Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Sodom und Berlin

Yvan Goll

(7)
(2)
(0)
(0)
(0)
€ 20,00 [D] inkl. MwSt. | € 20,60 [A] | CHF 27,90* (* empf. VK-Preis)

Eine phantasmagorisch-tranceartige Odyssee

Von: eschenbuch

28.02.2022

Inhalt: Berlin 1918. Der Krieg ist vorbei. Die überkommene Monarchie existiert nicht mehr, politisch scheint alles möglich. Scharlatane, Vergnügungssüchtige und selbsternannte Messiasse strömen die Stadt. Mittendrin in der vor Ekstase taumelnden Metropole: Odemar Müller, ehemals Student der Philosophischen Fakultät Bonn, wandelbar und mit allen Wassern gewaschen. Persönliche Meinung: „Sodom und Berlin“ ist ein Kurzroman (ca. 160 Seiten) von Yvan Goll (1891-1950). Der Roman wurde 1929 in Frankreich (unter dem Titel „Sodome et Berlin“) erstveröffentlicht. Erzählt wird die Handlung von einem allwissenden Erzähler, der Odemar auf seiner Reise, die sich mehr und mehr zu einer modernen Odyssee entpuppt, begleitet. Daneben streut der allwissende Erzähler häufig – gewissermaßen aus einer „Vogelperspektive“ – kluge und sezierende Gedanken zu Berlin, dem „Deutschen Reich“ und dem Charakter der Deutschen ein. Diese Gedanken sind meist losgelöst von der Odemar-Handlung und werden lyrisch, reich an Metaphern und in einem hypotaktischen Stil erzählt. So offenbart sich das „Deutsche Reich“ in „Sodom und Berlin“ in seiner vollen Widersprüchlichkeit: Einerseits ist es das schöngeistige Land der Dichter und Denker, andererseits ist es geprägt von militaristischer Rohheit und einem aggressiv übersteigerten Ehrgefühl (Diese Widersprüchlichkeit spiegelt sich auch in der Ausgestaltung der Figur „Odemar Müller“ wider). Der Handlungsort Berlin wird sehr plastisch dargestellt. Hier hat die verlustig gegangene Monarchie ein großes Vakuum hinterlassen, das nun von allerlei Phantastereien, Mystik, (sexuellen) Ekstasen und Eulenspiegeleien gefüllt wird. Oftmals werden dabei ironisierend philosophische Strömungen und zeitgenössische Denkweisen aufs Korn genommen. Wie der Schauspieler und Schriftsteller Hanns Zischler in seinem Nachwort ausführt, muten die Szenen insgesamt an, als wären sie den Gemälden Georges Grosz‘ oder Otto Dix‘ entsprungen – und dem kann ich nur beipflichten: Sie wirken unproportional, aus dem Takt gekommen, ent- und ver-rückt und erhalten dadurch eine große Ausdrucksstärke. Zischler führt im Nachwort außerdem kurz in Leben und Werk des (leider) etwas in Vergessenheit geratenen Yvan Golls ein. Insgesamt ist „Sodom und Berlin“ ein lyrisch verfasster Roman, der eine phantasmagorisch-tranceartige Odyssee erzählt.

Lesen Sie weiter

Das Buch handelt von dem Protagonisten Odemar Müller. Er beginnt in Bonn zu studieren, wo ihm in einem Kampf eine Narbe im Gesicht (Schmiss) beigefügt wird. Dort lernt er Wilhelm Wander kennen, der ihm ein guter Freund wird. Als jedoch der erste Weltkrieg ausbricht, zieht Wilhelm nicht in den Krieg, Odemar jedoch schon. Aus dem Krieg zurück, bleibt Odemar nichts mehr: Sein Vater ist im Krieg gefallen und seine Mutter vor Kummer darüber gestorben. Mittellos geht er nach Berlin, um neu anzufangen. Dabei lernt er Nora Finkelstein kennen und fängt mit ihr eine Liaison an. Zusammen stellen sie eine Geschäftsidee auf, die jedoch aus dem Ruder läuft. Danach nimmt das Schicksal seinen Lauf. Das bekannte Zitat in meiner Sprechblase "Du bist so wunderbar, Berlin", entspricht zuerst gar nicht den Erwartungen von Odemar. Berlin kommt ihm grau, kalt, unmoralisch und dreckig vor. Er will nur noch weg, nur, um später zu erkennen, dass er Berlin doch liebt. Der Autor hat gekonnt literarische Bilder geformt und das Buch mit verschiedenen Andeutungen zu Mythologien, Werken von bekannten Autoren (Goethe, Kafka), Religionen, Psychologen (Freud) und Malern geschmückt. Es war herrlich zu lesen, obwohl auch nicht ganz einfach. Im Nachwort wird erwähnt, dass dieser Klassiker ziemlich untergegangen ist, was sehr schade ist, da ich finde, dass diese Geschichte gelesen gehört. Sie gibt einen so viel mit und eignet sich garantiert auch gut als Schullektüre. Von mir gibt es 8/10 ⭐ und eine große Leseempfehlung.

Lesen Sie weiter

Bei ,,Sodom und Berlin" handelt es sich um die Wiederentdeckung eines 1929 erschienenen Klassikers, in dem der französische Autor Yvan Goll Zeitkritik an Berlin und der europäischen Krise der Zwischenkriegszeit äußert. Vordergründig handelt der Roman vom facettenreichen Odemar Müller, einem ,,naiven Studenten, mittelalterlichen Mystiker, überzeugten Krieger, wilden Revolutionär, Inflationsgewinnler, Romantiker, Betrüger und Verliebten". Stimmungsvoll wird die Ambivalenz jener Jahre eingefangen, der Sittenverfall einer amoralisch-mythischen Metropole angeprangert und brisante Themen satirisch überspitzt. Eine sprachliche Bildgewalt wächst empor und der Autor formuliert unzählige Metaphern und Anspielungen, die ein schnelles Lesen dieses Kurzromans unmöglich machen. Nur mit grundlegendem Vorwissen zu Kunst, Kultur, Politik, Literatur und Geschichte des beginnenden 20. Jahrhunderts ist dieser Roman einigermaßen zu durchdringen. Das Nachwort von Hanns Zischler ist zudem überaus gelungen! Mich faszinierte dieses Buch sehr, denn zunächst wirkte es wie eine Montage eines expressionistischen Malers, die von Abwechslung und Gegensätzen gekennzeichnet ist und aufgrund ihrer vielen aneinandergereihter und überlagerter Bildschnipsel ein visuelles Feuerwerk entfachen. Ich bin bestens vertraut mit der Prosaliteratur aus der Zeit der Weimarer Republik und dieses Werk gehört zu den herausforderndsten, die ich aus jener Zeit gelesen habe.

Lesen Sie weiter

Einblick in Berlin der 1920er Jahre

Von: meine.literaturliebe

03.01.2022

Sodom und Berlin von Yvan Goll (Erstveröffentlichung 1929) in der Neuübersetzung von Gerhard Meier @manesse.verlag Berlin kurz nach dem Ersten Weltkrieg: Im Fokus des Romans steht Dr. Odemar Müller inmitten von Berlin als schillerndste Metropole der 1920er Jahre. Kriegsheimkehrer und Vergnügungshungrige stehen im intensiven Leben. Umgeben von Inflation, Kriminalität und das Perverse, das plötzlich Freiheit genannt wird. Bizarr und unterhaltsam dargestellt. Ich bin begeistert von dieser Ausgabe, die auch optisch und haptisch heraussticht. Ich vergebe 5/5⭐ und spreche sehr gerne eine Leseempfehlung aus. (REZENSIONSEXEMPLAR) @manesse.verlag @bloggerportal Yvan Goll (1891-1950) floh als überzeugter Pazifist zu Beginn des Ersten Weltkrieges in die Schweiz. Später verkehrte er in Paris mit den französischen Surrealisten. Er gehörte zur ersten Garde der europäischen Moderne, bis er nach New York emigrierte. Er starb an Leukämie.

Lesen Sie weiter

Yvan Golls Roman „Sodom und Berlin” ist eine rasante Stadtrundfahrt, ein faszinierendes, groteskes und surreales Porträt eines Ortes und seiner Menschen. Berlin wird schon zu Beginn mit dem Tod, mit Finsternis, Wahnsinn und Dekadenz gleichgesetzt. Die Pflastersteine der Stadt klaffen auf und die Assoziation mit der mythologischen Unterwelt drängt sich dem Leser auf. Der Hochstapler Odemar Müller ist die Hauptfigur dieser Geschichte, den es zuerst nach Bonn in eine Studentenverbindung schlägt, der dann an der Front kämpft, in Berlin landet und als Redakteur arbeitet, kurz darauf eine mystische Gesellschaft gründet und schließlich der wohl einzige Träger eines Bazillus ist, der Europa zugrunde richten wird. Golls Roman spiegelt das Wesen der Zwischenkriegszeit wider. Sie wird als apokalyptisch, dekadent und „vermodernd” dargestellt. Ihre Menschen sind Wracks, sind „innerlich bereits völlig ausgehöhlt”. Hunger, Elend und Armut prägen das Stadtbild: „Draußen fror und hungerte Berlin. Das deutsche Elend nahm katastrophale Ausmaße an.” Es ist in dieser Zeit, in der sich Menschen nach Liebe, Freiheit, Idealen und nach Sinn sehnen. Die Figuren des Romans verkörpern diese Sehnsüchte auf anschauliche Weise. Die editorische Notiz des Verlags am Ende des Buches weist den Leser darauf hin, dass die Anspielungen im Roman so zahlreich sind, dass Kommentare insgesamt länger als der Text selbst werden würden. Und das macht sich schon früh während des Lesens bemerkbar. Der Text funktioniert auf mehreren Ebenen, ist so vielschichtig und bildreich, dass eine einmalige Lektüre sicherlich nicht ausreicht, um ihn in seiner Gänze erfassen zu können. Gleichzeitig überfordert der Roman nicht, sondern macht Spaß und lässt den Leser fast durchgängig vergessen, dass er vor etwa einem Jahrhundert entstanden ist. Zu Unrecht hat die Nachwelt Golls Werk so wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Lesen Sie weiter

„Durch Schicksal Jude, durch Zufall in Frankreich geboren, durch ein Stempelpapier als Deutscher bezeichnet.“ hat Yvan Goll (1891 - 1950) sich selbst beschrieben. Ein deutsch-französischer Schriftsteller in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit seinem surrealistischen, kritischen und skurrilen Dramen und Romane bekannt war. Sein Berlin-Roman "Sodome et Berlin“ hat er 1929 in Frankreich veröffentlicht, erst wurde das Buch 1980 auf Deutsch bei Fischer-Verlag erschienen. Dies ist Neuübersetzung von Gerhard Meier, der literarische Werke aus dem Türkischen und Französischen übersetzt, unter anderem Nobelpreisträger Orhan Pamuk. Odemar Müller heißt Golls Protagonist. Groß, dünn, blond, blauäugig. Sohn eines thüringischen Oberförsters, gewachsen in Vaters privater Klassiker-Bibliothek. Corpsstudent aus Bonn, Reaktionär, Romantiker auf der Suche nach der blauen Blume. Überzeugte deutscher Soldat, begeisterte Spielhöhlen Gast, Freigeist, Frauenheld, Betrüger... Zynisch, grotesk, stellenweise skurril aber sehr bildhaft und fein gewürzt mit bitterbösen Wahrheiten nimmt Yvan Goll seine Leser*in nach ersten Weltkriegszeiten Berlin mit und durchführt mit Odemar eine satirische Stadtrundfahrt. Mit dabei sind vielschichtige, kuriose Figuren, die mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezauberten. Ich hatte nicht ein einziges Mal Gefühl gehabt, als ob lese ich einen Klassiker, denn der Text wirkte mir sehr modern. Es ist wirklich eine ausgezeichnete Wiederentdeckung von Manesse Verlag, welche ich mit viel Vergnügen gelesen hab und für historische Romanliebhaber wärmsten empfehlen kann.

Lesen Sie weiter

Berlin, 1918 - in der deutschen Nachkriegsmetropole. Wir begleiten Dr. Odemar Müller, den Wandelbaren, durch die Wirrungen einer Stadt voll von unterschiedlichsten Menschen, die verwirrt, durcheinander und doch zusammengehörig sind. 🌸Mich hat die Handlung fasziniert, denn es wird eine absurde, manchmal groteske, aber doch realitätsnahe Zeit beschrieben. Aber auch satirisches kommt nicht zu kurz. 🌸Der Schreibstil ist sehr angenehm und bildhaft. Ich konnte schnell in die Handlung eintauchen und mich treiben lassen. . 🌸Diese Mischung macht dieses Buch so außergewöhnlich und es ist für mich kein Wunder, dass dieser Klassiker mit dieser wunderschönen Gestaltung neu aufgelegt wurde.

Lesen Sie weiter

“Vorsicht Spoiler!” Ein Roman, der sich liest wie die literarische Fortschreibung der Bilder von George Grosz oder Otto Dix. Das weckte meine Neugier. Das Buch von Yvan Goll „Sodom und Berlin“ erschien zunächst 1929 in französischer Sprache später in deutsch. Der Autor, 1891 im französischen Landesteil von Lothringen geboren, wuchs zweisprachig auf. Das nutzte Yvan Goll. So sieht er sein Werk in deutsch als neue Fassung – er empfindet, dass die französische Sprache rigoroser als die deutsche ist. Er selbst sah sich als Jemand mit „französischem Herzen, deutschem Geist, jüdischen Blut und amerikanischen Pass.“ All das spürt der Leser in dem Roman in jeder Zeile. Berlin, 1918 ff. Lebenskünstler, Tagediebe, Kriegsheimkehrer, Vergnügungssüchtige, Schieber und andere Halbweltexistenzen drängen sich in der deutschen Nachkriegsmetropole. Hierher strandet Odemar Müller zum Ende des II. Weltkriegs. Hinter sich hat der junge Mann auch die Zeit des Studiums in Bonn inklusive echter germanischer Studentenverbindungen. Der Protagonist durchzieht den Roman als „naiver Student, mittelalterlicher Mystiker, überzeugter Krieger, wilder Revolutionär, Inflationsgewinnler, Romantiker auf der Suche nach der blauen Blume, Stammgast in Spielhöllen und Betrüger“. In Kafka'scher Manier gerät Odemar Müller hinein in den Strudel des Berlins der zwanziger Jahre. Alles will gelebt sein so absurd es doch ist. Der Überlebenskünstler reißt selbst den Leser mit in die Welt voller Phantasie, Betrügereien und Scharlatane. Yvan Goll weiß um die „Schwäche der Deutschen, die nur dann glücklich sind, wenn sie als Gruppe auftreten und sich unter einer mit Goldlettern bestickten Samtstandarte versammeln können.“ Der Autor spitzt es noch zu und schreibt, dass „diesem Volk Einsamkeit und Individualismus verhasst“ sind – abgesehen von den Dichtern. Und so steigt Odemar Müller zum Doktor auf und versammelt um sich „das Mekka all der kleinen Sekten, Geheimbünde und Vereine“. Das, nicht ohne sich an ihnen gütlich zu tun und das letzte Geld aus der Tasche zu ziehen und die Feierlaune auszunutzen. Der Autor schreibt all dies mit einer spitzen Feder voller Sarkasmus und Satire gewürzt mit bitterböser Wahrheit. Und es ist so – immer wieder tauchen sie auf die Bilder von George Grosz wie die „Die Stützen der Gesellschaft“ von 1926 oder von Otto Dix das Triptychon „Großstadt“ von 1927/28. Das deutsche Elend nimmt katastrophale Ausmaße an – auch diese Seite stellt Yvan Goll voller Offenheit und teilweise mit drastischen Worten dar. Aber der der Deutsche ist auch immer wieder zu einer wundersamen Kehrtwendung fähig, lässt der Autor seine Leser wissen. So flieht Dr. Odemar Müller aus seiner von ihm geschaffenen absurden Vergnügungswelt. Zu guter Letzt katapultiert Yvan Goll seinen Protagonisten zurück in seine heile Welt die deutsche Landschaft voller „Aschinger-Bierquellen mit ihren Wurstringen, ihren Bergen von Bratheringen, ihren Seen von Mayonnaisesauce und ihren Wolken aus Schlagsahne.“ Das Nachwort von Hanns Zischler gibt einen umfassenden Überblick zu Yvan Goll und seinem literarischen Werk. Seiner Forderung, das „dieser große Autor, wiederentdeckt“ werden soll ist auf jeden Fall nachzukommen. Ein Roman, der Lesevergnügen pur verspricht. Als kleines Extra ist der Umschlag des Buch sehr anspruchsvoll gestaltet.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.