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Rezensionen zu
Wolkenkuckucksland

Anthony Doerr

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Eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher

Von: oneveganbooknerd

14.12.2023

Es gibt da diese eine Geschichte, die ist schon mehrere tausend Jahre alt. Vermutlich habt ihr schon von ihr gehört. Es geht um Aethon, der Narr, der sich in einen Esel verwandelte, die Welt bereiste, auf der Suche nach einem sagenumwobenen Land, um nach vielen Strapazen und Abenteuern am Ende wieder den Heimweg anzutreten. Aethons Geschichte wurde unter den widrigsten Umständen weitergetragen. Anna rettete sie, bevor ihre Stadt von der feindlichen Armee eingenommen wurde. Das war 1450 in Konstantinopel. Die Geschichte fand ihren Weg auch zu Zeno, der sie wiederum 2019 in Gedenken an seine große Liebe übersetzte. Er schaffte es mit seiner Übersetzung sogar, eine Handvoll Fünftklässler:innen zu begeistern, die zusammen mit ihm ein Theaterstück erarbeiten wollten. Und später, viel, viel später wird Konstance ebenfalls auf diese Geschichte stoßen. Sie wird eine Art Zufluchtsort werden. Ein Ort, an welchem Konstance ihrer Isolation entkommen kann. Sie ist Teil einer Weltraumexpedition und auf dem Weg, einen neuen Exoplaneten zu besiedeln. "Wolkenkuckucksland" ist mein erster Roman von Anthony Doerr und ich bin so begeistert von diesem Buch! Es ist eine Liebeserklärung an das Schreiben, Lesen und Bücher im Allgemeinen. Im Mittelpunkt steht die Geschichte um Aethon und die Sehnsucht nach dem "Wolkenkuckucksland", dem Land, an dem alle Träume wahr werden. Im gleichnamigen Buch werden die Leser:innen wie durch Magie von dieser Geschichte angezogen. Dies geschieht im Rahmen alltäglicher Begegnungen, beispielsweise als Anna ihrer kranken Schwester Maria aus dem Buch vorliest und diese für einige Augenblicke ihre Krankheit vergessen und sich ihrer Fantasy hingeben kann. Diese kleinen und größeren Momente zeigen, wie sehr eine Geschichte die Leser:innen berühren und beeinflussen kann. Anthony Doerr schafft es, auf verschiedenen Ebenen zu beeindrucken. Ich empfand alle Charaktere durchweg erstklassig ausgearbeitet. Die Zeitebenen (plus Metaebene) waren so gut komponiert, dass dem Buch jederzeit zu folgen war. Ich habe das Buch sehr schnell weggelesen und musste mich teilweise etwas bremsen, damit es nicht zu schnell zu Ende geht. "Wolkenkuckucksland" spricht so viele Aspekte rund um das Thema Buch an, dass ich hier kaum alle benennen kann. Sei es die Übersetzungsarbeit, die Arbeit von Historiker:innen alte und vergessene Texte aufzuspüren und wieder lesbar zu machen, bis hin zum Lesen und der Freude an Geschichten. Um hier wenigstens ein paar der Themen dieses Buches zu nennen. "Wolkenkuckucksland" von Anthony Doerr gehört definitiv zu meine Jahreshighlights.

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Die beiden mir bekannten Romane von DOERR zeichneten sich durch hohe sprachliche und emotionale Intensität aus. Deshalb konnte und wollte ich mich ganz schnell ins Wolkenkuckucksland führen lassen. Ich habe mich für die Hörbuch-Variante entschieden. (4,5 Sterne) Der Roman ist kunstvoll konstruiert: Er findet nicht nur auf drei Zeitebenen statt, sondern umfasst in diesen Epochen (Mittelalter, Gegenwart und nahe Zukunft) jeweils auch noch längere Zeitabschnitte, die – zu allem Überfluss – auch nicht immer chronologisch abgearbeitet werden. Als erste Aufgabe an die Leser/innen steht da ein wenig Orientierungsarbeit ins Haus. Wie sich das für einen solchen komplexen Plot gehört, gibt es natürlich ein verbindendes Element: den fragmentarisch überlieferten altertümlichen Text vom Wolkenkuckucksland, dessen Weg durch die Jahrhunderte zu einer eigenen Geschichte in den Geschichten wird. Eins wird im Laufe der Erzählung immer deutlicher: DOERR zelebriert mit diesem Roman nicht nur dieses spezielle schriftliche Zeugnis, sondern die Literatur, das Lesen, die Bücher schlechthin. In diesem beeindruckenden historischen Panorama streckt ein ganzes Kaleidoskop an Themen, Ideen und menschlichen Grunderfahrungen: Es geht um Armut, Krieg, Willkür, Grausamkeit, Wissensdurst, Solidarität, Mitgefühl, Loyalität und Liebe. Da, wo der Autor seine Schwerpunkte setzt, tut er das mit einer – oft geradezu schonungslosen – Detailtiefe. Wir erleben z.B. die Belagerung Konstantinopels so hautnah, als hätten wir selbst die neuen Kanonenwaffen mit unseren Ochsen herangeschleppt; ebenso teilen wir das Bangen und die verzweifelte Gegenwehr der Eingeschlossenen. DUERR geht nicht nur dicht heran, sondern benutzt seine Sprachkünste auch zur Vermittlung der Härte des Lebens und des Leidens der Protagonisten. Egal in welche Zeit wir schauen: die Figuren, die wir kennenlernen, sind alle keine glänzende Helden; sie sind geprägt durch biografische Belastungen und Brüche. Doch sie tragen auch eine innere Orientierung in sich, sind geerdet und geprägt in einem ureigenen Wertesystem. Dabei spielt weniger Intellektualität eine Rolle, es ist eher die „Weisheit der Herzen“ (oder „die Kraft der unmittelbaren Menschlichkeit“), die wir in und durch die Protagonisten gezeigt und vorgelebt bekommen. Natürlich gibt es zahlreiche Bezüge zwischen der verbindenden „Ur-Geschichte“ vom Wolkenkuckucksland und den Handlungssträngen des Romans. Dieses Buch ist so überbordend gefüllt mit Metaphern, Bildern, Anspielungen und philosophischen Ideen, das man es sicher mehrfach lesen (oder hören) müsste, um dem wirklich gerecht zu werden. Dieses Buch lädt zum Eintauchen und Verweilen ein. Es ist keine leichte und schnelle Kost. Es nimmt einen mit in den Schlamm, den Schmerz, die Ohnmacht – und zeigt gleichzeitig auch die Kraft und die Sinngebung zum Weiterleben. So wie der Text des Wolkenkuckucksland über die Generationen und Jahrhunderte überliefert wurde, ist vielleicht auch das Leben des Einzelnen nur eine kleine Stufe auf der historischen Treppe der Menschheit. Sollten wir uns möglicherweise selbst nicht so fürchterlich wichtig nehmen? Die Grundcharakteristik des Romans ist möglicherweise auch eine (kleine) Schwäche: Man muss schon Gefallen finden an solch einer verschachtelten Komposition, man muss Vergnügen daran finden, sich in die Stränge hineinzuarbeiten – sonst kann es auch als verwirrend, anstrengend oder gar als Zumutung empfunden werden. Auch die Detailtiefe kann schon mal nervig werden: Wieviel Geduld hat man als Leser/in bei der (gefühlt stundenlangen) Begleitung des Ochsengespanns Richtung Konstantinopel? Sich dieses Buch als Hörbuch zu gönnen, ist ganz sicher keine schlechte Idee. Frank ARNOLD ist ein toller Sprecher, der mit seiner Stimme ein absolut stimmiger Erzähler für diese ausladende Geschichte ist. (Ein kleiner Tipp: Legt euch in der ersten Stunde einen kleinen Zettel bereit, auf dem ihr kurz die Namen der Protagonisten, die Zeit bzw. den Handlungsort notiert. So sind dann die Wechsel der Ebenen leichter nachzuvollziehen. Später ist das dann kein Problem mehr…).

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