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Rezensionen zu
Die Symphonie der Sterne

Ruth Kornberger

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€ 22,00 [D] inkl. MwSt. | € 22,70 [A] | CHF 30,50* (* empf. VK-Preis)

Kurzmeinung: sehr gut recherchiertes, facettenreiches Lebensbild der Astronomin C. Herschel, starke Frau; fachkundiger Einblick in die Astronomie im 18. Jh.; clevere Erzählweise „Die Symphonie der Sterne“ ist eine sehr interessante Romanbiografie über die Astronomin Caroline Herschel (1750-1848). Die Autorin Ruth Kornberger hat für ihre Darstellung des Lebenswegs und der Sternforschung im 18. Jahrhundert akribisch recherchiert, besonders die Inhalte aus den Briefen und Tagebüchern der echten Caroline geben der Roman-Caroline Authentizität. Erzählweise und Stil: Personale Erzählung (Sicht von Caroline sowie von Agnes), stellenweise allwissende Erzählerin. Das sprachliche Niveau ist gehoben, die Autorin schreibt stilsicher, der Roman ist flüssig lesbar, erfordert jedoch ein gewisses Maß an Konzentration. Das Fachwissen über Astronomie ist geschickt in die Handlung und Dialoge eingeflochten (kein Infodumping). Pluspunkt: Starke Hauptfiguren Drei Hauptfiguren sind der Autorin ausdrucksstark gelungen: Caroline, Agnes und Janek. (+) Von der Protagonistin Caroline Herschel entfaltet sich im Roman ein facettenreiches Porträt, das sich über ihr Leben von Kindertagen bis ins hohe Alter erstreckt. Ich habe sie beim Lesen immer mehr ins Herz geschlossen. Anfangs war die junge Sängerin nicht greifbar für mich. Es ist durchaus originell, wie sie zuerst in Bath ein Galakonzert singt und dann direkt nach ihrem Auftritt - noch im Abendkleid - in die Werkstatt geht und aus Pferdeäpfeln Formen für das Fertigen von Teleskopspiegeln fertigt. Die Fleißige konnte ich vor mir sehen, nicht aber die Bühnenpersönlichkeit mit der starken Ausstrahlung. Carolines Begeisterung für Mathematik und Astronomie konnte ich gut nachspüren (obwohl ich selbst in dieser Welt gar nicht zu Hause bin). Spannend wird es, als sie sich zwischen der Passion ihres Lebens, der Wissenschaft, und der Liebe zu Janek entscheiden muss. (+) Carolines heimlicher Geliebter Janek stand mir beim Lesen als starke, einnehmende Persönlichkeit schillernd vor Augen. Ich fand es glaubwürdig, dass er von Caroline fasziniert ist und einiges Warten auf ihre Entscheidungen in Kauf nimmt. (+) Mir hat sehr gut gefallen, wie die Autorin die gesellschaftliche Stellung von Frauen und Wissenschaftlerinnen im 18. Jahrhundert herausgearbeitet hat. Ich war fasziniert und einige Male wütend, mitzuerleben, welchen „Eiertanz“ Caroline machen muss, um ihre Forschungsergebnisse den Männern der Royalen Astronomischen Gesellschaft zu melden, dabei immer in ihren Briefen eine Notiz ihres Bruders Wilhelm (angesehener Astronom im Dienste des Königs) quasi also Autorisierung und Verifizierung ihrer Daten (z. B. Koordinaten von Kometen) anfügen muss. Auch muss sie der Eitelkeit ihres Bruders schmeicheln. (+) Glaubwürdig: Agnes als Mädchen aus Armut und mit hellem Köpfchen, die davon träumt, Reporterin und Schriftstellerin zu werden. Aus Ehrgeiz scheut sie nicht davor zurück, trickreich zu spionieren und das Vertrauen ihrer Dienstherrin Caroline zu missbrauchen. Das war mir zuerst eher unsympathisch, aber Agnes durchläuft einen tollen Reifungs- und Erkenntnisprozess und ich war am Ende des Romans begeistert über ihre Entwicklung. Pluspunkt: Fakt, Fiktion und Interpretation werden klug thematisiert (+) Ich fand es sehr clever, wie die Autorin über Carolines schwieriges Werkeln an ihren Memoiren (Hannover) und über die Gespräche mit Agnes (z. B. wie sie Agnes als Märchen verschlüsselt von ihrem „Prinzen“ Janek erzählt) thematisiert, dass eine (Auto-)Biografie immer zensiert und auf bestimmte Weise gefärbt ist. Aus der Tatsache der mysteriös fehlenden Herschel-Tagebücher (9 Jahre fehlen, 1788-1797) macht die Autorin einen spannenden Plot und legt in ihrem Roman plausibel dar, was in dieser Zeit passiert ist und warum die echte Caroline diese Tagebucheinträge zerstört hat. Der Roman erinnert mich als Leserin immer wieder daran, dass die gezeigte Interpretation fiktiv ist, und regt mich zum Nachdenken darüber an, wie bei Lebensgeschichten Wahrhaftiges auch im Fabulierten stecken kann. Kritikpunkte: (-) Auf den ersten 150 Seiten des Romans ist es mir schwer gefallen, in der England-Handlung emotional anzukommen, weil es mir ein zu schneller „Ritt“ durch die Lebensjahre der jungen Caroline war. Hierbei hat die Autorin m.E. zu viel Stoff in den Roman hineingenommen und Vieles zu schnell abgehandelt. Weniger wäre mehr gewesen. Interessante Nebenfiguren wie die indische Hofdame Miss Mehta und der homosexuelle gute Freund von Caroline, Eliot, tauchen zu kurz auf. Dahingegen wurde ich viel schneller mit der 72-jährigen Caroline warm, weil ich das Erzähltempo in der Hannover-Handlung angenehm fand und ich in den dortigen Alltag eintauchen konnte. (-/+) Die Mentoring-Geschichte zwischen Caroline und Agnes ist für meinen Geschmack zu kühl geraten. Dies passt jedoch zu den Persönlichkeit der beiden Figuren. Agnes ähnelt Caroline in der rationalen Art, in Ehrgeiz und Fleiß. Beide können ihre Gefühle nur schwer zeigen. (-/+) Carolines Lebensweise ist höchst diszipliniert. Ihr Fleiß in der Astronomie wird eindringlich geschildert, aber ihre Liebe zur Musik und das Singen konnte ich damit nicht so recht in Einklang bringen. Zu lesen war, dass Caroline bei der Arbeit summt und als betagte Dame in den Salons gerne kleine Hauskonzerte gibt, aber irgendwie habe ich diese Sängerin-Seite von Caroline nicht gefühlt. Erst ganz spät im Roman, wenn die alte Caroline so gerne in die Oper/Konzert geht, konnte ich diese Facetten für mich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen. (-) Die Beziehung zwischen Caroline und ihrem Bruder Wilhelm war für mich zu schemenhaft. Deutlich wird, dass sie sich gegenseitig als Forschungsteam auf Augenhöhe brauchen und schätzen. Caroline kann ohne ihren Bruder nicht forschen, dafür nimmt sie einige Demütigungen in Kauf, z. B. von seiner Ehefrau als Haushaltsvorsteherin verdrängt zu werden (raus aus dem Haushalt, ab in die „Besenkammer“ über der Werkstatt). Carolines Frustration und Wut darüber konnte ich gut nachfühlen. Ich habe jedoch nur bedingt mitfühlen können, warum Caroline bei einer bestimmten Einscheidung nicht doch den Sprung ins Neue gewagt hat. Entscheidet sich Caroline zwischen Eheleben und Astronomie? Oder zwischen erotischer Liebe zu ihrem Geliebten und platonischer Liebe zu ihrem Bruder? Mir hat das Gefühlvolle in der Beziehung zwischen Bruder und Schwester gefehlt. In Kornbergers Roman liegt das starke Band zwischen den Geschwistern vor allem in der gemeinsamen Forschungsarbeit. Weitere Pluspunkte: (+) Die echte Caroline (laut Originalquellen und einer Biografie) hat ihren Bruder Wilhelm geradezu abgöttisch verehrt (zumindest in ihrer Lebensrückschau und wie sie das Vermächtnis des Bruders der Nachwelt präsentiert hat). Die Autorin Kornberger mildert dies in ihrer Darstellung ab und gibt Caroline hier und da eine kritische Sichtweise auf Wilhelm (sie toleriert großmütig seine Eitelkeit und bremst sein unwissenschaftliches Spekulieren). Ich finde es gut, dass in diesem Roman Wilhelm im Schatten seiner Schwester steht. Mehr Szenen mit Wilhelm habe ich nicht gebraucht, ausbaufähig finde ich jedoch die Gefühlsdynamik zwischen den beiden. (+) Mir hat gefallen, wie Astronomie und Musik zusammenhängen, besonders in der Szene mit Joseph Haydn „Die Schöpfung“. (+) Ich habe einige sprachliche Perlen und Originelles genossen, z. B. wie die betagte Caroline den Brief ihres Neffen mit einem Festmahl vergleicht (S. 140) und wie Agnes fabuliert (S. 297). (+) Die letzten 150 Seiten des Roman haben mir am besten gefallen, dort hat die Autorin alle Fäden fulminant zu einem Höhepunkt geführt. Auch wenn ich den Ton des Romans insgesamt als eher kühl empfunden habe, war ich an einigen Stellen berührt. Fazit: Eine sehr empfehlenswerte Lektüre. Ich vergebe 4.5 von 5 Sternen.

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