway denkt über ihr Leben nach, seine Bedeutung und die Essenz daraus. Sie fragt sich, ob sie glücklicher, klüger oder erfüllter sein könnte, als sie es ist. Doch am Ende erkennt sie, dass sie das Beste gewählt hat. Im Gegensatz zu Septimius, dessen Gefühle, Leiden und Schmerzen von dunklen und negativen Gedanken beherrscht werden. Die Geschichte wird mit weiteren Personen wie Richard Dalloway, Peter Walls, Sir William Bradshow, Elizabeth verwoben, deren Wege sich kreuzen oder in einem direkten Zusammenhang stehen. Einen weiteren Aspekt im Roman wird mit dem Begriff Zeit aufgegriffen. Die Zeit wird durch Big Ben symbolisiert. Geordnet schlägt er die Stunde und zeigte das Vergehen der Zeit kontinuierlich an. Vergangenheit wechselt sich ab mit Erfahrung und Erinnerung. Das Bewusstsein der Vergänglichkeit wird immer greifbarerer. Der Roman ist insgesamt kurz, aber durch seine durchdachte Sprache und seinen hervorragenden Aufbau ein grandioser Roman. Arbeit zitieren Autorin Petra Gleibs, Mai 2022, Buchvorstellung Virgina Wolf, Mrs. Dalloway, https://www.lesenueberall.com/mrs.-dalloway/

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