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Rezensionen zu
Das Versprechen

Damon Galgut

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Der Tod gehört zum Leben

Von: Ingeborg Rosen

06.03.2022

Wir lesen die Geschichte einer offensichtlich wohlhabenden weißen Farmerfamilie aus der Nähe von Pretoria, humorvollerweise mit dem Familiennamen Swart, Vater Mannie, Mutter Esther und die Kinder Astrid, Anton und Amor. Mit dem Einsetzen der Handlung ist die Familie bereits zerstreut: Astrid verheiratet und selber Mutter, Anton beim Militär und Amor, 13 Jahre alt, im Internat, weil Esther schwer krebskrank ist. Sie stirbt, die Kinder kehren nach Hause zur Beerdigung zurück. „Das Versprechen“ hat sie kurz vor ihrem Tod noch ihrem Mann abgerungen: Salome, der zuverlässigen schwarzen Hausangestellten soll das Haus, in dem die mit ihrem Sohn Lukas lebt, überlassen werden, und zwar juristisch korrekt. Im Laufe des Romans wird es jeweils mit Abstand von neun Jahren drei weitere Beerdigungen geben und jeweils bei diesen Anlässen trifft sich die Familie und - nur dann - Amor wird einfordern, dass das Versprechen eingelöst wird. Es ist schon eine großartige Idee, die Handlung des Roman durch vier Beerdigungen - jeweils nach einem anderen religiösen Ritus - zu „klammern“. Die vier Protagonisten, denen jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet ist, sterben - so könnte man es deuten, an ihrem Leben: Esther (Ma), ursprünglich jüdisch, hatte aus Liebe zu Mannie die Religion gewechselt, Mannie (Pa) stirbt in seinem eigenen Reptilienpark unglücklich an einem Schlangenbiss. Astrid, beladen mit teuren Tüten aus einer Shopping-Mall, wird entführt und ermordet, obwohl „nur“ ihr Auto von Interesse ist. Anton, schon immer ziel- und planlos, begeht Selbstmord. Aber der Tod gehört zum Leben, und für den Autor bieten die Arte und Weise der Beerdigungen jeweils die Möglichkeit zur Darstellung der sich verändernden politischen Lage in Südafrika von 1986, die letzte Phase der Apartheid bis zum 14.2. 2018, dem Rücktritt Jacob Zumal, und zu eindringlichen Charakterzeichnungen des Personals, weltlich oder kirchlich. So disparat sowohl die Situation in Südafrika als auch der dysfunktionale Zustand der Familie Swart in diesem Zeitraum, so disparat ist auch der Erzählstil, den Galgut meisterlich beherrscht. Der Leser hat zuweilen das Gefühl, mit den Akteuren in einem Raum, an einem Tisch zu sitzen und dabei immer wieder die Erzählperspektive zu wechseln, bisweilen sogar mitten im Satz. Und durch diesen großartigen Erzählstil wird nicht nur die Situation der Familie deutlich betont sondern auch der komplizierte Vorgang des „sich findens“ in Südafrika während der Umwandlung von der Apartheid über die neue Freiheit unter Nelson Mandela und schließlich die Zeit unter Jacob Zuma. Grosse Geschichte wird in vielen kleinen Geschichten erzählt, und Neid und Missgunst gibt es nicht nur in Südafrika...

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Die Swarts sind einer der wohlhabenden, weißen Familien, die in Südafrika in der Zeit Apartheid leben. Manie, der Vater, dessen Farm er von seinem Vater vererbt hat. Rachel, die Mutter, die seit über einem Jahr gegen Krebs kämpft. Anton ist der älteste Sohn. Astrid, die mittlere und Amor, die jüngste Tochter der Familie. Gerade mit vierzig stirbt Rachel durch ihre lange Krankheit, doch bevor es so weit war, nimmt sie das Versprechen ihres Mannes ab: die schwarze Hausangestellte Salome, die seit der Geburten von ihren Kindern nicht von Rachels Seite gewichen ist und sie liebevoll bis zu ihren letzten Atemzügen gepflegt hat, soll ihr Dienstmädchenhaus als Dankeschön über sich geschrieben bekommen. Amor das Gespräch zwischen ihren Eltern gelauscht hat, spricht sie den letzten Wunsch von ihrer Mutter bei der Trauerfeier offen an. Doch die ganze Familie, inkl. Vater tun so, als ob die gar nichts davon wissen. Mehrere Jahrzehnte rauschen mit vielen Schicksalsschläge an Swarts Kindern mit immer wieder vorkehrenden Fragen vorbei: was ist mit Mamas letztem Wunsch und Papas Versprechen? Der Roman fängt im Jahr 1986 an und wir begleiten die Swarts über dreißig Jahre lang, von Apartheid bis zu Demokratie. In der Zeit treffen die Kinder fast jedes zehnte Jahr bei tragischen Familienereignissen auf der Farm, kommen zusammen und entfernen sich wieder. Es war interessant zu lesen, wie die traurigen Angelegenheiten, ohne erdrückend zu wirken, aufs Papier gebracht wurde. Auch die Charaktere waren für mich sehr abwechslungsreich, doch ich muss gestehen, ich hatte (besonders am Anfang) extreme Probleme mit dem Erzählstil. Denn der Autor hat „Stream of Consciousness“ als Erzähltechnik gewählt und zwar bis zur Erschöpfung. Die alles besser wissende Erzählstimme greift unmöglichen Stellen zu Wort und dabei hüpft es nicht nur zwischen die Leser, die Geschehnisse, physische, unphysikalische und psychische Erlebnissen von Figuren, sondern unerwartet, mitten im Satz ergreift er auch ein Perspektivenwechseln ein. Es hat mich nicht nur irritiert, sondern auch genervt, sodass ich mich bis S.100 lesen zwingen musste. Doch wenn man erst mal an die Erzählung gewöhnt, wirkt das Aufbau des Buches wie ein Film. Es ist kein einfaches Buch, welches man mit einem Zug durch liest. Es erfordertet viel Konzentration, Geduld und Durchhaltevermögen. Nichtsdestotrotz war es für mich ein sehr interessantes Leseerlebnis.

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Inhalt: 
 Spätes zwanzigstes Jahrhundert: Die Swarts sind eine weiße wohlhabende Farmersfamilie in Südafrika. Mutter Rachel, Vater Manie und die drei Kinder Anton, Astrid und Amor. Doch Rachel hat Krebs. Bevor sie stirbt, nimmt Rachel ihrem Ehemann das Versprechen ab, der Schwarzen Hausangestellten, die sie bis zu ihrem Tod gepflegt hat, das Haus zu schenken, das diese mit ihrer Familie bereits seit vielen Jahren bewohnt. Doch Manie erfüllt dieses Versprechen nicht. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten hängt es wie ein Damoklesschwert über den Swarts. Ein totgeschwiegenes und doch immer präsentes Thema, das die Höhen und Tiefen Südafrikas und letztlich auch den allmählichen Zerfall der Familie überdauert. Meine Meinung: 
Auf „Das Versprechen“ bin ich erstmalig aufmerksam geworden, weil es im Jahr 2021 den Booker Prize, und damit den wichtigsten englischsprachigen Literaturpreis gewonnen hat. Seit ich die Biographie von Nelson Mandela gelesen habe (noch in der Schulzeit), verfolgt mich ein gewisses Interesse an der südafrikanischen Vergangenheit, deswegen wollte ich das Buch so gerne lesen. Dabei wird sehr schnell deutlich, dass man es hier mit großer Literatur zu tun hat. Ein allwissender Erzähler berichtet in ironisch, sarkastischem Tonfall über die Geschehnisse innerhalb der Familie und springt dabei in schnellen Sequenzen zwischen den Mitgliedern hin und her. Immer wieder streut die Erzählstimme spöttische Kommentare ein oder stellt Geschehnisse in Frage. Alles ist Erzählung und Gedankenstrom, wörtliche Reden gibt es keine. Auch der Aufbau des Buchs ist besonders. Die Geschichte wird in mehrere Teile gegliedert, jeder davon markiert einen Todesfall. „Das Versprechen“ steckt also voller Zutaten, die das Buch zu einem großartigen und außergewöhnlichen Roman machen. Schade ist allerdings, dass der Text sich fast ausschließlich auf die Familie Swart konzentriert. Vor dem Hintergrund des Versprechens habe ich mir erhofft, dass die Schwarze Hausangestellte Salome und ihre Familie mehr Raum erhalten. Ich hätte mich sehr dafür interessiert, mehr über die Dynamik zwischen den beiden Familien zu erfahren. So bleiben diese Figuren leider nur eine Randnotiz. Gleichzeitig hat es mir gefallen, dass die Geschehnisse innerhalb der Familie immer auch in Beziehung zu historischen und politischen Ereignissen gesetzt werden. Das Buch erklärt hier wenig, macht aber in dieser Wenigkeit die großen politischen Umbrüche innerhalb Südafrikas und den Frust der Bevölkerung eindrücklich deutlich. Abschließend muss ich noch das Ende der Geschichte erwähnen, das in meinen Augen auch das Highlight gewesen ist. Der Autor hat hier wirklich einen würdigen Schlusspunkt gefunden. Gerne hätte ich im Hauptteil noch mehr dieser großen Szenen gelesen. Ich kann allerdings verstehen, warum man einen solchen Moment in dieser Wichtigkeit einzig ans Ende eines Buchs stellt. Fazit:
 „Das Versprechen“ hat die Auszeichung, die es erhalten hat, wirklich verdient. Es ist ein außergewöhnlicher Roman über ein Land, das viel Leid und viele Umbrüche gesehen hat, und über Menschen dort, die all diese miterlebt und gleichzeitig ihre eigenen Tragödien erfahren haben.

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Das Cottage

Von: wal.li

02.01.2022

Die 13jährige Amor denkt, dass Eltern eigentlich unsterblich sein sollten. Und doch stirbt ihre Mutter mit nur vierzig Jahren an Krebs. Amor wird aus dem Internat heimgeholt, ihre Schwester Astrid ist daheim und der älteste der Geschwister Anton, der seinen Militärdienst ableistet, bekommt sieben Tage Urlaub. Auf der Farm der Swarts versammeln sich Familie und Freunde der Toten. Im Jahr 1986 gibt es erste Unruhen zwischen Schwarzen und Weißen. Der Verstorbenen war es ein Anliegen, dass Salome, ihr schwarzes Hausmädchen, das Cottage, in dem sie lebt, bekommen soll. Auf dem Sterbebett verspricht ihr Mann, er wird dafür sorgen, dass das Haus und ein Stück Land an Salome übergehen. Über mehrere Jahrzehnte berichtet der Autor vom Niedergang der eigentlich wohlhabenden Familie Swart. Die Mutter Rachel schien die Familie zusammengehalten zu haben. Nach ihrem Tod vermögen die Überlebenden es nicht, eine Gemeinsamkeit zu finden. Der Vater, früher ein Schwerenöter hat sich schon vor einer Weile der Kirche zugewandt. Anton ist wegen des Wehrdiensts nicht zu hause, Astrid vergnügt sich lieber mit ihrem Freund und Amor, die Jüngste, ist so schockiert vom Tod ihrer Mutter, dass sie das zunächst nicht wahrhaben will. Das Versprechen gerät in Vergessenheit. Schließlich wird Mandela aus der Haft entlassen und Süd Afrika zur Demokratie; Mit schlichten, aber prägnanten Worten bringt der Autor auch Lesern, die nicht direkt im System der Apartheid groß geworden sind, diese Zeit des Umbruchs nahe. Die Strukturen der weißen Familien werden aufgebrochen, während die der Ureinwohner nicht sofort in die Bresche springen können, sie waren ja viel zu lange unterdrückt und klein gehalten. Doch auch ihre Strukturen brechen auf, so dass eine eigentlich sehr positive Entwicklung erstmal zu Unruhen und Tumulten führt. Gebannt verfolgt man wie von einer einst vermutlich stolzen Familie beinahe nichts mehr bleibt. Immer wieder wünscht man, das Versprechen würde nicht beiseite geschoben und immer wieder geflissentlich vergessen werden. Was man freiwillig und mit guten Gründen gibt, birgt die Chance, eine Gemeinschaft erzeugen, die allen zugute kommen könnte. Ein herausragender und wohl zurecht preisgekrönter Roman über eine Zeit eines radikalen Umbruchs. 4,5 Sterne

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