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Rezensionen zu
Das Versprechen

Damon Galgut

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Meine Begeisterung für den Luchterhand Literatur-Verlag hält an: ein bemerkenswertes Buch nach dem anderen habe ich die Freude zu lesen. Das letzte war „Das Versprechen“ von Damon Galgut. 1963 in Pretoria geboren, begann er schon mit siebzehn Jahren zu schreiben. Für „Das Versprechen“ bekam er 2021 den britischen Booker Prize. Es handelt sich um einen Roman, der mich sowohl inhaltlich als auch stilistisch begeistert hat. Es ist die Geschichte einer südafrikanischen Farmerfamilie, die von der letzten Zeit der Apartheid an erzählt wird. Der Punkt, zu dem die Erzählung immer wieder zurückkommt, ist das Versprechen des Vaters, der langjährigen Haus“angestellten“ das Häuschen, in dem sie wohnt zu schenken. Ein Versprechen, das er seiner Frau am Totenbett gegeben hat, aber nicht einhält. Die jüngste von den drei Kindern war Zeugin des Versprechens und bringt das Thema immer wieder aufs Tapet, zum Ärger der anderen Familienmitglieder. Galguts Protagonisten erschienen mir ebenso lebendig geschildert wie psychologisch glaubwürdig. Die drei Geschwister sind in Charakter und Lebensführung sehr verschieden und führen die Leser*innen daher durch verschiedene Gesellschaftsschichten. Die Atmosphäre der Endphase der Apartheid wird sehr lebendig ebenso wie die höchst verschiedenartigen Beziehungen, die weiße und schwarze Südafrikaner verbinden und trennen. Der Tod gliedert den Roman: jedes Kapitel beinhaltet den Tod einer der Hauptfiguren dieser Familiensaga. Zu den Totenfeiern trifft sich die Familie und es kommt zu Zusammenstößen, die Einfluss auf die weitere Entwicklung haben. Allein wegen der Handlung und der hinein verpackten politischen und historischen Ereignissen hätte mir der Roman schon sehr gefallen. Das wirklich außergewöhnliche daran aber ist die Erzähltechnik. Die Stimme des allwissende Erzählers beschränkt sich nicht aufs Erzählen, er wechselt immer wieder die Position, wechselt vom Erzähler in einen der Protagonisten, spricht sogar die Leser*innen an, gibt Ratschläge, erklärt seine Positionen: “ Ihr kommt eine Erinnerung, die sie erst jetzt richtig begreift, an einem Nachmittag vor kaum zwei Wochen, in demselben Zimmer, mit Ma und Pa. Sie hatten völlig vergessen, dass ich da saß, in der Ecke. Sie sahen mich nicht, ich war wie eine Schwarze für sie“ S31 „Sie verabscheut ihren ganzen Körper, wie so viele von euch “ S38 „Seit sie Südafrika verlassen hat, bemüht sie sich, voranzukommen oder doch wenigstens ständig in Bewegung zu bleiben, auch wenn sie nicht immer weiß, wohin die Reise geht, wechselnde Zimmer und Städte und Länder und Menschen, alles wischt wie eine Landschaft in rasender Geschwindigkeit vorbei, etwas in mir kann nicht zur Ruhe kommen S135 Eine rosa Narbe zieht sich im Zickzack über seinen Rücken. Eine sehr persönliche Geschichte, ich kenne ihn nicht gut genug, um ihn danach zu fragen. S.181 Jake folgte ihm in einen großen Raum mit einem Klavier und künstlichen Blumen und einer Nippessammlung, die hier besser unbeschrieben bleibt S248 Und viele andere Stellen. Der Erzähler ist allgegenwärtig, in verschiedenen Personen und als Erzähler im Hintergrund, der aber immer wieder auch hervortritt Das könnte irritieren, aus der Geschichte herausreißen, tut es aber nicht. Im Gegenteil, es reißt hinein in das fiktive Universum als säßen der Erzähler, seine Figuren und seine Leser*innen gemeinsam um ein Feuer und hielten ein großes Palaver *) Palaver *) bezeichnet ein langwieriges und häufig eher oberflächliches Gespräch über Nichtigkeiten. Im Deutschen ist das Wort im allgemeinen Sprachgebrauch daher eher negativ belegt. In ethnologischen Untersuchungen anderer Länder kommt jedoch ein anderer Sinn zum Vorschein: In der afrikanischen Kultur entspricht das Wort hierbei der Bedeutung von „Versammlung“. In großen Teilen Afrikas gehört das Palaver zu den guten Umgangsformen; umso länger, je wichtiger die Angelegenheit und je höher gestellt die Beteiligten sind. Quelle: Wikipedia

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„…die Familie Swart hat so gar nichts Besonderes oder Bemerkenswertes, o nein, sie gleicht der Familie von der Nachbarfarm und der Nachbarfarm der Nachbarfarm, nur ein gewöhnlicher Haufen weißer Südafrikaner, und wenn du es nicht glaubst, brauchst du nur einmal darauf zu achten, wie wir sprechen. Wir klingen nicht anders als die anderen Stimmen, wir klingen ganz genauso, und wir erzählen dieselben Geschichten, in einem breiigen Akzent, mit geköpften Konsonanten und gequetschten Vokalen. Unsere Seele ist irgendwie verrostet, regenfleckig und verbeult, und das hört man unserer Stimme an.“ Wie im vor kurzem besprochenen Roman von Aline Valangin spielt ein Haus eine Rolle. Kein prachtvoller Palazzo, sondern eine ruinöse Hütte, abgelegen auf dem weitläufigen Gelände einer Farm außerhalb Pretorias. Dort lebt Salome, das schwarze Hausmädchen, die der Besitzer „beim Kauf gratis dazubekommen hat“. Auch wenn sie von den Swarts als Inventar und kaum als Individuum betrachtet wird, spielt sie eine wichtige Rolle im Familiengefüge. Sie hat die Kinder Anton, Astrid und Amor aufgezogen und pflegte deren Mutter Rachel. Als diese stirbt, nimmt Rachel ihrem Mann das Versprechen ab, die Hütte in Salomes Besitz zu geben. Ein Wunsch, der wegen der Apartheid-Gesetze nicht verwirklicht werden kann. Am Leitmotiv des uneingelösten Versprechens verfolgt Damon Galgut das Leben der einzelnen Familienmitglieder. Sie sind so disparat, daß nur die Todesfälle die Figuren zusammenkommen lassen. Diese Ereignisse, der Tod der Mutter, des Vaters, der Tochter Astrid und des Sohns Anton bilden die vier Kapitel des Romans. Im Jahr 1986, als das erste Kapitel einsetzt, befindet sich die Apartheid in Auflösung. Überall im Land kommt es zu Unruhen. Die vom rigiden Regime der Rassentrennung diskriminierte nichtweiße Bevölkerung Südafrikas setzt sich zur Wehr. Die Swarts nehmen lediglich Verkehrsbehinderungen im benachbarten Township wahr, die sich anbahnende gesellschaftliche Veränderung passt nicht in das Weltbild der Nachkommen einer Burenfamilie. Ausbeutung, Vertreibung, Unterdrückung, Rassismus und Korruption, Missstände, die Südafrika bis heute plagen, sind die eigentlichen Themen dieses Romans. Der 1963 in Pretoria geborene, bereits mit 17 als Autor in Erscheinung getretene Galgut, verwebt sie zu einer Familiengeschichte, die über drei Jahrzehnte trägt. Für sein Erzählen wählt er eine literarisch anspruchsvolle Form, in der, was angesichts der Themen überraschen mag, der Humor nicht fehlt. Jeder seiner Figuren verleiht er eine Stimme. Ein personaler Erzähler, der bisweilen in die Ich-Form fällt, schildert die Gedanken und das Erleben des Einzelnen. Nicht nur die Hauptfiguren kommen auf diese Weise zu Wort, auch zahlreichen Nebenfiguren, sogar Tiere. Die Perspektivwechsel vollziehen sich schnell. Auf den ersten Seiten des Romans sind sie noch mit Namen markiert. Im weiteren Verlauf weisen nur Personalpronomen auf den jeweiligen Sprecher hin, manchmal sind die Übergänge fließend. Galgut erzeugt so eine gewollte Uneindeutigkeit zwischen zwei Erzählstimmen, die zugleich zur Verbindung wird. Da denkt die Ex-Freundin Amors über deren Selbstaufopferung nach und es folgt eine Aussage in der Ich-Perspektive, die sowohl als Antwort Amors wie als Aussage der im folgenden Abschnitt auftretenden Astrid gelesen werden kann und zudem für beide Figuren gleichermaßen gilt. „Susan hat recht, (…) irgendetwas treibt Amor dazu, das Leid zu suchen, um es zu lindern. (…) Vielleicht ist das der Grund. Vielleicht will ich mich so bestrafen. Doch kaum dass sie es ausgesprochen hat, weiß Astrid, dass es nicht wahr ist. Auf den Knien im Beichtstuhl, zum ersten Mal seit einem halben Jahr, und sie hat die Gabe verloren, die Wahrheit zu sagen.“ Neben den Figurenstimmen kommentiert ein auktorialer Erzähler das Geschehen, bisweilen in direkter Ansprache an den Leser. „Und so waren die einzigen beiden Personen, die an Rachel Swarts Bett wachten, als deren Zeit gekommen war, ihr Ehemann alias Pa oder Manie und die kleine Schwarze, wie heißt sie noch gleich, Salome, die aber, logischerweise, nicht zählt.“ Vielleicht ist dies mit ein Grund, weshalb Salomes Stimme nur ein einziges Mal erklingt? Sie spricht ein Gebet für Rachel, in dessen Schlusssatz sie sich bei Gott für das Erbe bedankt, auch dies ein Indiz für Galguts Humor. Diesen zeigt er bereits bei den sprechenden Namen seiner Figuren. Allen voran die Swarts, die als Voortrekker-Nachfahren doch besser Weiß heißen würden. Den katholischen Priester tauft er Batty, bekloppt, den protestantischen Simmer, was mit verschliffener Aussprache, der Sünde, Sinner, sehr nahekommt. Beide Zuschreibungen spiegeln sich im Charakter der Geistlichen. Die wankelmütige Astrid darf sich seit ihrer zweiten Ehe Moody, launisch, nennen. Es gibt auch positive Namen wie Amor, Desirée und Salome. Bei letzterer mag man die Jüngerin Jesu denken, die der Legende nach eine Schwester Marias gewesen sein soll. Trotz dieses mit der Bibel konnotierten Namens kommt die Kirche schlecht weg in diesem Roman. Galgut kommentiert ihre katholischen wie auch ihre niederländisch-reformierten Vertreter und Rituale mit beißendem Humor. Manies Tod nach dem Schlangenbiss ist das Ergebnis der fixen Idee des strenggläubigen Reptilienfarmbesitzers. Er zielte auf den Rekord im Zusammenleben mit einer Schlange. Je länger, umso mehr Spenden erhofften sich der Gläubige und der Priester, doch Satan war dagegen. Mit ihrem Verhalten sind die Kirchenvertreter, aber auch esoterische Heilsbringer, ein Quell des meist subtilen Spotts. Einzig Judentum und Islam, die ebenfalls eine, wenn auch kleinere Rolle spielen, werden verschont. Eine Erklärung bietet die Rolle der evangelischen wie katholischen Kirche in der Missionierung und Sklavenfrage. Dominee Simmers betrachtet die Apartheid als von Gott verfügt, dessen Wunsch sei es, „dass in anderen Räumen die Söhne und Töchter Hams zum Nutzen und Frommen ihrer Herren und Herrinnen schuften, Holz hacken, Wasser schöpfen und überhaupt denjenigen ein lebenswertes Leben bereiten, die das schwere Joch der Führung tragen.“ Angesichts dessen, amüsiert es umso mehr, wen Galgut dem Priester zur Unzucht überlässt. Dies mit der 2016 von Franziskus erlassenen „Amoris laetitia“ in Zusammenhang zu bringen, wäre jedoch interpretatorisch überzogen. Lieber Leser, du siehst ich hatte auf viele Weisen Spaß mit diesem Buch, das ich, auch wenn du ein guter Christ sein solltest, dir ans Herz lege. Zum einen erinnert es an Vieles, was man als blauäugiger Europäer vielleicht vergessen hat, zum anderen klärt es die wichtige Frage: „Musste Jesus jemals aufs Klo?“

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Das Versprechen

Von: Christin

30.06.2022

🇿🇦 D A S V E R S P R E C H E N🇿🇦 Booker-Prize 2021- vielen Dank an das @bl für das Leseexemplar. Aus dem Klappentext: »Das Versprechen« erzählt vom zunehmenden Zerfall einer weißen südafrikanischen Familie, die auf einer Farm außerhalb Pretorias lebt. Die Swarts versammeln sich zur Beerdigung ihrer Mutter Rachel, die mit vierzig an Krebs stirbt. Die jüngere Generation, Anton und Amor, verabscheuen alles, wofür die Familie steht - nicht zuletzt das gescheiterte Versprechen an die schwarze Frau, die ihr ganzes Leben für sie gearbeitet hat. Nach jahrelangem Dienst wurde Salome ein eigenes Haus, eigenes Land versprochen ... doch irgendwie bleibt dieses Versprechen mit jedem Jahrzehnt, das vergeht, unerfüllt. Damon Galgut schildert eine Familiengeschichte, die sich über 3 Jahrzehnte des politischen Umbruchs in Südafrika erstreckt - von der Apartheid bis zur Demokratie. Das Land bewegt sich von den alten tiefen Spaltungen zu einer neuen Gesellschaft hin. Ein steiniger Weg voller Erneuerung, Verbitterung und Hoffnung. Keine einfache Lektüre. Inhaltlich werden hier sehr viele Themen verpackt und deshalb war das Buch für mich nicht leicht zu lesen. Es gibt einen guten Überblick, es weckt Interesse und macht neugierig auf mehr Südafrika. Die politischen Themen sind hochaktuell. Übersetzt von Thomas Mohr.

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Eine Familiengeschichte in Südafrika, die sich von 1985 über dreißig Jahre erstreckt, wird erzählt. Zugleich der Weg von der Apartheit hin zur Demokratie. Es geht, wie der Titel des Buches vorwegnimmt, um ein Versprechen. Konkret um das Versprechen, dass die Mutter Rachel Swart am Sterbebett ihrem Mann Manie abverlangt: der schwarzen Haushälterin Salome soll ihr Haus geschenkt werden! beobachtet wird das von der jüngsten Tochter Amor. Der Vater hält dieses Versprechen jedoch nicht ein. Dreißig Jahre wird es dann noch dauern, bis Salome das Haus bekommt. Das Buch ist überzeugend und interessant aufgebaut, in vier Kapiteln, die nach den Namen der Familienmitglieder benannt sind, die im Laufe der Geschichte beerdigt werden. Die Swarts sind eine reiche weiße Familie in Südafrika, die im Laufe der politischen Umbrüche ihre Privilegien verlieren und teilweise so gar nicht verstehen können, welche Rechte der schwarzen Bevölkerung aufgrund der Demokratiebewegung eingeräumt werden. Zurecht wurde der Autor Damon Galgut mit dem Booker-Prize ausgezeichnet. Der Roman ist in einer besonderen Weise geschrieben. Ein Erzähler führt durch die Familiengeschichte mit Ironie und Augenzwickern an den richtigen Stellen. Protagonist*innen, die an ihrem Lebensweg scheitern, werden sehr authentisch beschrieben. Eine lohnenswerte Lektüre.

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Meine Meinung: Hier handelt es sich um keine Geschichte, die man mal schnell zwischendurch wegsuchtet. Vielmehr ist es ein Buch, welches intensiv gelesen und verstanden werden will. Mir hat besonders gut gefallen, dass sämtlichen Personen und Geschehnisse mitten aus dem Leben gegriffen sind. Das Ganze passiert in einer poetisch anmutenden Sprache, die immer wieder von Derbheit abgelöst wird. Drei Jahrzehnte begleiten wir die weiße südafrikanische Familie Swart. Sie beginnt mit dem Tod der Mutter Rachel. Amor ist die kleinere Tochter und möchte den Tod der Mutter nicht akzeptieren. Solange sie das Haus nicht betritt, in dem ihre Mutter sich noch befindet, solange ist sie auch nicht tot. Amor belauschte einst ein Versprechen, welches ihr Vater Manie der Mutter am Sterbebett gegeben hat. Die langjährige schwarze Bedienstete Salome soll das Haus bekommen, in welchem sie schon jahrelang mit ihrem Sohn lebt. Salmoe hatte die komplette Pflege von Rachel übernommen. Saß als Einzige am Sterbebett! Die Farm in der Nähe von Pretoria ist groß. Das Lombarhaus, in dem Salome lebt, ist klein und schäbig. In den 80ern haben schwarze Menschen kaum Rechte. Und so sieht die Familie keine Dringlichkeit, den Wunsch einer Sterbenden zu erfüllen. Noch dazu ist Rachel wieder zu ihrem jüdischen Glauben zurück gekehrt. Amor ist unglücklich über den Verrat ihres Vaters. Auch ihre älteren Geschwister Anton und Astrid schenken ihr keinen Glauben. Die Geschichte erzählt vom Leben und Sterben. Von einem Buch, das Anton nie zu Ende geschrieben hat. Dem Wandel der Zeit, in dem dunkelhäutige Menschen mehr Rechte erhalten und die Kriminalitätsrate steigt. Das bekommt besonders die Familie Swart zu spüren. Sie erzählt vom Verfall einer Familie, bei der jeder sein eigenes Süppchen kocht. Vorurteile und Rassismus nehmen einen großen Raum ein. Sei es der Glaube oder die Hautfarbe. Mir persönlich ist besonders der Verrat an der verstorbenen Rachel sauer aufgestoßen. Ich bin ein Mensch, der seine Versprechen hält. Besonders wenn es sich um den letzten Wunsch eines Menschen handelt. Somit konnte ich die gut situierte Familie Swart nicht verstehen. Einzig Amor verfügt über einen Charakter bei dem Versprechen nicht gebrochen werden. Ich habe ganz besonders den Schreibstil von Galgut geliebt. Ohne Anführungszeichen und ungefiltert beschreibt er die verschiedenen Gedanken der Protas. Ein Pastor, der kaum noch erwarten kann bis eine Beerdigung zu Ende ist, weil er unbedingt zum pissen muss. Die Gedankengänge des Geistlichen sind alles andere als keusch. Auch die Gedanken aller anderen kommen so mitten aus dem Lieben daher. Sie haben mir das eine oder andere Lächeln ins Gesicht gezaubert und manchmal fassungslos zurückgelassen. Das Setting spiegelt Südafrika wieder. Heiß und trocken und dennoch mit einem ganz besonderen Charme. Fazit: Drei Jahrzehnte der Familie Swart haben mich bestens unterhalten. Der Verfall und mangelnde Zusammenhalt der Familie stimmen stellenweise sehr traurig. Der ungefilterte Schreibstil entbehrt so manches mal jeglicher Rührseligkeit. Der Autor spricht des öfteren die Leserschaft persönlich an. Das Besondere daran: Ich habe mich wirklich angesprochen gefühlt. Ein Versprechen, welches ganz leicht zu erfüllen gewesen wäre, hängt wie eine Damokleschwert viele Jahre über der Familie! Von mir eine absolute Empfehlung. Danke Damon Galgut. Ich habe jedes einzelne Wort genossen. Zitat: Das Buch ist so etwas wie eine traumveränderte Version von Antons Leben. Ein Abbild dessen, was die Psyche im Schlafzustand aus dem Rohmaterial des Lebens macht.

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Damon Galguts Roman „Das Versprechen“ lag eine Weile völlig zu Unrecht auf meinem SUB. Ich weiß die Tatsache, dass der Roman mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde, hätte eigentlich Grund genug für mich sein sollen, den Familienroman um die Familie Swart sofort lesen zu wollen. Ich bin bei preisgekrönten Büchern aber oft etwas zögerlich, denn häufig zeichnen Kritiker gerade dien Bücher als besonders lesenswert aus, die ich irgendwie einfach nur anstrengend finde. Das trifft überhaupt nicht auf Damon Galguts Roman zu. Sprachlich ist das Buch wirklich meisterlich, also völlig nachvollziehbar, dass es ausgezeichnet wurde. Und zum Glück ist es die Art von sprachlich wunderbar, dass man den Roman nicht aus der Hand legen kann. Aber erst einmal kurz zum Inhalt. Der Roman beginnt Ende der 80er-Jahre in Südafrika, in dem noch Apartheid herrscht. Die jüngste Tochter Amor wird zufällig Zeugin eines Gesprächs zwischen ihren Eltern, in dem der Vater der Mutter kurz vor ihrem Tod verspricht, der treu dienenden Haushälterin Salome ein Häuschen auf dem großen Anwesen der Familie Swart zu vermachen. Dieses Versprechen werden weder er noch der Rest seiner Familie im Laufe der Jahrzehnte, die der Roman umspannt, einlösen, obwohl Amor immer wieder darauf pocht. Die vier Kapitel des Romans sind jeweils einem Familienmitglied der Swarts gewidmet, wobei das nicht heißt, dass das Kapitel ausschließlich aus Sicht dieser Person erzählt wird. Der Grund dafür ist eigentlich recht einleuchtend und wird den meisten Lesern wahrscheinlich schneller als mir auffallen, die ich doch tatsächlich bis zu Kapitel 4 zur persönlichen Erleuchtung brauchte. Interessant fand ich auch, dass das Versprechen nur das Motiv ist, dass die Geschichte zusammenhält und vielmehr der Leser anhand der Geschichte einer Familie über drei Jahrzehnte Südafrikas Umbruch erzählt bekommt. Dabei springt der allwissende Erzähler fast unmerklich von einem Protagonisten zum anderen, so dass wir dessen Gefühle und Denken direkt erleben. Bis auf Amor sind die anderen Familienmitglieder auch nicht gerade sympathisch. Privilegierte Weiße, manche davon etwas bigott, andere weniger. Alle müssen aber ihre alten Einstellungen und Vorurteile nach dem Umbruch der Gesellschaft in dieser neuen Welt irgendwie überdenken. Gerade da ich Südafrika noch nie gesehen habe und nur aus Berichten und Nachrichten kenne, hat mir das Buch noch eine zusätzliche persönlichere Annäherung an Südafrika ermöglicht. Ob das Versprechen irgendwann doch noch eingelöst wird und warum jedem Familienmitglied außer Amor ein Kapitel gewidmet ist, werde ich nicht verraten. Ich verspreche aber, dass die Lektüre des Buchs begeistern wird.

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Aus dem südafrikanischen Englisch von dem mehrfach für sein übersetzerisches Werk ausgezeichneten Thomas Mohr. Somit ist das Buch, Gewinner der Booker Preis 2021 in mehrfacher Hinsicht ein Kandidat für mein neues Hobby Preislistenlesen. „Geduld ist eine Form der Meditation.“ (S. 62) Diese Geduld braucht es auch, für mich als Leserin und für die handelnden Figuren im Buch zu erfahren, ob das titelgebende Versprechen, der schwarzen Salome für ihr Dienste ein eigenes Haus und Land zu geben, erfüllt wird, denn die Geschichte wird über mehrere Jahrzehnte erzählt. Diese Geduld wird aber belohnt und ich kann nur jedem, der auch gerne etwas Anspruchsvolles liest, empfehlen, dieses Buch über eine weiße Familie in Südafrika in den Zeiten des politischen Umbruchs zu lesen. Eine Familiengeschichte, die mal etwas anders erzählt wird. Das Buch zeichnet sich für mich durch die Sprache und seine Erählweise aus. Leicht wie eine Feder zieht die allwissende Erzähstimme auch dann von einem zum anderen, auch Tiere tragen so zum Fortgang der Geschichte bei, ohne dabei eine wirkliche Rolle zu spielen und doch irgendwie wichtig, um Verbindungen herzustellen (z. B. die Schakale auf den Seiten 165-167). Auffällig und wahrscheinlich mit Absicht, ist die vorherrschende Perspektive eine aus weißer Sicht. Es geht hier viel um die Wahrnehmung der politischen Umbrüche eben aus der Sicht der weißen Bevölkerung Südafrikas. Dabei ist die Sprache auch für Literatureinsteiger wie mich gut verständlich, wenn ich auch einige wenige Ausdrücke in Afrikaans gegoogelt habe. Wirklich schöne Sätze laden auch mal zum Verweilen oder Nachdenken ein. Sprachlich erdet Damon Galgut mich aber auch immer wieder, in dem er kurzweilige Ausflüge aller Art eingeflochten hat. So lernen wir auch Randfiguren ein wenig kennen. Seine Deutlichkeit in Bezug auf menschliche und auch tierische Ausscheidungen (kommt nicht wahnsinnig häufig vor) hätte es für mich so nicht gebraucht, auch wenn ich glaube zu verstehen, warum er es getan hat. Auf die Gefahr hin, mich vollständig zu blamieren, ist das seine neue Variante von „Ich denke, also bin ich“ (zu finden auf S. 251 „Ein durchschlagender Beweis, dass du keine Erfindung bist.“ und der gesamte Abschnitt). Ich hätte es im Nachgang betrachtet vielleicht lieber in einer Leserunde gelesen, da ich schon Redebedarf an vielen Stellen gespürt habe. Eine bereichernde Lesereise nach Südafrika. Alle Rechte bei Verlag und Autor

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In seinem 2021 mit dem Booker Prize ausgezeichneten Roman erzählt Damon Galgut von einer weißen südafrikanischen Familie und einem „Versprechen“, das einer Bediensteten des Hauses gemacht wird. Als Rachel mit 40 Jahren an Krebs stirbt, nimmt sie dieses Versprechen ihrem Mann ab: Salome soll ein Haus und Land erhalten, als Dank für die jahrzehntelange Arbeit für die Familie. Doch nach der Beerdigung will Manie davon nichts mehr wissen. Tochter Amor aber war Zeuge des Versprechens und vergisst es nicht, auch nicht, als sie ihrem Elternhaus und dem ganzen Kontinent längst den Rücken gekehrt hat. Galgut erzählt seine Geschichte entlang der Todesfälle der Familie, über einen Zeitraum von Apartheid bis Demokratie und lässt zwischen den Kapiteln jeweils mehrere Jahre verstreichen. Es sind also die schweren Zeiten, zu denen wir Zeuge sind, und zu denen die Familienmitglieder, die sich voneinander entfernt haben, überhaupt wieder einmal zusammenkommen. Amors Geschwister Anton und Astrid treffen andere Entscheidungen als sie, teils werden sie jahrelang keinen Kontakt zueinander haben. Während ich ganz zu Beginn der Lektüre noch dachte, der Roman sei außerordentlich spröde, so hatte mich Galgut dann doch sehr schnell gepackt, durch seinen beeindruckenden Stil, absolut treffend ins Deutsche übertragen von Thomas Mohr. Der Erzähler springt wild zwischen den Köpfen seiner Protagonist:innen hin und her, lässt uns teilhaben an ihrem Innenleben, spricht sie mit „Du“ an, spricht uns Leser:innen ebenso von Zeit zu Zeit an. Wechselt dann kurzzeitig in die Ich-Perspektive, ist manchmal allwissend, mal personal erzählend. Es ist eine sehr realistische Erzählweise, gleichzeitig ein Gedankenstrom, und das alles ist so gekonnt, dass man zu keiner Zeit nicht weiß, wer gerade redet, denkt, angesprochen wird. Es sind mal kurze, prägnante Innenansichten, dann wieder ein sarkastisches alles überschauendes Einordnen, und kein einziges Wort steht dabei an der falschen Stelle, keines ist zu viel. Dabei liest sich das Ganze dennoch sehr leicht, blitzt Humor durch, und das, wo doch die großen Themen des Romans allesamt keine positiven sind. Galgut wagt es, eine Geschichte über Rassismus und Ungerechtigkeit aus der Sicht einer weißen, wohlhabenden Familie zu erzählen, er erweckt sie zum Leben, macht sie und ihr Tun und Denken äußerst nachvollziehbar, so dass man sie keinesfalls nur als Täter wahrnimmt, obwohl er immer auch eine Distanz zu ihnen wahrt und sie allesamt keine Sympathieträger sind. Gleichzeitig erzählt er eine Familiengeschichte, über Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, über das Verhältnis unter Geschwistern, auch wenn sie längst erwachsen sind. Das titelgebende Versprechen mag dabei auf den ersten Blick vielleicht ein wenig aus dem Fokus geraten, doch bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass es exemplarisch im Zentrum des Romans steht. Galgut erzählt auf der einen Weise sehr klar und verständlich, auf der anderen äußerst subtil, was mir während der Lektüre großen Spaß gemacht hat. Hier ist also alles drin: eine spannende Geschichte, eine großartige Sprache und Erzählhaltung, große Themen, denen der Autor gerecht wird. „Das Versprechen“ hat mir von Seite zu Seite besser gefallen und wird sich mit Sicherheit in meinen Jahreshighlights finden. Große Empfehlung.

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