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Rezensionen zu
BÄR

Marian Engel

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Raus aus der Stadt, rein in die Natur. Lou steht ein vermeintlich entspannter Sommer auf einer kleinen Insel im Norden Kanadas bevor. In ihrer Funktion als Bibliothekarin soll sie dort für ihr Institut den Nachlass eines Colonels ordnen und katalogisieren, eine Arbeit, die sich schon nach kurzer Zeit als gar nicht so langwierige Angelegenheit herausstellen soll. Auf der Flussinsel angekommen wird Lou jedoch mit einem „Mitbewohner“ konfrontiert: ein Bär, der dort vom Colonel als Quasi-Haus-und-Hof-Tier gehalten wurde. Die zunächst einsetzende Skepsis weicht schnell einer Bewunderung für das beeindruckende Tier, schließlich einer Zuneigung und final einer besonderen Form der Liebe und des Sich-Angezogen-Fühlens. Lous Leben beginnt sich zu verändern, und sie spürt, dass sie die Insel anders verlassen wird, als sie sie betreten hat... „Bär, ich kann dir nicht befehlen, mich zu lieben, aber ich glaube, du liebst mich. Ich will, dass du nicht aufhörst, zu sein und für mich da zu sein. Nichts weiter. Bär.“ (S. 151) Bereits vor über vierzig Jahren erschien „Bär“ von Marian Engel 1976 und gilt als einer der wichtigsten kanadischen Romane der neueren Zeit. Die Faszination, die von diesem Werk ausgeht, ist während der Lektüre gepaart mit vielen widerstreitenden Emotionen: Da sind Abscheu und Belustigung, Hingabe und Irritation, Empathie und Abwehrhaltung. Marian Engel nimmt uns als Leser*innen mit in die Isolation dieser Insel und schafft einen Gegenentwurf zum Nature Writing. Die Natur wird hier vielmehr zur Kulisse für die Persönlichkeitsentwicklung einer Frau kurz vor dem Bruch, einer Frau, die sich über ihre Geschichte mit einem Bären entwickelt, aus sich herauskommt, ja nahezu aufblüht und an Stärke gewinnt. Doch kommen wir zum Punkt, der in den Diskussionen zu diesem Buch wahrscheinlich den wohl auch zurecht größten Raum einnimmt: die sehr direkten Schilderungen von körperlicher Liebe zwischen der Protagonistin und dem Bären. Im von Kristine Bilkau verfassten, sehr hilfreichen Nachwort wird klar, dass es hier keineswegs um eine symbolhafte Vielleicht-Fabel geht. Engel sieht den Bären per se nicht als Stellvertreter, sondern möchte eins zu eins erzählen. Ausgelöst durch die sexuellen Erfahrungen mit dem Bären durchlebt Lou die Erlebnisse der Vergangenheit, ruft sich Beziehungen emotionaler und körperlicher Art mit anderen Menschen in Erinnerung, macht sich Gedanken über ihr Frau-Sein – innerhalb der Gesellschaft und auch ganz individuell für sich selbst. Der Text wird somit zu einer feministischen Selbstreflexion und zeigt somit induktiv Chancen und Wege auf. Das Explizite der sodomistischen Akte verstört selbstverständlich dennoch, lässt uns sprachlos und auch kopfschüttelnd zurück. Und trotzdem übte „Bär“ auf mich auch schon ohne die Lektüre des Nachworts eine seltsame Faszination aus, hinterließ einen Glanz und Firniss, der mit Sicherheit auch der Direktheit im Ton, der Unverstelltheit der Sprache geschuldet ist, die komplett ohne metaphorische Poesie auskommt. Lous Tätigkeit als Archivarin und ihre selbstgewählte Isolation erfahren über ihre Nähe zum Bären ein In-Klausur-Gehen der besonderen, nicht immer gesellschaftsfähigen Art. Und das hinterlässt Grübelei – auf eine gute Art! Dass „Bär“ nach vielen Jahrzehnten der Absenz nun wiederentdeckt und seinen Weg auch in die deutschsprachige Literatur geschafft hat, erachte ich als durchaus große Bereicherung. Vielleicht würde ich ihn nicht unbedingt als „einen der wichtigsten Romane Kanadas“ bezeichnen; mit Sicherheit liefert er aber einen essentiellen Beitrag zum feministischen Diskurs, der sich nur nicht auf den ersten Blick erschließen mag. Ich bin den Weg gerne mitgegangen und werde mich auch in den nächsten Tagen noch ein wenig der Grübelei hingeben.

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Welch merkwürdig liebevoll-skurrile Geschichte wurde hier wiederentdeckt! Die Bibliothekarin Lou, die für eine Geschichtsgesellschaft in Kanada arbeitet, wird eines Sommers in ein Haus auf eine Insel in Nordkanada geschickt, um dort den Bibliotheksbestand eines Verstorbenen Colonel zu sichten. Es ist ein merkwürdiger Ort: ein oktagonales Haus, umgeben von Wasser, bewacht von einem alten Bären. Während Lou die Bücher katalogisiert, freundet sie sich mit dem Bären an, einem großen Tier, mit dem eine alte Indigene gerne zu sprechen scheint. Aus den alten Notizen des Colonel lernt sie einiges über Bären und er beginnt, gleich einem großen Hund, auch ins Haus zu kommen und sich vor den Kamin zu legen. Er erscheint für sie gleichzeitig Mann und Baby und sie beginnt, ihn zu lieben. „Ich werde mir sonderbare Gewänder aus Pelz nähen, damit ich im Winter bei dir bleiben kann. Ich werde dich nie, niemals verlassen.“ Die Einsamkeit inmitten der Natur, das fehlende Interesse an der einheimischen Kultur und Literatur in dieser eher durchschnittlichen Bibliothek prägt Lous Stimmung in diesem Sommer. Und als sie zunächst spielerisch dann regelmäßig mit dem Bär ihre Lust auslebt, kommt neben ihrer Blaustrümpfigkeit auch ihre sensuelle Seite zum Vorschein. „Denn was ihr an den Männern missfiel, war nicht deren Erotik, sondern ihre Unterstellung, Frauen hätten keine. Womit Frauen nichts als das Hausfrauendasein übrig blieb.“ Sie hat nicht mehr Angst vor diesem Bären als vor Männern und das Thema sexueller Übergriffe und Enttäuschungen blitzt hin und wieder in der Erzählung auf. Ein seltsam originelles Buch über Mensch und Natur, Kanadische Geschichte und Kolonialismus , Einsamkeit und selbstbestimmte weibliche Lust. Mit einem Nachwort von Kristine Bilkau. Aus dem Englischen von Gabriele Brößke

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Lou lebt zurückgezogen und verbringt aufgrund ihres Jobs als Bibliothekarin den Sommer auf einer abgelegenen Flussinsel im Norden Kanadas. Die fehlenden Kontakte zur menschlichen Außenwelt stören die Protagonistin nicht weiter, da diese sich sehr gewissenhaft in ihre Arbeit vertieft. Zu ihren Aufgaben gehört neben der Kategorisierung des Nachlasses eines Colonels auch die Fürsorge um einen halbzahmen Bären. Das Buch ist bereits 1976 veröffentlicht worden und gilt aktuell als die große Wiederentdeckung aus Kanada. Ich bin neugierig geworden und habe dieses schmale Buch (190 Seiten) an einem sonnigen Mittag durchgelesen. Die Geschichte von Lou hat mich in ihren Bann gezogen, aber so richtig begründen woran das lag kann ich allerdings nicht. Die Story und das Verhalten von Lou erweckte in mir ein weites Gefühlspotpourri von bodenständig über humorvoll, tiefgründig bis hin zu total skurril. Die Sprache ist ruhig und poetisch, dadurch bin ich nur so durch die Seiten geflogen. „Sie sah den Bären an. […] Sein Fell war so dick, dass ihre Hand sich zur Hälfte darin verlor. Sie massierte seine höckrigen Schultern. Neben ihm zu sitzen gab ihr ungekannten Frieden. Es war, als ob der Bär, wie die Bücher, Generationen von Geheimnissen kannte“ (S.90/91). Für mich ist „Bär“ ein facettenreicher Roman, der seine ganz eigene Dynamik entwickelte. Wer jetzt neugierig ist sollte nicht lange überlegen, sondern einfach zugreifen.

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Kein neuer Roman, dieses Buch „Bär“ von Marian Engel. Es ist eines dieser wiederentdeckten Bücher, das zwar in den 70er Jahren erschien, aber zeitlos ist. „Wenn mir die Erfahrung nicht wieder weggenommen werden soll, dachte sie, muss ich sofort damit anfangen, sie zu machen.“ (S. 51) Es geht um Lou, die an einem historischen Institut in Toronto arbeitet. Eine Frau im mittleren Alter, die bisher nur mittelmäßige Erfahrungen gemacht hat, langweilige Männer leid ist und ihre Arbeit liebt: das archivieren. Nun darf sie sich auf machen in den Norden, denn das Institut hat ein Haus geerbt in dem eine staatliche Bibliothek untergebracht ist und Lou soll dort hin in den wilden hohen Norden auf die Insel, in das Fowler-Oktagon und die Bibliothek sichten und katalogisieren. Es ist nicht nur ein Haus fern ab der Zivilisation, es ist ein Haus mit Bär, der auch dort lebt. Sie nähern sich an und durch Lous Einsamkeit und neuergründeten Autonomie wird mehr aus ihr und dem Bären als es sein dürfte. „Ist ein Leben, dass sich plötzlich als Abwesenheit entpuppt, überhaupt ein Leben?“ (S. 18) Ein Roman der sachlich darlegt; weder kitschig noch verklärt daherkommt. Ein Roman der eine Frau in der Wildnis porträtiert, die auf einen domestizierten Bären trifft, der natürlich weiterhin ein wildes Tier ist und bleibt. Die Autorin schrieb in klarer Prosa, aber abgewandt vom blühenden nature writing. Die Ambivalenz der Protagonistin, wenn sie die Veränderungen an sich selbst wahrnimmt, eine neugewonnenen Selbstbestimmtheit. Sie nimmt gar eine Rolle der Unterdrückerin gegenüber dem Bären ein, aber entronnen der eigenen Unterdrückung. „Dir fehlt der Stolz, dir fehlt das Gespür für dich selbst.“ (S. 166) Ein starker Roman, der viele Elemente hat, die noch heute diskussionswürdig sind und hier angerissen werden im Jahr 1976: Wenn es um die first nations geht, um Kolonialisierung, um die Rolle der Frau und das alles kondensiert in einem Sommer im wilden Kanadischen Norden, denn Lou mit dem Bär verbringt und sich selbst entsteigt. Ja, ein starker Roman, aber ob es der beste kanadische Roman aller Zeiten ist wie es auf unter dem Titel der Neuauflage des btb Verlages heißt, sei mal dahingestellt. Aber ich kann diese Neuauflage sehr empfehlen, denn das Nachwort zum Roman der Schriftstellerin Kristine Bilkau ist sehr erhellend und komplementiert den Roman erheblich.

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